
DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner
Debatte über Qualitätssicherung und Universitätsfinanzierung
Wien – Der Rechnungshofausschuss des Nationalrats befasste sich am Dienstag mit mehreren aktuellen Prüfberichten des Rechnungshofs zum Hochschulbereich. Im Mittelpunkt stand die Zukunft des universitären Gründerservice INiTS, das laut Rechnungshof in seiner Existenz gefährdet ist. Zudem diskutierten die Abgeordneten die Qualitätssicherung bei Privathochschulen sowie die Wirkung der Universitätsfinanzierung NEU.
Existenz des Gründerservice INiTS gefährdet
Der Rechnungshof sieht den Fortbestand der universitätsnahen Gründungsplattform INiTS über das Jahr 2027 hinaus in Frage gestellt. Die Einrichtung wurde 2002 gegründet, um wissenschaftliche Forschungsergebnisse in Unternehmensgründungen zu überführen. Hauptfinanziert wird sie über das Programm „AplusB – Academia plus Business“, das von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) abgewickelt wird.
Im geprüften Zeitraum von 2017 bis 2023 verzeichnete INiTS wiederholt negative Betriebsergebnisse. Diese konnten nur durch Kapitalrücklagen und Gesellschafterzuschüsse ausgeglichen werden. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker mahnte vor den Abgeordneten, dass ohne strukturelle Reformen die Finanzierung nach Auslaufen des aktuellen AplusB-Programms 2027 nicht gesichert sei. Es gebe erhebliches Optimierungspotenzial – etwa bei den Regeln zur Geschäftsführung, dem internen Kontrollsystem und der Vertragsgestaltung. Auch eine breitere Einnahmenbasis außerhalb des AplusB-Programms sei dringend erforderlich.
Politik sieht Reformbedarf, betont aber strategische Relevanz
Im Ausschuss wurde insbesondere die strategische Rolle von INiTS thematisiert. Während FPÖ-Abgeordneter Paul Hammerl angesichts der wirtschaftlichen Lage infrage stellte, ob die Vergabe öffentlicher Mittel weiterhin gerechtfertigt sei, betonten andere Abgeordnete den strukturellen Reformbedarf. Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) hob hervor, dass keine direkte Finanzierung durch das Ministerium erfolge. Die Fördermittel würden vielmehr über die beteiligten Universitäten und das AWS zur Verfügung gestellt. Der Grundgedanke von INiTS – der Transfer von Wissenschaft in die Wirtschaft – sei weiterhin gültig und unterstützenswert.
INiTS-Geschäftsführerin Irene Fialka verteidigte die Organisation gegen Kritik: Die hohe Mitarbeiterfluktuation im Prüfzeitraum sei ein statistischer Ausreißer. Die Kernbelegschaft sei stabil und verfüge über hohes Fachwissen. Man habe bereits Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Diversifizierung der Finanzierungsquellen eingeleitet. Kraker zeigte sich jedoch skeptisch, ob diese Schritte ausreichen.
Qualitätssicherung bei Privathochschulen: Nur teilweise Umsetzung von Empfehlungen
Ein weiterer Fokus lag auf der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria), die für die Akkreditierung und Aufsicht über Privathochschulen zuständig ist. Ein Follow-up-Bericht des Rechnungshofs kam zu dem Ergebnis, dass nur eine von neun Empfehlungen vollständig umgesetzt wurde. Vier wurden teilweise, vier gar nicht umgesetzt.
Der Rechnungshof bemängelte insbesondere Defizite in der Dokumentation der Akkreditierungsverfahren. Diese müsse nachvollziehbar und transparent erfolgen, um die Überprüfbarkeit in Rechtsmittelverfahren sicherzustellen. Zudem seien die Finanzierungsstrukturen der Privathochschulen nur unzureichend bewertet worden. AQ-Austria-Geschäftsführer Jürgen Petersen verwies auf Fortschritte und strukturbedingte Unterschiede in der Bewertung der Umsetzung. Die Agentur habe seit Vorlage des Berichts interne Umstrukturierungen vorgenommen und Verfahren gestrafft. Für das internationale Ansehen sei die Unabhängigkeit der AQ Austria essenziell.
Wissenschaftsministerin Holzleitner verteidigte das Modell einer ausgelagerten Qualitätssicherungsagentur als konform mit europäischen Standards. Dies garantiere objektive Verfahren, frei von politischem Einfluss.
Universitätsfinanzierung NEU: Wirkung bleibt begrenzt
Schließlich widmete sich der Ausschuss der Universitätsfinanzierung NEU, die 2019 eingeführt wurde. Das neue Modell basiert auf drei Säulen – Lehre, Forschung und Infrastruktur – wobei Mittel teils indikatorgestützt verteilt werden. Ziel war eine leistungsorientierte Budgetverteilung. Laut Rechnungshof hat das Ministerium jedoch ausgleichende Maßnahmen gesetzt, um finanzielle Nachteile einzelner Universitäten zu vermeiden. Diese Praxis habe dazu geführt, dass sich die Budgetanteile der Universitäten bislang kaum verändert hätten.
Der Rechnungshof fordert künftig klare Prozesse, um inflationsbedingte Entwicklungen besser abzubilden. Kritisch äußerte sich FPÖ-Abgeordneter Hammerl zur Entwicklung der prüfungsaktiven Studierenden. Wissenschaftsministerin Holzleitner kündigte an, derzeit Angebote für eine externe Evaluierung der Reform einzuholen. Ergebnisse seien Anfang 2026 zu erwarten.
Fazit: Die Debatte im Rechnungshofausschuss verdeutlicht den Reformbedarf in mehreren Schlüsselbereichen des österreichischen Hochschulwesens. Die Finanzierung und strategische Ausrichtung von Gründungsinitiativen wie INiTS, die Qualitätssicherung im privaten Hochschulsektor sowie die Wirkung der Universitätsfinanzierung NEU stehen auf dem Prüfstand. Die Empfehlungen des Rechnungshofs liefern wichtige Impulse – die Umsetzung erfordert jedoch politischen Willen und strukturelle Konsequenz.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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