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DE: Wie pathogene Genvarianten Herzversagen verursachen (Di, 03 Okt 2023)
Piñata des kranken Herzens Dr. Eleonora Adami, MDC Dr. Eleonora Adami, MDC Piñata des kranken Herzens Dr. Eleonora Adami, MDC Dr. Eleonora Adami, MDC DMZ – MEDIZIN ¦ Markus Golla ¦                                         Piñata des kranken Herzens Dr. Eleonora Adami, MDC Dr. Eleonora Adami, MDC    Kardiomyopathien sind keine einheitliche Erkrankung. Vielmehr schwächen Gendefekte die Herzmuskulatur der jeweiligen Patient*innen auf ganz unterschiedliche Art und Weise, berichtet ein internationales Konsortium jetzt in „Science“.   Welche molekularen und zellulären Mechanismen bei Menschen mit Kardiomyopathien zu Herzversagen führen, bestimmt die spezifische Genvariante, die der jeweilige Patient oder die jeweilige Patientin in sich trägt. Das ergaben die ersten umfassenden Einzelzell-Analysen von Zellen aus gesunden und kranken Herzen, berichten 53 Forschende aus sechs Ländern in Nordamerika, Europa und Asien in der Fachzeitschrift „Science“.   Je nach genetischer Variante ändern sich die Zusammensetzung der Zelltypen und Profile der Genaktivierung. Mithilfe der Daten könne man gezielte Therapien entwickeln, sagen die Forscher*innen. Diese würden den jeweiligen Gendefekt berücksichtigen, der die Kardiomyopathie des Patienten oder der Patientin verursacht.   Das Team untersuchte 880.000 einzelne Herzzellen Die aktiven Gene in rund 880.000 einzelnen Zellen aus 61 erkrankten Herzen und 18 gesunden Referenzherzen zu untersuchen, war ein komplexes Unterfangen. Möglich war das nur in einem interdisziplinären Team. Die Organe haben das Brigham and Woman’s Hospital in Boston, USA, die kanadische University of Alberta und das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen, die Ruhr-Universität Bochum und das Imperial College in London, UK, zur Verfügung gestellt.   Zu den Letztautor*innen, die das Projekt geleitet haben, gehören Christine Seidman, Professorin für Medizin und Genetik an der Harvard Medical School und Kardiologin am Brigham and Woman’s Hospital; Jonathan Seidman, Professor für Genetik an der Harvard Medical School; Norbert Hübner, Professor für Herz-Kreislauf- und metabolische Erkrankungen am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und an der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie Dr. Gavin Oudit, University of Alberta; Professor Hendrik Milting, Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen und Ruhr-Universität Bochum; Dr. Matthias Heinig, Helmholtz Munich; Dr. Michela Noseda vom National Heart and Lung Institute am Imperial College London und Professorin Sarah Teichmann, Wellcome Sanger Institute in Cambridge, UK. Die drei Erstautor*innen sind Dr. Daniel Reichart (Harvard), Eric Lindberg und Dr. Henrike Maatz (beide MDC).   Ein Leiden mit zahlreichen Ursachen Die Forscher*innen haben sich auf die dilatative Kardiomyopathie (DCM) konzentriert. Das ist die häufigste Form der Herzschwäche, die zu Herztransplantationen führt. Bei dieser Krankheit erweitern sich die Wände der Herzkammern (Dilatation), insbesondere im linken Ventrikel – der Herzkammer, die für das Pumpen besonders wichtig ist. Die Muskulatur des Herzens erschlafft, das Herz kann sich weniger gut zusammenziehen und Blut pumpen. Mitunter versagt es ganz. Das Konsortium hat Gewebe von Patient*innen mit verschiedenen Formen erblicher Kardiomyopathien untersucht; die jeweiligen genetischen Veränderungen kommen bei Proteinen mit unterschiedlichen Funktionen im Herzen vor. Die Analysen deuten darauf hin, dass sie auch unterschiedliche Reaktionen auslösen.   „Wir haben krankheitsauslösende Genvarianten in Herzgewebe auf Einzelzell-Ebene untersucht. So konnten wir präzise kartieren, wie bestimmte pathogene Varianten zu Funktionsstörungen des Herzens führen“, sagt Norbert Hübner, einer der Hauptautoren der Studie. „Soweit wir wissen, ist es die erste derartige Analyse von Herzgewebe. Wir hoffen, dass dieser Ansatz auch auf andere genetisch bedingte Herzkrankheiten anwendbar ist.“   Die Wissenschaftler*innen haben die verschiedenen Mutationen in jedem Herzen genau charakterisiert und sie sowohl untereinander als auch mit gesunden Herzen und solchen, bei denen man die Ursache für die Dilatation nicht kannte, verglichen. Hierfür haben sie sich jeden Zelltyp des Herzens und auch die zahlreichen Subtypen einzeln vorgenommen und mit Methoden der Einzelzellsequenzierung analysiert. Kein Labor könnte die so entstehenden Datenberge allein bewältigen. Nur dank der engen Zusammenarbeit von Spezialisten verschiedener Disziplinen entstand aus Myriaden Mosaiksteinchen ein kohärentes Bild. Die Studie fügt sich zudem in die Arbeit des internationalen Konsortiums zum „Human Cell Atlas“ (HCA) ein, das jeden Zelltyp im menschlichen Körper erfassen und so eine Grundlage schaffen will, um die menschliche Gesundheit zu verstehen und um die Diagnose, Kontrolle und Behandlung von Krankheiten zu verbessern.   „Erst in dieser Auflösung können wir sehen, dass Kardiomyopathien nicht einheitlich immer dieselben pathologischen Signalwege in Gang setzen“, sagt Christine Seidman, eine der Hauptautorinnen. „Vielmehr lösten verschiedene Mutationen jeweils spezifische und einige gemeinsame Reaktionsmuster aus, die zu Herzversagen führen. Diese Mechanismen, die sich je nach Genotyp unterscheiden, zeigen die Ansatzpunkte für die Entwicklung zielgerichteter Therapien.“   Überaktive Bindegewebszellen „Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass die bei einer DCM auftretende Fibrose – das krankhaft gesteigerte Wachstum von Bindegewebe – nicht deshalb entsteht, weil sich die Fibroblasten des Herzens zu stark vermehren“, sagt Matthias Heinig, der die Daten analysiert hat. „Die Zahl dieser Zellen bleibt gleich. Allerdings werden die bestehenden Zellen aktiver und produzieren mehr extrazelluläre Matrix, die den Raum zwischen den Bindegewebszellen ausfüllt“, ergänzt Eric Lindberg. Es komme somit lediglich zu einer Verschiebung der Subtypen, bei der die Zahl derjenigen Fibroblasten steige, die sich auf die Produktion der extrazellulären Matrix spezialisiert haben.   „In den Herzen von Patient*innen mit einem mutierten RBM20-Gen war das Phänomen besonders stark ausgeprägt“, erklärt Henrike Maatz. Dies spiegelte sich auch in der Krankheitsgeschichte wider. Die Betroffenen mussten im Schnitt deutlich früher als Menschen mit einer anderen erblichen Form der DCM ein Spenderherz erhalten, weil ihr eigenes Organ versagt hatte. Mithilfe der Einzelzellsequenzierung sei man auf eine ganze Reihe solcher genotypspezifischer Unterschiede in den erweiterten Herzen gestoßen.   Spezifische Muster von Veränderungen In den Herzen von Menschen mit arrhythmogener Kardiomyopathie (ACM), die mit gefährlichen Herzrhythmusstörungen verbunden ist, gehen vor allem in der rechten Herzkammer fortschreitend Herzmuskelzellen verloren und werden von Fett- und Bindegewebszellen ersetzt. Auch bei dieser Erkrankung können mehrere Gene verändert sein. In den Analysen hat sich das Team auf das Gen für das Protein Plakophillin 2, kurz PKP2, beschränkt und zelluläre Signalwege, an denen das Protein beteiligt ist, in der rechten und linken Herzkammer miteinander verglichen. Dadurch kann man jetzt beispielsweise besser verstehen, warum sich bei dieser Form der Kardiomyopathie vermehrt Fettzellen bilden.   „Anhand der präzisen molekularen Signaturen, die wir für die hochspezialisierten Zellen des Herzens ermittelt haben, können wir die Kommunikationswege zwischen den Zellen vorhersagen“, sagt Michela Noseda. Je nach genetischer Ursache der Kardiomyopathien komme es zu spezifischen Abweichungen in den zellulären Kommunikationsnetzwerken. „Dies ist ein klarer Beweis dafür, dass ganz spezifische Mechanismen die Krankheit befeuern.“   Aus all diesen Daten haben die Forscherinnen und Forscher schließlich mithilfe künstlicher Intelligenz ein Modell entwickelt. Der Algorithmus kann nun anhand der spezifischen Muster molekularer Veränderungen in den verschiedenen Zelltypen mit großer Wahrscheinlichkeit vorhersagen, um welche Mutation es sich jeweils handelt. Das bestätige, dass pathogene Varianten bestimmter Gene zu Unterschieden in der Gen- und Zellaktivierung führen.   Biomarker für gezielte Therapien Das langfristige Ziel ist eine personalisierte Therapie von Herzleiden, sagen die Forscher*innen, denn eine genotypspezifische Behandlung wäre effektiver und nebenwirkungsärmer. Um ihrer Vision möglichst schnell näher zu kommen, hat das Konsortium all seine Ergebnisse der Wissenschaft online zugänglich gemacht. Seidman hofft, dass diese Ressource andere Gruppen zu klinischen Studien ermuntert, um neue Behandlungen zur Vorbeugung eines Herzversagens zu entwickeln. Noch sei das eine unheilbare Krankheit. „Wir haben Gewebe von Patientinnen und Patienten untersucht, die eine Herztransplantation brauchten; es war ihre letzte Option“, sagt Hendrik Milting. „Wir hoffen, dass künftige pharmakologische Therapien das Fortschreiten der Krankheit zumindest verlangsamen können – und dass die Daten aus unserer Studie dazu beitragen.“   Das Herzatlas-Konsortium selbst hat sich derweil seine nächste Aufgabe gestellt. „Das Herzgewebe, das wir untersucht haben, stammte ja von Menschen im Endstadium der Erkrankungen“, sagt Daniel Reichart. „Spannend wird sein, auf welche Veränderungen wir in früheren Stadien stoßen, zum Beispiel auf der Basis von Endomyokard-Biopsien.“ Vielleicht finde man dann auch Biomarker, die eine sehr genaue Diagnose ermöglichen und zugleich den Weg zur besten Therapie weisen, ergänzt Gavin Oudit.   Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den MDC-Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 60 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organübergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das MDC fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am MDC arbeiten 1600 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete MDC zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin. www.mdc-berlin.de       Originalpublikation: Daniel Reichart, Eric L. Lindberg, Henrike Maatz et al. (2022): „Pathogenic variants damage cell compositions and single cell transcription in cardiomyopathies“. Science, DOI: 10.1126/science.abo1984 Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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DE: Kalziumwellen bewegen Zellen zum Wundverschluss (Tue, 03 Oct 2023)
Der Marburger Zellforscher Sven Bogdan und seine Doktorandin Franziska Lehne nutzten hochauflösende Methoden der Fluoreszenzmikroskopie, um den Wundverschluss in der Haut der Fruchtfliege zu studieren. Foto: Marvin Rötte Der Marburger Zellforscher Sven Bogdan und seine Doktorandin Franziska Lehne nutzten hochauflösende Methoden der Fluoreszenzmikroskopie, um den Wundverschluss in der Haut der Fruchtfliege zu studieren. Foto: Marvin Rötte DMZ – MEDIZIN ¦ Markus Golla ¦                                         Der Marburger Zellforscher Sven Bogdan und seine Doktorandin Franziska Lehne nutzten hochauflösende Methoden der Fluoreszenzmikroskopie, um den Wundverschluss in der Haut der Fruchtfliege zu studieren. Foto: Marvin Rötte      Erleidet die äußere Hautschicht eine Verletzung, so sorgt Kalzium dafür, dass sich das Zellskelett in den Zellen rund um die Wunde nicht versteift. Die größere Beweglichkeit ermöglicht es dem Gewebe dann, die Wunde schnell zu verschließen. Das hat eine Forschungsgruppe um den Physiologieprofessor Dr. Sven Bogdan von der Philipps-Universität Marburg herausgefunden. Das Team berichtet im Wissenschaftsmagazin „Nature Communications“ über seine Ergebnisse.   Nahezu alle tierischen Zellen benötigen das Gerüstprotein Aktin, um ein Zellskelett zu bilden, das die Form der Zelle und deren Beweglichkeit kontrolliert. Falls nötig, lagern sich Aktin-Fäden zu Verstrebungen zusammen, um Ausstülpungen oder Zellfortsätze zu bilden. „Kalziumwellen gelten als wichtiges Signal, das auf das Aktin-Zellskelett einwirkt“, erklärt Studienleiter Sven Bogdan; „aber die zugrundeliegenden Mechanismen sind nach wie vor schlecht verstanden.“   Das Team stellte fest, dass das Protein Swip-1 dafür sorgt, Aktin-Fäden miteinander zu vernetzen. „Um ihre Beweglichkeit zu erhalten, sind die Zellen aber auch in der Lage, stark vernetzte Gerüste in schwach vernetzte, viskose Netzwerke umzuwandeln“, sagt der Physiologe.   Wie schaffen die Zellen es, umzuschalten? Um das herauszufinden, entwickelten Bogdan und sein Team einen Versuchsaufbau, in dem sie mit einem Schneidelaser einzelne Zellen aus dem Gewebe eliminieren können; was passiert anschließend in den übrig gebliebenen Nachbarzellen am Wundrand? „Die Verwundung verändert die Lage dramatisch“, berichtet Bogdans Mitarbeiterin Franziska Lehne, die Erstautorin des Fachaufsatzes: Wie ein Video der Forschungsgruppe zeigt, überschwemmt als erstes eine Kalziumwelle das Gewebe. Dann beginnen Zellen am Wundrand damit, die Wunde zu schließen. „In den ersten Minuten sammelt sich in diesen Zellen der Gerüstbaustein Aktin, um breite Ausstülpungen zu bilden, sogenannte Lamellipodien“, schildert Lehne das Geschehen.   Danach bündeln sich Aktin-Fäden eher am Wundrand und verkürzen sich, so dass Zellen in Richtung der Wunde gezogen werden und diese verschließen wie einen Reisverschluss. Die Forschungsgruppe klärte auch den Mechanismus auf, der in der Fruchtfliege wie beim Menschen die Aktin-Vernetzung steuert: Demnach verknüpft Swip-1 die Aktin-Fäden viel weniger stark, wenn Kalzium vorhanden ist, als wenn es fehlt. „Unsere Daten zeigen, dass Kalzium das Vernetzungsprotein Swip-1 davon abhält, das Aktin-Gerüst im Zellinneren zu versteifen“, fasst Bogdan zusammen; „diese schnelle Umorganisation der bestehenden Aktin-Netzwerke treibt den Wundverschluss voran.“   Professor Dr. Sven Bogdan lehrt Physiologie und Pathophysiologie am Fachbereich Medizin der Philipps-Universität. Neben seiner Arbeitsgruppe beteiligten sich die Universität Göttingen sowie die Medizinische Hochschule Hannover an der zugrundeliegenden wissenschaftlichen Arbeit. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler finanziell.       Originalveröffentlichung: Franziska Lehne & al.: Calcium bursts allow rapid reorganization of EFhD2/Swip-1 cross-linked actin networks to drive epithelial wound closure, Nature Communications 2022, DOI: 10.1038/s41467-022-30167-0 Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Eine kritische Analyse des neuen "News-Portals" (Tue, 03 Oct 2023)
DMZ –  POLITIK / PRESSE ¦ AA ¦                                      Ein neues Online-Portal namens "Nius" ist kürzlich in Erscheinung getreten und hat die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Vor allem in Verschwörungsgläubigen - Gruppen. Hinter dieser Plattform steht der Unternehmer Frank Gotthardt und seine Vius SE & Co. KGaA. "Nius" verspricht, konservativen Stimmen eine Plattform zu bieten und Themen anzusprechen, die angeblich von anderen Medien vernachlässigt werden.   Bei genauerer Betrachtung werfen sich jedoch einige kritische Fragen zu diesem Projekt auf. Es ist erwähnenswert, dass das Portal derzeit hauptsächlich ältere Verschwörungstheorien, Grünen-Bashing, Transgender- und Gender-Kritik, AfD-Promotion, Heizthema, Klima und Kleber, Impfzwang, sowie alle anderen gängigen Themen, die sich in Verschwörerkreisen halten. behandelt, was kaum als umfassende Nachrichtenberichterstattung betrachtet werden kann. Darüber hinaus werden die behaupteten Interessen der Mehrheit von "Nius" bei weitem nicht ausreichend repräsentiert.   Einseitige politische Agenda Obwohl "Nius" vorgibt, die Stimme der Mehrheit zu repräsentieren, lässt die Auswahl der beteiligten Personen vermuten, dass das Portal eine einseitige politische Agenda verfolgt. Alle prominenten Akteure wie Julian Reichelt, ehemaliger Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, Ralf Schuler, ehemaliger Parlamentsredakteur der "Bild"-Zeitung, und Jan Fleischhauer, Kolumnist beim "Focus", kommen aus dem konservativen Spektrum. Dies wirft die Frage auf, ob "Nius" tatsächlich eine breite Palette politischer Ansichten repräsentiert oder lediglich eine Plattform für spezifische politische Meinungen ist.   Einflussnahme und finanzielle Interessen Frank Gotthardt, der Initiator von "Nius", ist nicht nur ein vermögender Unternehmer, sondern auch Hauptgesellschafter eines Eishockey-Klubs und Ehrenvorsitzender des CDU-Wirtschaftsrates. Diese Verbindungen werfen die Frage auf, ob "Nius" eine unabhängige und objektive Berichterstattung gewährleisten kann oder ob finanzielle Interessen und politische Einflussnahme eine Rolle spielen.   Fragwürdige Glaubwürdigkeit der Beteiligten Besonders Julian Reichelt hat in der Vergangenheit Kontroversen und Vorwürfe bezüglich journalistischer Ethik und Verbreitung von Falschinformationen erlebt. Seine Distanzierung von seinem vorherigen Projekt "Pleiteticker" wirft Zweifel an der Glaubwürdigkeit und Integrität von "Nius" auf.   Mangelnde Transparenz und Unklarheiten Bisher sind nur begrenzte Informationen über das genaue Konzept und die Ausrichtung von "Nius" verfügbar. Diese mangelnde Transparenz wirft Fragen auf und lässt Raum für Spekulationen über die tatsächliche Objektivität und Vertrauenswürdigkeit der Inhalte. Zudem ist der genaue Startzeitpunkt der Plattform immer noch unklar, was die Seriosität des Projekts weiter in Frage stellt.   Fazit Die Plattform "Nius" präsentiert sich als Stimme der Mehrheit und verspricht, vernachlässigte Themen anzugehen. Dennoch werfen die einseitige politische Ausrichtung, mögliche Einflussnahme durch finanzielle Interessen, zweifelhafte Glaubwürdigkeit der Beteiligten und mangelnde Transparenz ernsthafte Bedenken auf. Es ist offensichtlich, dass "Nius" tatsächlich keine objektive und vertrauenswürdige Berichterstattung bieten kann und es sich lediglich um ein weiteres Fake-News-Portal handelt, das bestimmte politische Agenden verfolgt. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Wissen versus Meinung (Tue, 03 Oct 2023)
DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                  KOMMENTAR   Wenn wir in unserer Demokratie ein ehrliches Interesse haben, wissensbasierte Entscheidungen zu verhandeln, müssen wir den Diskurs über Wissen von dem über Meinungen methodisch trennen. Wenn es um Wissen geht, kann es keine zwei Meinungen geben, dann muss klar sein, dass es nur richtig oder falsch gibt.   Der Diskurs darüber wird trotzdem nie enden: Wissen wird stets von Irrtum begleitet, was heute als richtig gilt, kann sich morgen als falsch erweisen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass unser Bemühen darin liegen muss, das richtige zu finden und vom falschen zu trennen. Wenn wir uns nicht einigen können, was als richtig zu betrachten ist, hat der Diskurs kein Ergebnis, er ist fortzusetzen, bis ein Ergebnis erreicht ist. Tun wir das nicht, ist der Diskurs gescheitert. Das hat keinen Wert und es ist auch nicht demokratisch, dieses Scheitern zu akzeptieren.   Meinungen entstehen erst, wenn es um die Unvollständigkeit oder die Grenzen des Wissens geht, insbesondere wenn zu entscheiden ist, welche Handlungen oder Konsequenzen wir aus dem festgestellten Wissen ableiten. Dazu haben wir vereinbart, dass unsere Meinungen frei sind und auch frei verhandelt werden dürfen. Das ist im Unterschied zum Diskurs über Wissen zu akzeptieren und als demokratischer Wert zu sehen.   Meinungsvielfalt ist politisch, gesellschaftlich, kulturell und zwischenmenschlich enorm wertvoll, Wissensvielfalt existiert nicht, sie besagt nur, dass unser Wissen unvollständig oder irrtümlich ist. Daher ist das Recht auf eine freie Meinung essentiell, ein Recht auf eigenes Wissen ist Quatsch. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Von Introversion und Extraversion (Tue, 03 Oct 2023)
DMZ – KULTUR ¦ Patricia Jungo ¦                                              Die Begriffe „introvertiert und extravertiert“ begegnen uns immer wieder in Gesellschaft und Zusammenleben und dies oft nicht ohne „Wertung“. „Introversion und Extraversion“ wurden als Begriffe von C.G. Jung Anfang des 20. Jahrhunderts in die Persönlichkeitspsychologie eingeführt.   Danach bedeutet introvertiert nach innen gewandt, extravertiert nach aussen gewandt. Es versteht sich von selbst, dass die Modelle der Persönlichkeitspsychologie komplexer sind und mehr als diese zwei Faktoren beinhalten. Dennoch gelten sie nach wie vor als wesentliche Eigenschaften von Menschen, welche sich im Verlauf des Lebens nicht wesentlich verändern. So sollen Unterschiede im Gehirn nachgewiesen werden können. Demnach sind extravertierte Menschen stärker vom Sympathikus, introvertierte aber stärker vom Parasympathikus geprägt. Dies erklärt teilweise auch, wieso Extravertierte tendenziell mehr aktives Handeln und Anregung brauchen, Intravertierte dagegen Reflexion und Ruhe.   Extravertierten Menschen sagt man nach, sie würden mehr Risiken eingehen, sich schneller begeistern lassen, sich rascher auf Neues einstellen, ihre Kraft nach aussen richten, spontaner reagieren und lieber mündlich kommunizieren und Probleme ansprechen. Auf der anderen Seite sind sie scheinbar auch etwas leichtsinniger, langweilen sich schneller, sind impulsiver und haben mehr Mühe sich zu konzentrieren und alleine zu sein. Demgegenüber sollen Introvertierte vorsichtiger sein, länger an einer Sache bleiben, besser zuhören, mehr Ruhe brauchen, analytischer im Denken sein, besser schriftlich kommunizieren können. Ihnen wird aber auch übertriebene Vorsicht nachgesagt sowie das Vermeiden von Kontakten, das Scheuen von Konflikten. Das sind nur einige Punkte, in denen Unterschiede zwischen extra- und intravertierten Menschen bestehen. Viele haben natürlich Anteile beider Prägungen und vor allem bei Kindern können verschiedene Phasen auftreten.   Meist ist die eigene Persönlichkeit zwischen diesen zwei Polen verortet und einige Menschen sind je nach Situation zur einen oder anderen Seite gewandt. So kommt es häufig vor, dass Menschen, die privat extravertiert sind, bei der Arbeit eher introvertiert sind oder umgekehrt. Es ist also kein Geheimnis, dass Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten haben. Unsere Gesellschaft besteht etwa zur Hälfte aus extravertierten Menschen und zur Hälfte aus intravertierten, aber es besteht neben der „Kategorisierung“ klar die Tendenz zur Wertung und so wird oft Intraversion eher als Schwäche dargestellt. Ein Grossteil der Menschen lebt nach aussen, sucht Reize, Geselligkeit, Abwechslung, Aktivitäten. Viele angestrebte Werte wie Kleidung, Haus, Ferien oder Auto dienen der Wirkung nach aussen; das Motto ist oft konsumieren und geniessen. Gefordert wird immer öfter ein ständiges Miteinander, im Grossraumbüro, in der Vernetzung und der Gesellschaft allgemein. Wer gerne in Ruhe arbeitet, wird beinahe schief angesehen. Viele introvertierte Kinder sind in der Schule „zu still“ und werden deswegen unterschätzt und von den „Lauten“ übertönt.   Häufig werden einfach die Bedürfnisse von Introvertierten übergangen und sie gelten vor allem im Kindesalter als Aussenseiter und werden als schüchtern oder gar asozial gewertet. Man hört nur auf die, die laut und schnell genug schreien. Dabei bleiben möglicherweise wunderbare Ideen und Lösungsvorschläge gar nicht erst gehört. Es existieren sogar auch schon Ratgeber für Introvertierte, die ihnen zeigen sollen, wie sie sich anpassen müssen, um etwas zu erreichen. Dabei liegt gerade in der Ruhe und im Schweigen sehr viel Potenzial. Anstatt Introversion als Schwäche zu sehen und Extraversion in den Himmel zu loben, wären wie so oft gegenseitige Bereicherung und Ergänzung der wertvolle Weg für alle. Weder Extravertierte noch Introvertierte sind „besser“. Die Gesellschaft könnte die Vorteile von beiden sinnvoll nutzen und bestrebt sein, die Menschen weniger in Schubladen zu stecken. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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DE: Analyse erblicher Veränderungen bei seltenen Krebserkrankungen für frühzeitiges Erkennen von familiärem Krebsrisiko (Tue, 03 Oct 2023)
(C) Photographee.eu (C) Photographee.eu DMZ – MEDIZIN ¦ Markus Golla ¦                                         (C) Photographee.eu     Gemeinsame Pressemeldung des NCT/UCC Dresden und des NCT Heidelberg Das NCT ist eine standortübergreifende Kooperation von Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) in Heidelberg sowie von DKFZ, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinischer Fakultät der TU Dresden und Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) in Dresden.   Vererbbare genetische Veränderungen spielen für die Entstehung von Krebserkrankungen eine wichtige Rolle, bleiben jedoch bislang meist unentdeckt. Patientinnen und Patienten sowie deren Familien könnten von einer frühzeitigen molekularen Diagnostik profitieren.   Dies konnte ein internationales Forscherteam im Deutschen Krebskonsortium (DKTK) unter Leitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschulmedizin Carl Gustav Carus Dresden, des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Dresden und Heidelberg in einer groß angelegten Studie im Rahmen des DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programms zeigen.   Von den knapp 1.500 Patientinnen und Patienten waren rund 80 Prozent an seltenen Krebsarten erkrankt. Mehr als zehn Prozent aller Teilnehmenden wiesen eine erbliche Krebsveranlagung auf, die in 75 Prozent der Fälle bisher nicht bekannt war. Familienangehörige können nun bereits vor dem möglichen Auftreten der ersten Tumorerkrankung genetisch untersucht und in klinische Früherkennungsprogramme eingeschlossen werden. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin Annals of Oncology veröffentlicht. Fachleute schätzen, dass sich etwa fünf bis zehn Prozent aller Krebserkrankungen auf erbliche genetische Veränderungen – auch Keimbahnveränderungen genannt – zurückführen lassen, die in allen Körperzellen vorliegen. Untersuchungen hierzu erfolgen bisher meist bei Patientinnen und Patienten mit eher häufigen Krebserkrankungen, wie Brust- und Darmkrebs.   In der nun vorliegenden Studie konnte ein internationales Forscherteam auf breiter Datenbasis zeigen, dass erbliche krebsfördernde Veränderungen bei unterschiedlichen seltenen Krebserkrankungen eine wichtige Rolle spielen, bisher aber kaum diagnostiziert werden. In die Untersuchung waren knapp 1.500 Patientinnen und Patienten eingeschlossen, von denen rund 80 Prozent an seltenen Tumoren erkrankt waren. Bei ihnen wurde basierend auf einer modernen Hochdurchsatzsequenzierung von Blut- und Tumorgenomen gezielt nach Keimbahnveränderungen in 101 klinisch relevanten Krebsrisikogenen gesucht.   Etwas mehr als zehn Prozent aller Teilnehmenden wiesen eine autosomal-dominant vererbbare Krebsveranlagung auf. Diese geht mit einem stark erhöhten Lebenszeitrisiko, an Krebs zu erkranken, einher und wird von Generation zu Generation unabhängig vom Geschlecht mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent weitergegeben. Für 75 Prozent der Patientinnen und Patienten sowie deren Familien wurde diese genetische Tumorrisikosituation erst im Rahmen der MASTER-Studie diagnostiziert.   Evelin Schröck, Direktorin des Instituts für Klinische Genetik des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, erklärt: „Bei Verdacht auf Vorliegen eines solchen genetischen Tumorrisikosyndroms ist es besonders wichtig, die Patientinnen und Patienten und auch die Familienmitglieder genetisch zu testen, um das individuelle Krebsrisiko zu ermitteln und Krebserkrankungen durch engmaschige präventive Untersuchungen möglichst frühzeitig zu erkennen oder sogar verhindern zu können.“   Hanno Glimm, Mitglied im Geschäftsführenden Direktorium des NCT/UCC Dresden und Abteilungsleiter am DKFZ, erläutert: „Unsere Studie zeigt, dass ein überraschend hoher Anteil an Krebspatienten mit seltenen Tumorerkrankungen eine erbliche Krebsveranlagung aufweist und dass ein Großteil dieser Prädispositionen im Normalfall nicht diagnostiziert wird. Es wäre wünschenswert, dass künftig deutlich mehr Patientinnen und Patienten mit seltenen Krebserkrankungen eine umfassende molekulare Untersuchung erhalten können.“   In der MASTER-Studie wurden die genetischen Varianten im Blut und im Tumor für alle Patientinnen und Patienten von einem Expertenteam aus den Bereichen Bioinformatik, Biologie und Medizin (Humangenetik, Onkologie, Innere Medizin, Pathologie) gemeinsam bewertet und mehrmals wöchentlich im Molekularen Tumorboard besprochen. Es konnte gezeigt werden, dass die Analyse erblicher Krebsrisikofaktoren im Blut neben einer verbesserten Krebsfrüherkennung auch sehr wesentlich die Therapieentscheidung unterstützen kann. Bei knapp der Hälfte (46 Prozent) der Patientinnen und Patienten mit einer krebsfördernden Veränderung im Erbgut konnte eine zielgerichtete, auf den spezifischen genetischen Veränderungen beruhende Therapie empfohlen werden. Rund ein Viertel dieser Patientinnen und Patienten wurde gemäß der Empfehlung behandelt, wobei 40 Prozent der Betroffenen eine verbesserte Kontrolle der Erkrankung im Vergleich zur Vortherapie aufwiesen.   Stefan Fröhling, Geschäftsführender Direktor am NCT Heidelberg und Abteilungsleiter am DKFZ, sagt: „Unsere Studie verknüpft eine breite molekulare Analyse von Tumor- und Kontrollgewebe mit der konsequenten Empfehlung und Umsetzung von zielgerichteten Therapien. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit seltenen Krebserkrankungen von diesem Vorgehen profitieren können, auch in späten Stadien der Erkrankung oder nach mehreren vorangegangenen Therapien.“ Mittlerweile konnten die Forschenden die Ergebnisse der Studie durch Analysen bei insgesamt mehr als 3.500 Patientinnen und Patienten weiter erhärten.   Barbara Klink, Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Klinische Genetik und Leiterin des Nationalen Zentrums für Genetik des Laboratoire national de santé (LNS), Luxemburg, ergänzt: „In präzisionsonkologischen Untersuchungen liegt der Fokus häufig auf genetischen Veränderungen, die nur die Tumorzellen betreffen. Wir konnten zeigen, dass bei seltenen Krebserkrankungen auch die anhand von Blutproben erfolgte Analyse erblicher Keimbahnveränderungen in einer Vielzahl von Genen wichtig ist. Es werden damit Familien mit Tumorrisikosyndromen identifiziert, welche die aktuellen Einschlusskriterien für eine genetische Testung auf eine erbliche Krebsveranlagung normalerweise nicht erfüllen würden. Die Aufdeckung einer Krebsveranlagung in der Familie erhöht die Chancen auf eine frühzeitige Entdeckung und verbesserte Therapie von Krebserkrankungen bei weiteren Familienangehörigen.“   Im Rahmen der Studie wurden genetische Veränderungen im Blut, die mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergehen, bei Patienten mit bestimmten Krebserkrankungen noch sehr viel häufiger entdeckt – etwa bei seltenen Tumoren des Verdauungstrakts (Gastrointestinale Stromatumoren: 23 Prozent) und bösartigen Tumoren der glatten Muskulatur (Leiomyosarkome: 21 Prozent). Um diesen Zusammenhang weiter zu untersuchen, sind allerdings größere Fallzahlen für einzelne zum Teil sehr seltene Tumorarten nötig. Die aktuelle Studie bietet darüber hinaus Anknüpfungspunkte für zahlreiche weitere Fragestellungen. Dresdner Forschende wollen künftig etwa untersuchen, wie sie das Wissen um bestimmte seltene erbliche Krebserkrankungen am besten für eine gezielte Früherkennung und Therapie nutzen können. „Uns interessiert insbesondere, inwieweit sich dadurch die Lebenserwartung und die Lebensqualität der Patienten und ihrer Familienangehörigen steigern lässt“, sagt Arne Jahn, Erstautor der Studie und Clinician Scientist am Institut für Klinische Genetik sowie Arbeitsgruppenleiter am NCT/UCC Dresden. „Am Universitätsklinikum Dresden betreuen wir zusätzlich zur MASTER-Studie interdisziplinär jährlich mehr als 600 Personen und ihre Familienangehörigen zur Fragestellung eines genetischen Tumorrisikosyndroms. Wir sind in Kooperation mit anderen Kliniken und in deutschlandweiten Netzwerken am Aufbau von Strukturen für die verbesserte Versorgung und Krebsfrüherkennung von Patienten und Familien mit Tumorrisikosyndromen beteiligt. Perspektivisch wäre es wünschenswert, dass wir noch viel mehr Familien mit dem Verdacht auf eine erbliche Tumorerkrankung beziehungsweise ein genetisches Tumorrisikosyndrom ein ähnliches Angebot machen können“, so Schröck.   MASTER-Programm Die vorliegende Studie wurde im Rahmen des DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programms umgesetzt. In diesem Präzisionsonkologie-Programm kooperieren neben dem DKFZ und den NCT-Standorten Heidelberg und Dresden auch die acht Partnerstandorte des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK). Das Programm zeigt auf Basis umfassender molekularer Analysen des Tumor- und des Kontrollgewebes für Patienten, die an seltenen Krebsarten oder ungewöhnlich jung an Krebs erkrankt sind, gezielte individualisierte Therapiemöglichkeiten auf und identifiziert genetische Tumorrisikosyndrome. Da bei seltenen Krebserkrankungen die Patientengruppen in einzelnen Krebszentren meist zu klein für aussagekräftige Untersuchungen sind, arbeiten die Kooperationspartner des MASTER-Programms deutschlandweit mit insgesamt mehr als 100 Partnern eng zusammen. Seit dem Start des Programms 2012 wurden bis 2022 mehr als 3.500 Patienten in MASTER eingeschlossen. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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AT: Parlamentsfraktionen fordern Maßnahmen gegen Aktivitäten der Wagner-Gruppe (Tue, 03 Oct 2023)
DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                       In einer außenpolitischen Initiative setzen ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS ihre Positionen in Bezug auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fort. Sie haben einen Mehrparteienantrag vorgelegt, der darauf abzielt, die Aktivitäten der russischen Wagner-Gruppe zu verurteilen und Maßnahmen gegen ihre Aktivitäten zu ergreifen.   Die Wagner-Gruppe ist eine Söldnertruppe, die seit Februar 2022 aktiv an den Kämpfen in der Ukraine beteiligt ist und schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilisten begangen hat. Die Parlamentsfraktionen stufen diese Vergehen als Kriegsverbrechen ein. Obwohl private Militärunternehmen nach russischem Recht verboten sind, wird die Wagner-Gruppe als militärisches Instrument Russlands in verschiedenen Ländern eingesetzt, um eine Verbindung zu Russland zu verschleiern.   Die Regierung wird außerdem aufgefordert, internationale Initiativen zur strafrechtlichen Verfolgung schwerer Verbrechen durch private Militär- und Sicherheitsunternehmen zu unterstützen.   Entminungshilfe nach Dammsprengung am Kachowka-Stausee Nach der Sprengung des Kachowka-Damms im Zuge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine fordern die NEOS verstärkte Entminungshilfe durch Österreich. Die Sprengung des Damms hatte schwerwiegende Auswirkungen, einschließlich Überschwemmungen und der Gefahr von Landminen in den betroffenen Gebieten. Die Ukraine benötigt dringend zusätzliche Unterstützung und qualifizierte Fachkräfte in der humanitären Entminung. Die NEOS fordern auch eine rasche und unbürokratische Beteiligung Österreichs an internationalen Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Dammsprengung.   Reduzierung von russischen Diplomaten in Österreich Die Freiheitlichen fordern die Überprüfung der diplomatischen Beziehungen zu Russland angesichts der völkerrechtswidrigen Aktivitäten Russlands. Sie argumentieren, dass Russland nicht an ernsthaften Gesprächen interessiert ist und dass die Anzahl der russischen Diplomaten in Österreich reduziert werden sollte.   Abberufung des Leiters der Vertretung der EU-Kommission Die FPÖ fordert die sofortige Abberufung des Leiters der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, Martin Selmayr, nach umstrittenen Äußerungen in Bezug auf österreichische Gaszahlungen an Russland. Die FPÖ wirft der EU Doppelmoral vor und kritisiert die EU-Politik. Sie argumentieren, dass Österreich seine Interessen und die seiner Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund stellen sollte.   Aussetzung des EU-Beitrags Österreichs Die Freiheitlichen kritisieren die EU-Budgetpolitik und lehnen eine Aufstockung des EU-Haushalts ab. Sie argumentieren, dass die EU Milliardengeschenke an Drittstaaten wie die Ukraine verteilt, ohne effektive Kontrolle über die Mittelverwendung zu haben. Sie fordern die Aussetzung des EU-Beitrags Österreichs.     Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦  Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Grausame Delfinjagd auf den Färöer-Inseln Internationale Tier- und Meeresschutzorganisationen widerlegen Behauptungen der Waljäger (Mon, 02 Oct 2023)
(Foto: oceancare.org) (Foto: oceancare.org) DMZ – GESELLSCHAFT/TIERWELT ¦ D. Aebischer ¦    Die jüngsten Treibjagden auf den Färöer-Inseln stehen erneut im Zentrum internationaler Kritik. In einem neuen Bericht mit dem Titel "Unravelling the truth: Whale killing in the Faroe Islands" (Die Wahrheit ans Licht bringen: Walfang auf den Färöer-Inseln) widersprechen sieben führende Tier- und Meeresschutzorganisationen energisch den von Waljägern vertretenen Standpunkt, dass diese jährlichen Jagden human, nachhaltig und integraler Bestandteil der lokalen Kultur seien.   Die sogenannte Grindadráp, die Jagd auf Grindwale und Delfine, wird international stark kritisiert. Während sie in der Vergangenheit mit Ruderbooten durchgeführt wurde, setzen die Jäger heute Motorboote, Jetskis und moderne Kommunikationstechnologien ein, was den Tieren kaum eine Überlebenschance lässt. Allein bei der jüngsten Jagd am 22. September wurden 42 Grindwale getötet, wodurch die Gesamtzahl der auf den Inseln getöteten Meeressäuger auf über 900 anstieg, weit über dem üblichen Durchschnitt von etwa 685 Tieren.   Die Art und Weise, wie die Tiere getötet werden, schockiert die Welt. Die Jäger treiben die Tiere in flaches Wasser, wo sie dann mit Rundhaken in den Blaslöchern, ihren Atemwegen, festgehalten werden. Anschließend werden sie an Land gezogen und mit Messern oder Wirbelsäulenlanzen getötet. Dies führt oft zu Lähmungen, ohne jedoch den sofortigen Tod oder die Bewusstlosigkeit der Tiere zu gewährleisten.   Der Bericht zeigt auf, dass trotz der Behauptungen über die kulturelle Bedeutung dieser Jagden die Mehrheit der Färinger weder am Walfang teilnimmt noch das Fleisch der getöteten Tiere verzehrt. Umfragen haben ergeben, dass 69 Prozent der Bevölkerung die Delfinjagd ablehnen, während nur 7 Prozent sie unterstützen. Außerdem widerlegt der Bericht die Annahme, dass die Jagd nachhaltig sei und die Vermehrungsraten der Grindwale berücksichtigt.   Trotz des internationalen Schutzes für Kleinwale in der Europäischen Union setzt sich diese grausame Praxis auf den Färöer-Inseln fort. Die Tier- und Meeresschutzorganisationen hoffen, dass ihr Bericht dazu beiträgt, die Missverständnisse über diese Jagden zu klären und diese grausame Praxis endlich zu beenden.   Nun, da wir einen tieferen Einblick in den neuen Bericht über die umstrittenen Treibjagden auf den Färöer-Inseln erhalten haben, ist es an der Zeit, einige der zentralen Fragen zu diesem Thema zu erörtern. Sieben der weltweit führenden Tier- und Meeresschutzorganisationen haben die Behauptungen der Waljäger auf den Färöer-Inseln in Frage gestellt und klare Beweise vorgelegt, die die Grausamkeit und die Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit dieser Praktiken aufzeigen. Um mehr über diese Angelegenheit zu erfahren, haben wir uns dazu entschlossen, die Organisationen selbst zu Wort kommen zu lassen.   Wir haben eine Reihe von Fragen vorbereitet, um zusätzliche Einblicke und Informationen über die Beweggründe und die Rechtfertigungen hinter den Treibjagden zu erhalten, sowie über die Auswirkungen auf die Tierwelt und die öffentliche Meinung.   DMZ: Welche Beweise oder Erkenntnisse haben Sie gesammelt, um die Behauptungen der Waljäger auf den Färöer-Inseln zu widerlegen, dass die Treibjagden human, nachhaltig und kulturell bedeutsam sind?   Humanes Töten Wir baten Dr. Andrew Butterworth um eine Analyse der Tierschutzaspekte der Jagden, die er anhand von frei im Internet verfügbarem Filmmaterial durchführte. Dr. Andy Butterworth ist ein vielpublizierter unabhängiger Tierarzt und Tierschutzkonsulent und führt Forschung, Beratung und Analysen in den Bereichen Tierkrankheiten, Tierhaltung, Tierschutz und -gesetzgebung sowie Verhaltensbiologie sowohl in der Landwirtschaft als auch bei Wildtieren durch. Dr. Butterworth hat Tierschutzprojekte in vielen Teilen der Welt durchgeführt und ist Direktor von AWT, Animal Welfare Training. Zuvor war er Mitglied von ACOS (Advisory Committee on Organic Standards), EFSA AHAW (European Food Safety Authority, Animal Health and Welfare Panel) und UK Gov AWC (Animal Welfare Committee). Zu seinen Veröffentlichungen gehört das 2017 erschienene Buch «Marine Mammal Welfare – Human Induced Change in the Marine Environment and its Impacts on Marine Mammal Welfare». Dr. Butterworth hat auch Beurteilungen der Wal- und Delfinjagd in Japan veröffentlicht.   Dr. Butterworth zieht folgende Schlüsse aus seiner Untersuchung der Jagd – des so genannten «Grind» – auf den Färöern: Die Tötungsmethode ist veraltet. In der Schlachtung landwirtschaftlich genutzter Tiere wurde die Methode der Durchtrennung des Rückgrats schon vor langer Zeit verboten. Die Jäger überprüften nicht, ob die Wale und Delfine nach der Rückgratdurchtrennung noch bei Bewusstsein waren, wie es ihre Anweisung vorschreibt. Aus Tierschutzsicht ist es höchst problematisch, dass der Haken ins Blasloch eingeführt und das Tier damit gezogen wird. Offenbar wird bei allen vier Arten, die im Grind gejagt werden, dieselbe Tötungsmethode angewendet, obwohl es unwahrscheinlich ist, dass bei so unterschiedlich großen Tieren dieselbe anatomische Anweisung in Bezug auf die Positionierung der Lanze angemessen ist. Es scheint, dass die im Grind angewendeten und akzeptierten Tötungsmethoden auf einem weit tieferen Tierwohlstandard liegen als die auf den Färöern und in Dänemark vorgeschriebenen Schlachtungsmethoden bei landwirtschaftlich genutzten Tieren. -> Zum Bericht -> Siehe auch Bericht "Unravelling the Truth: Whale killing in the Faroe Islands”, Seiten 1-3.   Tradition Die Färinger betrachten den Grindadráp als Teil ihres kulturellen Erbes, doch aus Sicht der Veterinärwissenschaften und der Biologie ist die Methode des Tötens von Grindwalen eine Art rituelles Schlachten, das an Tieren mit vollem Bewusstsein durchgeführt wird, die sich ihrer Umstände bewusst sind. Grindwale sind soziale, intelligente und kommunikative Tiere, die komplexe soziale Verhaltensweisen zeigen. Daher sollte diese traditionelle Walfangmethode als ein Verfahren betrachtet werden, bei dem die Tiere einem hohen Maß an Stress ausgesetzt sind. Im Kontext der heutigen zivilisatorischen Entwicklung und des materiellen Wohlstands erscheint die Praxis des Walfangs als ein unangemessenes und grausames Relikt der Vergangenheit.   Hier möchten wir zudem auf einen wissenschaftlichen Artikel im Frontiers verweisen. Darin gibt es Überlegungen für die Festlegung einer Grenze zwischen akzeptablen und inakzeptablen Traditionen, zum Beispiel eine Grenze, die darauf beruht, ob die fraglichen Praktiken eine physische Schädigung eines menschlichen oder eines tierischen Körpers gegen dessen Willen beinhalten. Nach dieser Definition kann der Grindadráp als eine inakzeptable kulturelle Praxis angesehen werden, da es die physische Integrität des Körpers eines Tieres offensichtlich verletzt, was auch eine Verletzung des Lebenswillens eines Tieres bedeutet.   -> Siehe auch Bericht "Unravelling the Truth: Whale killing in the Faroe Islands”, Umfrageresultate dazu, Seite 7.   Nachhaltigkeit Die Behauptung, die Grindadráps seien nachhaltig, ist eine grobe Vereinfachung eines komplexen Sachverhalts und basieren größtenteils auf dem Vergleich von Entnahmemengen mit Populationsschätzungen für die Art insgesamt, anstatt die lokale Populationsdynamik zu berücksichtigen. Solche Populationsschätzungen beruhen in der Regel auf Erhebungen in großen Meeresgebieten. Sie berücksichtigen nicht, dass diese Gebiete mehr als eine geografisch und/oder genetisch getrennte Populationseinheit umfassen können. Die Walpopulationen werden damit wie pelagische Fischbestände behandelt, mit einer einzigen undifferenzierten Population im gesamten Nordostatlantik, aus der eine bestimmte Anzahl ohne nennenswerte Auswirkungen entfernt werden kann. In Anbetracht unseres Wissens über die Kultur und die Gesellschaft der Wale, ist dies weder richtig noch angemessen und ignoriert andere Faktoren, die sich im 21. Jahrhundert negativ auf diese Populationen auswirken. Die kumulativen Auswirkungen von Umweltverschmutzung, Klimawandel, Schiffsunfälle und Beifang in der Fischerei sind erheblich. Siehe auch Bericht "Unravelling the Truth: Whale killing in the Faroe Islands”, Seiten 3-4.   DMZ: Können Sie näher erläutern, wie die Tiere bei diesen Treibjagden getötet werden und warum dies als äußerst grausam angesehen wird?   Wann immer eine Grindwal- oder Delfinschule in den Gewässern der Färöer Inseln auftaucht wird die Bevölkerung mittels Radio dazu aufgerufen, bei der Grindadráp mitzumachen. Die Jäger fahren mit Motorbooten hinaus und treiben die Tiere in eine der für den Grindadráp bestimmten Buchten. Dort werden die Tiere mit einem Rundhaken, der in die Blaslöcher getrieben wird, gesichert und an Land gezogen. Jedem einzelnen Wal wird dann ein Messer oder eine scharfe Wirbelsäulenlanze in den Hals gestoßen. Nach der Durchtrennung des Rückenmarks sind die motorischen Funktionen des Tieres beeinträchtigt, so dass es weder fliehen noch sich verteidigen kann, aber das Tier hat immer noch ein Bewusstsein für das, was geschieht, und für die weiteren Handlungen und es kann auch sein, dass es immer noch Schmerzen empfindet.   Man kann sich das Leiden (Schmerzen und Atemnot) der Grindwale gut vorstellen, wenn man bedenkt, dass die bis zu drei Tonnen schweren Tiere am Nasenloch an Land gezogen werden.   Bei der angewandten Technik handelt es sich um eine Bindungstechnik, bei der das Tier bei Bewusstsein bleibt und ohne Betäubung durch Ausbluten stirbt. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen verursacht eine solche Tötungsmethode bei den Tieren erheblichen Stress und Schmerzen.   Hinzu kommt, dass es sich bei den Grindwalen um äußerst soziale Wesen handelt – fühlende Wesen die verstehen in welcher Lage sie und ihre Familien Mitglieder sind, die ihr eigenes und das Sterben ihrer Familienmitglieder bewusst miterleben bis zum letzten Atemzug. Diese Methode der Tötung von Tieren ist nach unserem Wissen über Tiere als fühlende Wesen ethisch und moralisch inakzeptabel.   Leider ist das allgemeine Wissen über den eigentlichen Akt des Tötens nur oberflächlich. Außenstehende Beobachter mögen denken, dass die Lähmung eines Tieres nach einer Rückenmarksdurchtrennung gleichbedeutend mit dem sofortigen Tod des Tieres ist. Das ist aber nicht der Fall. Das Sterben kann sogar länger als 4 Minuten dauern. Was also sehr umstritten zu sein scheint, ist die Tatsache, dass die Jagd unmenschlich lange dauert und großen Stress verursacht- es dauert mehrere Stunden, bis die Tiere geeigneten Platz für ihre Schlachtung gejagt werden.   S. auch Widerlegungen zu «humanes» Töten oben sowie Passagen aus unserem gemeinsamen Bericht  "Unravelling the Truth: Whale killing in the Faroe Islands”.   DMZ: Welche Rolle spielen moderne Technologien wie Motorboote, Jetskis und Kommunikationstechnologien bei der Verschärfung der Jagdpraktiken auf den Färöer-Inseln?   Es ist eine Tatsache, dass die Tradition selbst einem Wandel und einer Veränderung unterworfen ist (z. B. wurde noch 1927 das Treiben der Tiere in die Buchten mit Ruderbooten durchgeführt, während heute Motorboote verwendet werden). Früher mussten die Grindadráp-Teilnehmer ihre Alltagskleidung benutzen, um sich gegen die niedrigen Wassertemperaturen zu isolieren. Heute werden zur besseren Isolierung Neoprenanzüge verwendet. Im Jahr 2014 wurden Vorschriften für die zulässige Methode des Grindwalschlachtens eingeführt, die andere Methoden ausdrücklich und rechtlich ausschließen. Das Handbuch der Nordatlantischen Kommission für Meeressäugetiere zum Grindwalfang weist darauf hin, dass es möglich ist, Änderungen einzuführen, und dass es an den Menschen liegt, sich darüber zu einigen, wie weit sie gehen sollen. Das Fehlen einer wirtschaftlichen Rechtfertigung für die Notwendigkeit des Grindwal Schlachtens stellt diese Praxis in den Bereich traditioneller symbolischer Aktivitäten, die mittels Gesellschaftsvertrag neu definiert werden könnten. Einem solchen Änderungsprozess würde in Bezug auf den Grindadráp nichts im Wege stehen.   DMZ: Gibt es Beweise dafür, dass die Mehrheit der Färinger tatsächlich gegen die Treibjagden ist und das Fleisch der getöteten Tiere nicht konsumiert?   Gemäß der Gallup-Umfrage vom April 2022 sind 60 Prozent der Färinger bereit, den Verzicht auf die Jagd auf Wal- oder Delfingruppen zu erwägen, zu denen auch Mütter mit ihren Jungen gehören. Nur 7 Prozent der Befragten waren gegen diese Idee.   Laut der KVF-Umfrage beteiligen sich 61 Prozent der Färinger nie oder selten am Walfang, während die Gallup-Umfrage ergab, dass 71 Prozent der Färinger nie oder selten an der Jagd teilnehmen oder dies seit mehr als 10 Jahren nicht mehr getan haben.   Wo früher die ganzen Tiere verwertet wurden, wird heute nur noch das Muskelfleisch und Fett verwertet. Es entsteht sehr viel «Waste» («Abfall»), welcher oft im Meer entsorgt wird. Auch ist es für eine so kleine Inselbevölkerung von 52'889 Personen (2021) gar nicht möglich, das gesamte Fleisch von über 900 mehrere Tonnen schweren Tieren zu verzehren, zumal Dr. Pàl Weihe, oberster Mediziner aufgrund der Schadstoff- und Schwermetallbelastung des Grindwal Fleisches bereits 2008 empfohlen hat, den Konsum von Grindwal Fleisch auf eine Mahlzeit pro Monat zu beschränken. Stillenden Frauen und Mädchen, die einmal Kinder haben wollen, ist empfohlen ganz auf den Konsum von Grindwal Fleisch zu verzichten.   Rein rechnerisch liegt auf der Hand, dass sehr viel von dem erbeuteten Fleisch gar nicht konsumiert werden kann. Außerdem müssen sich die Färinger die Frage gefallen lassen, weshalb sie Tiere töten, von deren Konsum ihr eigenes Gesundheitswesen dringend abrät.   DMZ: Wie schätzen Sie die Auswirkungen der Treibjagden auf die Populationen von Grindwalen und Delfinen ein, insbesondere angesichts der niedrigen Vermehrungsrate dieser Tiere?   Grindwale pflanzen sich nur sehr langsam fort. Bei der Jagd werden teilweise hunderte Wale auf einmal getötet, meistens ganze Gruppen sowie trächtige Weibchen & Jungtiere. Von den ebenfalls bejagten Weißseitendelfinen ist die Populationsgröße nicht genau bekannt. Dabei handelt es sich um Populationsschätzungen für die Art insgesamt, anstatt die lokale Populationsdynamik. Solche Populationsschätzungen beruhen in der Regel auf Erhebungen in großen Meeresgebieten. Sie berücksichtigen nicht, dass diese Gebiete mehr als eine geografisch und/oder genetisch getrennte Populationseinheit umfassen können. Es lässt sich daher nicht sagen, welche Fangzahlen die Populationen nicht gefährden würden.   DMZ: Haben Sie Erkenntnisse darüber, wie sich die internationale Gemeinschaft zu diesen Treibjagden positioniert und welche Maßnahmen sie ergriffen hat, um sie zu stoppen?   Wo die EU-Staaten früher keine Wortmeldungen gegen die Treibjagden auf den Färöer-Inseln machten, wurden im Dezember 2021 die EU-Staaten (außer Dänemark), die Mitglieder in der IWC sind, aktiv. Ihr offizieller Brief an alle Mitglieder der Internationalen Walfangkommission lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und hält fest: „Wir verurteilen die grausame und nicht notwendige Tötung von mehr als 1400 Weißseitendelphinen ... Wir rufen die Regierung der Färöer auf, die antiquierte Praxis der Jagd auf Wale und Delphine unverzüglich einzustellen ... Wir treten dafür ein, dass die Neubeurteilung der Jagd auch auf die Grindwale ausgedehnt wird ... Wir begrüßen die Ankündigung der Regierung der Färöer, die Rechtsgrundlagen für die Jagd auf Weißseitendelphine zu überprüfen, und sind zuversichtlich, dass diese bald strenger reguliert oder vollständig verboten wird.“    Auch wurden in der Internationalen Walfangkommission zahlreiche Resolutionen bezüglich Grindwalfang, sowie Gesundheitsrisiko des Walfleischkonsums verabschiedet. Jedes Land, welches mit „Good Faith“ bei so einem Abkommen Mitglied ist, würde sich an diese Resolutionen halten.     Resolutionen zum Gesundheitsrisiko Walfleischkonsum: 1997: 49/33 Resolution on Environmental Change and Cetaceans 1998: IWC 50/28 Resolution on Environmental Changes and Cetaceans 1998: IWC 50/39 Resolution on IWC Concern about Human Health Effects from the Consumption of Cetaceans 1999: IWC 51/45 Rev 2 Resolution on Health Effects from the Consumption of Cetaceans  (enthält auch Forderung nach Zusammenarbeit von IWC mit WHO) 2000: IWC 52/28 Resolution on Environmental Change and Cetaceans 2012: IWC Resolution 2012-1 Resolution on the importance of continued scientific research with regard to the impact of the degradation of the marine environment on the health of cetaceans and related human health effects. Resolution Schutz von Kleinwalen zu denen auch die Grindwale und Delphine gehören: 1997: IWC 49/40 Resolution on Small Cetaceans 2001: IWC 53/47 Resolution on Small Cetaceans DMZ: Welche Schritte planen die Tier- und Meeresschutzorganisationen als Reaktion auf diesen Bericht, um die Aufklärung und den Schutz dieser Tiere zu fördern?   Dieser evidenzbasierte Bericht ist ein wichtiges Instrument: er richtet sich an die Inselbevölkerung, die Entscheidungsträger auf den Färöern und in ganz Europa, an Unternehmen und Medien über die Hintergründe und räumt mit Fehlinformationen auf.   Während OceanCare die klare Verurteilung der Jagden seitens EU im Dezember 2021 schätzt, ist es störend zu sehen, dass Dänemark weiterhin tatenlos bleibt. Wir erwarten, dass die EU bilateral Druck auf ihr nordisches Mitgliedland ausübt, damit dieses Verantwortung übernimmt. Es gibt unterschiedliche Wege, die Färöer-Inseln in die Pflicht zu nehmen. Es könnten zum Beispiel Handelsbeziehungen an klare Artenschutzauflagen geknüpft werden. Auch Fischhändler spielen eine wichtige Rolle, die Fische von den Färöer-Inseln beziehen und hier ebenfalls in der Verantwortung stehen. Außerdem machen wir uns in internationalen Gremien für ein Verbot der Jagd auf Kleinwale stark.   Kurzum: Wir werden weiterhin alle Hebel in Bewegung setzen und uns auf allen Ebenen und mit allen rechtlichen Mitteln für ein Ende des Grindadráps einsetzen.   DMZ: Gibt es Beispiele aus anderen Regionen der Welt, in denen ähnliche Treibjagden aufgehört haben, und wie können solche Erfahrungen auf die Färöer-Inseln angewandt werden?   Es ist leider so, dass es bei diesem großen Tier- und Artenschutzproblem keinen Quick Fix gibt und es ein langfristiges Engagement braucht. Es ist aber bereits einmal gelungen, eine ähnliche – ebenfalls als Tradition bezeichnete - Treibjagd zu beenden. Und zwar in Futo, Japan. Dort fand 2005 die letzte Delfinjagd statt. Dieser Ort ist jetzt eine beliebte Taucherdestination.   Auf den Färöer-Inseln würde es genug Alternativen geben. Die Natur ist wunderschön. Es gibt sogar bereits ein kleines Whale-Watching Unternehmen. Leider sieht der Inhaber aber keinen Konflikt, sich auch beim Grindadráp zu engagieren.   Zudem sind die Färöer eine der reichsten Nationen Europas und alles andere als angewiesen auf diese Proteinquelle.   DMZ: Welche Rolle spielen rechtliche Bestimmungen und internationale Übereinkommen bei der Regulierung oder Bekämpfung dieser Treibjagden?   Internationale Abkommen sind von großer Bedeutung im Umwelt- und Artenschutz. Nur ein multilateraler Ansatz kann die großen Probleme, denn die Umwelt – insbesondere auch die Ozeane – heutzutage ausgesetzt sind lösen.   DMZ: Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie in Bezug auf den Schutz von Grindwalen, Delfinen und anderen Meeressäugern auf den Färöer-Inseln?   S. oben. Wir setzen uns weiterhin für einen langfristigen und grenzüberschreitenden Schutz von Meeressäugern und anderen Meerestieren, sowie die Erhaltung und Wiederherstellung ihres natürlichen Lebensraums. Dieses Ziel werden wir in allen relevanten regionalen und internationalen Gremien verfolgen. Die sogenannte Grindadráp, die Jagd auf Grindwale und Delfine, wird international stark kritisiert. Die sogenannte Grindadráp, die Jagd auf Grindwale und Delfine, wird international stark kritisiert. Über AWI, EIA, HSI, OceanCare, OPSociety, ORCA, Pro Wildlife OceanCare setzt sich seit 1989 weltweit für die Meerestiere und Ozeane ein. Mit Forschungs- und Schutzprojekten, Umweltbildungskampagnen sowie intensivem Einsatz in internationalen Gremien unternimmt die Organisation konkrete Schritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Weltmeeren. Seit Juli 2011 ist OceanCare vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen als Sonderberaterin für den Meeresschutz anerkannt. www.oceancare.org   Pro Wildlife ist eine gemeinnützige Organisation, die sich für den Schutz von Wildtieren und ihren Lebensräumen weltweit einsetzt. Unser Ziel ist es, die Artenvielfalt zu erhalten und Tiere zu retten. Dabei geht es uns um das Überleben der Arten in ihren Lebensräumen, aber auch um den Schutz der einzelnen Tiere. Wir setzen uns für bessere Gesetze und effektive Schutzmaßnahmen für Wildtiere ein. In verschiedenen Ländern unterstützen wir Hilfsprojekte für Tiere in Not, helfen Lebensräume zu erhalten und setzen uns für das Zusammenleben von Mensch und Wildtier ein. www.prowildlife.de    Das Animal Welfare Institute (awionline.org) ist eine 1951 gegründete gemeinnützige Organisation, die sich für die Verringerung des vom Menschen verursachten Tierleidens einsetzt. AWI arbeitet mit politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern, der Industrie und der Öffentlichkeit zusammen, um eine bessere Behandlung von Tieren überall zu erreichen - im Labor, auf dem Bauernhof, im Handel, zu Hause und in der freien Natur. Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram für Updates und andere wichtige Tierschutznachrichten.   Die EIA ermittelt und kämpft gegen Umweltverbrechen und -missbrauch. Ihre verdeckten Ermittlungen decken grenzüberschreitende Wildtierverbrechen auf, wobei der Schwerpunkt auf Elefanten, Schuppentieren und Tigern sowie auf Waldverbrechen wie illegalem Holzeinschlag und Abholzung für Nutzpflanzen wie Palmöl liegt. Sie setzt sich für den Schutz der weltweiten Meeresökosysteme ein, indem sie die Bedrohung durch Plastikverschmutzung, Beifang und kommerzielle Ausbeutung von Walen, Delfinen und Schweinswalen bekämpft. Schließlich setzt sie sich für die Abwendung der Klimakatastrophe ein, indem sie regionale und internationale Abkommen stärkt und durchsetzt, die kurzlebige Superschadstoffe wie ozonabbauende Stoffe, Fluorkohlenwasserstoffe und Methan bekämpfen, und indem sie sich für unternehmerische und politische Maßnahmen einsetzt, die den Übergang zu einem nachhaltigen Kühlsektor und weg von fossilen Brennstoffen fördern. Sie nutzt ihre Erkenntnisse in aussagekräftigen Berichten, um sich für neue Gesetze, eine bessere Verwaltung und eine wirksamere Durchsetzung einzusetzen. Ihre Erfahrungen vor Ort werden genutzt, um den Vollzugsbehörden Orientierungshilfen zu geben, und sie geht Partnerschaften mit lokalen Gruppen und Aktivisten ein und unterstützt deren Arbeit durch praktische Schulungen.   Humane Society International setzt sich in mehr als 50 Ländern für das Wohlergehen von Tieren ein und arbeitet rund um den Globus für die Förderung der Bindung zwischen Mensch und Tier, die Rettung und den Schutz von Hunden und Katzen, die Verbesserung des Wohlergehens von Nutztieren, den Schutz von Wildtieren, die Förderung von tierversuchsfreien Versuchen und Forschungen, die Reaktion auf Naturkatastrophen und die Bekämpfung von Tierquälerei in all ihren Formen. Erfahren Sie mehr über unsere Arbeit unter hsi.org. Folgen Sie HSI auf Twitter, Facebook und Instagram.   Die Oceanic Preservation Society (opsociety.org) nutzt visuelles Storytelling, um Verbrechen gegen die Natur aufzudecken und Lösungen anzuregen. Das Team arbeitet mit Aktivisten auf der ganzen Welt zusammen, um auf einige der wichtigsten Probleme unseres Planeten aufmerksam zu machen. ORCA (orca.org.uk) wurde 2001 gegründet und ist eine Wohltätigkeitsorganisation, die sich ausschließlich der langfristigen Erforschung und dem Schutz von Walen, Delfinen und Schweinswalen und ihren Lebensräumen in den Weltmeeren widmet. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Der Nobelpreis für Medizin geht an Katalin Kariko und Drew Weissman. für ihre grundlegenden Arbeiten zu mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19 (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                       Die Nobelversammlung am Karolinska-Institut hat heute beschlossen, den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2023 gemeinsam an Katalin Karikó und Drew Weissman zu verleihen. Diese Auszeichnung wurde für ihre Entdeckungen im Zusammenhang mit Nukleosid-Basenmodifikationen verliehen, die die Entwicklung wirksamer mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 ermöglichten.   Die Entdeckungen der beiden Nobelpreisträger waren entscheidend für die Entwicklung wirksamer mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 während der Pandemie, die Anfang 2020 begann. Durch ihre bahnbrechenden Erkenntnisse, die unser Verständnis dafür grundlegend verändert haben, wie mRNA mit unserem Immunsystem interagiert, haben die Laureaten zu der beispiellosen Rate der Impfstoffentwicklung während einer der größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit in der modernen Zeit beigetragen. Vor der Pandemie basierten Impfstoffe auf abgetöteten oder abgeschwächten Viren und erforderten aufwändige Zellkulturen. Dies begrenzte die Möglichkeiten für eine schnelle Impfstoffproduktion als Reaktion auf Ausbrüche und Pandemien erheblich.   Die Idee der mRNA-Impfstoffe wurde bereits in den 1980er Jahren entwickelt, stieß jedoch auf Hindernisse hinsichtlich der Stabilität und Lieferung von mRNA. Katalin Karikó und Drew Weissman erkannten, dass in vitro transkribierte mRNA als fremdes Material erkannt wurde und zu entzündlichen Reaktionen führte. Sie entdeckten, dass chemische Modifikationen der Basen in der mRNA diese unerwünschten Reaktionen verhindern können.   Ihre wegweisenden Ergebnisse wurden bereits 2005 veröffentlicht, lange bevor die COVID-19-Pandemie begann. In weiteren Studien zeigten Karikó und Weissman, dass base-modifizierte mRNA die Proteinproduktion erhöhen kann, was ein weiterer Durchbruch für die Anwendung von mRNA als Therapie darstellte.   Das Interesse an mRNA-Technologie wuchs, und nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie wurden zwei mRNA-Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus entwickelt und im Rekordtempo zugelassen. Diese Impfstoffe haben Millionen von Menschenleben gerettet und schwerwiegende Krankheitsverläufe verhindert.   Die Flexibilität und Geschwindigkeit, mit der mRNA-Impfstoffe entwickelt werden können, eröffnen auch Möglichkeiten für Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten sowie die Behandlung von Krebsarten und die Bereitstellung therapeutischer Proteine in der Zukunft.   Die Arbeiten von Katalin Karikó und Drew Weissman haben einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung von mRNA-Impfstoffen während einer der größten Gesundheitskrisen unserer Zeit geleistet. Ihre Entdeckungen haben gezeigt, wie wichtig Basenmodifikationen in mRNA für die Immunantwort sind und wie sie die Grundlage für die mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 gelegt haben. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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CH: Wer Krankheit sät, wird Krankheit ernten (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ – GESUNDHEIT / WISSEN ¦ Dr. Maja Strasser ¦     Es liegen kaum noch COVID-19-Patienten in den Krankenhäusern, und die Zahl der positiven Tests ist niedrig (weil kaum noch getestet wird). Heißt das nun, dass die Pandemie vorbei ist?   Nein – diese Parameter sind im chronischen Stadium der Pandemie längst nicht mehr von Bedeutung. Die Bevölkerung ist deutlich kränker als zu Beginn der Pandemie (CSS Gesundheitsstudie), die krankheitsbedingten Ausfälle erreichen seit Aufhebung der Maßnahmen einen historischen Rekord (Bundesamt für Statistik) und die Krankenkassenprämien explodieren.  SARS-CoV-2 macht nicht nur akut krank, sondern verursacht außer Long Covid auch eine anhaltende Schädigung des Immunsystems und erhöht das Risiko zahlloser Folgekrankheiten (von Herzinfarkten und Herzversagen über Lungenembolie, Nierenversagen und Diabetes mellitus bis hin zu Hirnblutungen und Demenz).   Das kleine Einmaleins der Epidemiologie besagt, eine Pandemie so rasch wie möglich zu beenden, was nicht nur für die öffentliche Gesundheit, sondern auch für Wirtschaft und Lebensqualität von Vorteil ist. Analog leuchtet ein, dass es in jeder Hinsicht besser ist, einen Tumor so früh wie möglich wirksam zu behandeln, anstatt im ganzen Körper ausbreiten zu lassen, bis man wegen Metastasen grauenvolle Schmerzen hat und völlig geschwächt ist.    Auch SARS, sozusagen der ältere Bruder von SARS-CoV-2, ist nicht spontan verschwunden, sondern wurde nach einer heißen Phase von acht Monaten eingedämmt und anschließend innert zweier Jahre eliminiert.   Nun müssen wir halt „mit dem Virus leben“. Was nicht heißt, dass die ganze Bevölkerung wieder und wieder infiziert wird (Herdenimmunität ist nämlich eine Illusion, jedenfalls solange es keine nasalen Impfstoffe mit Schleimhautimmunität gibt!), sondern dass mit Luftreinigern und Lüften in öffentlichen Innenräumen für gesunde Raumluft gesorgt wird, dass bei hohen Zahlen wieder Maskenpflicht besteht (in Gesundheitseinrichtungen immer, zum Schutz von Risikopersonen), vermehrt geimpft und bei Symptomen oder vor Anlässen getestet wird.   Nur so können wir vermeiden, dass die Bevölkerung noch kränker und der wirtschaftliche Schaden immer schlimmer wird.   Aber die Verantwortlichen wollen eine Kehrtwende unbedingt vermeiden, denn das  bedeutet das Eingeständnis, dass die Hochinzidenzstrategie falsch war.   Das Versagen der Schweizer Regierung in der Pandemie lässt sich mit folgendem Zitat veranschaulichen:  „Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und dann populär zu machen.“ (Walter Scheel)   Im Frühling 2020 hat die Schweizer Regierung zwar das Richtige getan, aber es der Bevölkerung nicht nachvollziehbar erklärt (vielleicht selber nicht begriffen…). Und danach wurde die Pandemiepolitik durchgeführt, welche von Lobbyisten und Populisten diktiert wurde. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Montagsbild - jeden Montag neu von und mit Benjamin Bula (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ - MONTAGSBILD ¦ Benjamin Bula ¦             In einem kleinen Wassertropf, steht die ganze Erde Kopf. So dann viele Wassertropfen, sanft an meine Seele klopfen.     Jeden Montag erfreut uns der Rock-Poet Benjamin Bula mit einem neuen Montagsbild. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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COVID-19 und Autoimmun-Hepatitis: Wie das Virus die Leber angreift (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ –  WISSENSCHAFT ¦ Sarah Koller ¦                        Seit dem Auftreten der COVID-19-Pandemie haben Wissenschaftler weltweit intensiv nach den Auswirkungen des Virus auf den menschlichen Körper geforscht. Neben den bekannten Atemwegssymptomen hat sich gezeigt, dass das SARS-CoV-2-Virus auch andere Organe, einschließlich der Leber, beeinflussen kann. Ein bemerkenswerter wissenschaftlicher Artikel in "Health & Life Sciences" wirft ein Licht auf ein faszinierendes und beunruhigendes Phänomen: die Möglichkeit, dass COVID-19 eine Autoimmun-Hepatitis auslösen kann.   Die Rätselhafte Welt der Kinderhepatitis Schon zu Beginn der Pandemie gab es Meldungen über unerklärliche Fälle von Leberentzündung bei Kindern. Die Ursachen dieser Fälle waren lange Zeit unklar und führten zu hitzigen Diskussionen unter Ärzten und Forschern. Ein Verdächtiger war das Adenovirus, aber die Beweise waren nicht eindeutig. Überraschenderweise zeigten einige Tests auch das Vorhandensein des SARS-CoV-2-Virus bei einigen dieser Kinder. Dies warf die Frage auf, wie dieses Virus, das hauptsächlich die Atemwege betrifft, die Leber beeinflussen könnte.   Die Rolle von T-Zellen Um diese Frage zu beantworten, untersuchten die Autoren des Artikels die Leber von Kindern mit COVID-19. Bei diesen Untersuchungen stießen sie auf etwas Außergewöhnliches: eine erhöhte Anzahl von T-Zellen in der Leber. T-Zellen sind normalerweise die "Wächter" des Immunsystems, die Krankheitserreger angreifen, aber hier schienen sie das eigene Gewebe, nämlich die Leberzellen, anzugreifen.   Die Forscher vermuteten, dass T-Zellen, die normalerweise darauf programmiert sind, auf das SARS-CoV-2-Virus zu reagieren, fälschlicherweise auch gesundes Lebergewebe angreifen könnten. Dieses Phänomen, bei dem T-Zellen auf ähnliche Teile von verschiedenen Viren oder körpereigenen Proteinen reagieren, wird als "Kreuzreaktivität" bezeichnet. Um diese Theorie zu überprüfen, analysierten die Wissenschaftler T-Zellen, die sowohl auf Teile des SARS-CoV-2-Virus als auch auf menschliche Proteine reagieren konnten. Und tatsächlich wurden sie fündig. Einige T-Zellen erkannten ein Protein namens ABCD3, das in Leberzellen vorkommt.   ABCD3: Ein Schlüsselspieler in der Leber ABCD3 ist ein entscheidendes Protein für die Funktion von Leberzellen. Interessanterweise ist es in der Leber weit verbreitet und spielt eine wichtige Rolle beim Transport von Fettsäuren. Dies macht es zu einem potenziell interessanten Ziel für T-Zellen, die versehentlich auf ABCD3 reagieren.   Die Hypothese und ihre Implikationen Die Autoren des Artikels stellen die Hypothese auf, dass T-Zellen, die auf ABCD3 reagieren, aktiviert werden, wenn eine Person mit SARS-CoV-2 infiziert ist, und dann die Leberzellen angreifen. Dies könnte erklären, warum einige Kinder mit COVID-19 Anzeichen einer Autoimmun-Hepatitis zeigen.   Diese Forschung wirft ein faszinierendes Licht auf die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem Immunsystem und dem SARS-CoV-2-Virus. Es zeigt auch, wie das Immunsystem manchmal überreagieren kann und gesundes Gewebe angreift. Obwohl diese Entdeckung noch weitere Forschung erfordert, könnte sie in Zukunft zu besseren Behandlungen für Autoimmun-Erkrankungen und einem tieferen Verständnis der COVID-19-bedingten Leberschäden führen.   Die Botschaft ist klar: COVID-19 ist keine reine Atemwegserkrankung. Es greift auch nachweislich andere Organe, wie die Leber, an und die Forschung muss weiter voranschreiten, um die vollständigen Auswirkungen des Virus zu verstehen. Abbildung : TCR-Kreuzreaktivität bei COVID-19-Patienten (A) Die vorgeschlagenen immunologischen Mechanismen, die der COVID-19-bedingten autoimmunähnlichen Hepatitis zugrunde liegen. (B) Venn-Diagramm, das die Überlappung der antigen-spezifischen CDR3β-Sequenz (SARS-CoV-2, menschliches Proteom und EBV) aus der VDJdb-Datenbank mit dem TCR-Repertoire von COVID-19-Patienten aus ImmuneCODE zeigt. (C) Die Häufigkeit von fünf repräsentativen CDR3β-Sequenzen bei gesunden Kontrollpersonen und COVID-19-Kohorten. (D) Annotation von LC13-TCR und CoV-TCR. (E) Transkriptionelle Expressionsniveaus von ABCD3 in verschiedenen menschlichen Organen (links) und verschiedenen Zelltypen (rechts). (F) Validierung der Erkennung durch interaktionsabhängige Infektion vermittelt durch VSVGmut Lentiviren. (G) Experimentelle Validierung der Erkennungsfähigkeit von LC13-TCR und CoV-TCR für HLA-B44:05-restringiertes Selbstpeptid, abgeleitet von ABCD3 (EEYLQAFTY) oder HLA-A01:01-restringiertes Peptid, abgeleitet von NSP3 (TTDPSFLGRY) unter Verwendung des Tetramer-Bindungstests. (H) Expression von CD69 in CD8+ T-Zellen, die verschiedene TCRs ausdrücken und mit ABCD3-B44:05 oder NSP3-A01:01 exprimierenden HepG2-Zellen kultiviert wurden. (I) Level von IFNγ in CD8+ T-Zellen, die verschiedene TCRs ausdrücken und mit ABCD3-B44:05 oder NSP3-A01:01 exprimierenden HepG2-Zellen kultiviert wurden. (J) Zytoxizität von LC13-TCR oder CoV-TCR T-Zellen gegenüber HLA-B44:05-exprimierenden HepG2-Zellen und HLA-B44:05-exprimierenden HepG2-Zellen, die mit dem ABCD3-Selbstpeptid (EEYLQAFTY) beschichtet waren. (K) Zytoxizität von LC13-TCR oder CoV-TCR T-Zellen gegenüber HLA-A01:01-exprimierenden HepG2-Zellen und HLA-A01:01-exprimierenden HepG2-Zellen, die mit dem SARS-CoV-2 NSP3-Proteinpeptid (TTDPSFLGRY) beschichtet waren. Die Daten werden als prozentuale spezifische Lyse dargestellt. n=3 unabhängige Proben. Die Daten werden als Mittelwert±Standardfehler dargestellt, und die p-Werte werden durch einen zweiseitigen Student-t-Test bestimmt, ns= nicht signifikant, **p < 0,01 und ***p < 0,001 und ****p < 0,0001. Abkürzungen: COVID-19, Coronavirus-Krankheit 2019; TCR, T-Zell-Rezeptor; SARS-CoV-2, schweres akutes respiratorisches Syndrom Coronavirus 2; CDR3β, Komplementaritätsbestimmende Region 3 der β-Kette; EBV, Epstein-Barr-Virus; ABCD3, ATP-Bindungs-Cassettenunterfamilie D-Mitglied 3; HLA, humanes Leukozytenantigen; NSP3, nichtstrukturelles Protein 3. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. 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Aktuell: Wenn Wählerinnen & Wähler unter der Politik ihrer eigenen Partei leiden (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ –  POLITIK / GESELLSCHAFT ¦ Sarah Koller ¦    Seit den letzten Bundestagswahlen vor zwei Jahren hat sich die Zustimmung zur Alternative für Deutschland (AfD), einer rechtspopulistischen Partei, laut aktuellen Umfragen auf bemerkenswerte über 20 Prozent erhöht. Die AfD zeichnet sich vor allem durch ihre EU-skeptischen Ansichten und ihre Ablehnung von Einwanderung aus. Interessanterweise zeigt eine Untersuchung des von der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelten Wahl-O-Mat eine scheinbare Widersprüchlichkeit: Wählerinnen und Wähler der AfD würden am meisten unter der Politik der AfD leiden.   Die Menschen, die die AfD unterstützen, wären von ihrer Politik am stärksten betroffen, und das in nahezu jedem Politikbereich - von Wirtschaft und Steuern über Klimaschutz bis hin zu sozialer Absicherung, Demokratie und Globalisierung. Dieses Paradoxon scheint eng mit einer verzerrten Selbsteinschätzung der AfD-Wählerschaft sowie einer Verkennung der tatsächlichen gesellschaftlichen Realität verbunden zu sein.   Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 hat sich die AfD zunehmend radikalisiert. Ursprünglich als Partei mit kritischer Haltung zur Europäischen Union gestartet, hat sie spätestens 2015 ihren Fokus auf migrations- und flüchtlingsfeindliche Positionen verlagert. Bei der Bundestagswahl 2017 schaffte sie es mit einem Stimmenanteil von 12,6 Prozent erstmals in den Bundestag. Aktuelle Umfragen lassen auf Zustimmungswerte von über 20 Prozent schließen, was darauf hindeutet, dass die als rechtsradikaler Verdachtsfall eingestufte Partei immer mehr Unterstützung erhält. Die Frage, ob die politischen Inhalte der AfD im Interesse ihrer Wählerschaft liegen, steht im Zentrum einer Kurzanalyse, die sozio-demografische Merkmale der Wähler*innen mit den Zielen der Partei vergleicht.   Die AfD-Wählerschaft zeichnet sich durch einen höheren Anteil an Männern im Vergleich zu Frauen aus, wobei Menschen im Alter zwischen 45 und 59 Jahren und solche aus strukturschwachen Regionen überrepräsentiert sind. Ebenfalls überdurchschnittlich vertreten sind Personen mit niedrigem Einkommen und Bildungsniveau. Die Unzufriedenheit mit der persönlichen Lebenssituation sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedenken sind unter AfD-Wähler*innen stärker ausgeprägt als im Durchschnitt. Besonders in Ostdeutschland, insbesondere in ländlichen Regionen, erfährt die AfD eine starke Unterstützung.   Die Analyse vergleicht die Positionen der AfD mit denen anderer Parteien anhand des Wahl-O-Mats. Die AfD befürwortet eine äußerst neoliberale Wirtschafts- und Finanzpolitik, lehnt Klimaschutzmaßnahmen ab, strebt stärkere Kürzungen von Sozialleistungen an und plant eine Einschränkung von Rechten und Freiheiten, insbesondere für Minderheiten. Die AfD unterscheidet sich in ihrer Gesellschafts- und Demokratiepolitik besonders stark von anderen Parteien. Trotz unterschiedlicher Wählerklientel weisen AfD und FDP starke Überschneidungen in ihren Positionen auf, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Steuern, Klima und Soziales.   Die Diskrepanz zwischen den Interessen der AfD-Wählerinnen und den Positionen der Partei ist erstaunlich. Während die AfD-Politik, die auf Steuersenkungen für Spitzenverdienerinnen und Sozialkürzungen abzielt, ihre eigene Anhängerschaft stärker negativ beeinflusst als andere Parteien, unterstützen gerade diese Wählerinnen diese Politik. Die individuelle und kollektive Fehleinschätzung der AfD-Wählerinnen spielt hierbei eine Schlüsselrolle. Viele von ihnen erkennen nicht, dass eine Politik der Diskriminierung und Ausgrenzung sie selbst negativ treffen würde. Diese Fehleinschätzungen und die Verblendung durch populistische Narrative führen dazu, dass Wähler*innen der AfD gegenteilige politische Ziele unterstützen, die ihren eigenen Interessen widersprechen.   Die Analyse zeigt deutlich, dass Politik und Gesellschaft die Widersprüche der AfD-Positionen aufdecken und die individuellen und kollektiven Fehleinschätzungen thematisieren müssen. Ein offener Diskurs über die tatsächlichen Auswirkungen der AfD-Politik könnte dazu beitragen, die verzerrende Wahrnehmung aufzudecken und diejenigen, die von der Politik der AfD am meisten betroffen wären, aufzuklären. Tabelle 1: Die Positionen der Parteien bei der Bundestagswahl 2021 38 aktuelle politische Fragen und die Antworten der Parteien aus dem Wahl-O-Mat, „–1“ bedeutet Ablehnung, „0“ bedeutet eine neutrale Haltung und „1“ bedeutet Zustimmung Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung. Abbildung 1: Parteipolitische Positionen in sieben Kategorien Summe der Punkte pro Kategorie und Partei auf Basis der Antworten beim Wahl-O-Mat Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung. Abbildung 2: Vergleich der parteipolitischen Positionen in Kombination verschiedener Politikbereiche Summe der Punkte pro Kategorie und Partei auf Basis der Antworten beim Wahl-O-Mat Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung. Tabelle 2: Parteipolitische Positionen in sieben Kategorien „–1“ bedeutet Ablehnung, „0“ bedeutet eine neutrale Haltung und „1“ bedeutet Zustimmung Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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DE: Darmkeime und Rheuma: Wie das Mikrobiom die Krankheitsneigung beeinflusst (Mon, 02 Oct 2023)
(C) psdesign1 (C) psdesign1 DMZ – MEDIZIN ¦ Markus Golla ¦                                         (C) psdesign1      Der menschliche Darm beherbergt ein ganzes Ökosystem von Bakterien, Pilzen, Viren und anderen Mikroorganismen. Mit bis zu zwei Kilogramm Gewicht ist diese Lebensgemeinschaft quasi ein Organ im Organ – und als solches in der Lage, die Gesundheit „seines“ Menschen zu beeinflussen. Neue Forschungen weisen dem Mikrobiom auch eine Rolle bei der Entstehung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen zu, wie die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) mitteilt.   Eine der Erkrankungen, für die die Rolle des Mikrobioms genauer untersucht wurde, ist der Systemische Lupus Erythematodes (SLE). „Dabei handelt es sich um eine entzündlich-rheumatische Autoimmunerkrankung, bei der sich das körpereigene Immunsystem insbesondere gegen Bestandteile des Zellkerns wendet“, erläutert Professor Dr. med. Andreas Krause, Präsident der DGRh und Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin. Da diese Kernbestandteile überall im Körper vorkommen, können sich die SLE-typischen Entzündungen in sämtlichen Organen bemerkbar machen. Besonders häufig sind die Haut, die Gelenke und die Nieren betroffen. Beschwerden und Befallsmuster unterscheiden sich jedoch von Patient zu Patient und können sich auch im zeitlichen Verlauf der chronischen Erkrankung verändern.   Das Mikrobiom als auslösender Faktor für SLE? Obwohl es genetische Faktoren gibt, die die Anfälligkeit für einen SLE erhöhen, reichen diese als Erklärung für die Erkrankung nicht aus. „Nicht jeder Mensch mit der entsprechenden genetischen Veranlagung erkrankt auch an SLE“, sagt Krause. Hier könnte die individuelle Zusammensetzung des Mikrobioms als ein Faktor ins Spiel kommen, der über Ausbruch und Verlauf der Erkrankung mitentscheidet. In den letzten Jahren sind eine Reihe von möglichen Pathobionten identifiziert worden – schädlichen Bakterien also, die für den negativen Einfluss des Mikrobioms auf Krankheitsentstehung und -verlauf verantwortlich sein könnten. Hierzu zählen bestimmte Enterokokken und Lactobazillen, die bei Patienten mit geschädigter Schleimhaut-barriere durch die Darmwand hindurchtreten, in andere Organe einwandern und dort Entzündungen hervorrufen können. Dem entgegen wirken offenbar die so genannten Clostridiales. Diese Dickdarmbakterien scheinen für eine gute Funktion der Schleimhautbarriere unentbehrlich zu sein. Sie produzieren wichtige kurzkettige Fettsäuren, die die Schleimhautzellen im Darm bei der Schleimbildung unterstützen, die Darmbarriere stärken und zu einem günstigen Säuremilieu beitragen. „In einer Subgruppe von SLE-Patienten konnte bereits gezeigt werden, dass Clostridiales verloren gehen, während Lactobazillen sich vermehren“, sagt Professor Dr. med. Martin A. Kriegel von der Abteilung für Translationale Rheumatologie und Immunologie des Institut für Muskuloskelettale Medizin (IMM) am Universitätsklinikum Münster, der auf diesem Gebiet forscht.   Ein anderer Mechanismus, der die typischen Autoimmunprozesse bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen mit anstoßen könnte, ist die sogenannte Kreuzreaktivität: Anti-körper, die ursprünglich gegen Bakterien gebildet wurden, erkennen in diesem Fall auch Antigene, die sich im körpereigenen Gewebe befinden. Dieses wird daraufhin ebenfalls zum Ziel der Immunabwehr. Eine solche Kreuzreaktivität ist etwa für das Autoantigen Ro60 nachgewiesen, gegen das sich die Autoimmunattacken bei vielen SLE-Patienten richten. Denn Ro60 wird auch von einer ganzen Reihe von Bakterien gebildet, die im Darm, auf der Haut und im Mund vorkommen.   Therapieansätze aus der Mikrobiomforschung „Diese Mechanismen sind mittlerweile durch Befunde aus der Forschung gut untermauert“, sagt Kriegel. Ob sich die neuen Erkenntnisse auch therapeutisch nutzen lassen, müsse in künftigen Studien geklärt werden. Mögliche Ansatzpunkte seien zum einen Impfungen oder Medikamente gegen schädliche Pathobionten, zum anderen aber auch eine gezielte Beeinflussung des Mikrobioms über die Ernährung. „Speziell für den Lupus scheint eine faserreiche Ernährung die Darmbarriere zu schützen und so den Übertritt schädlicher Bakterien in andere Organe zu verhindern“, sagt Krause. Diese bislang nur an Mäusen beobachteten Effekte machen Hoffnung, dass sich Autoimmunprozesse auch beim Menschen über eine entsprechende Ernährung günstig beeinflussen lassen. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Unterstützung unserer Zeitung (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ - DIGITAL / TECHNIK ¦ #mittellaendische ¦     Die Mittelländische Zeitung (DMZ) ist eine unabhängige Zeitung, die für die Vergessenen Partei ergreift, ungesagte Wahrheiten ausspricht und bedingungslos für Frieden und soziale Gerechtigkeit kämpft.   Die Mittelländische lebt dank und für ihre Leserinnen und Leser.   Um unsere Unabhängigkeit zu wahren, benötigen wir Unterstützung von der Basis. Ihr Engagement hilft uns dabei, weiterhin wichtige Informationen zu veröffentlichen.   Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DMZ ist dies ein soziales Engagement auf ehrenamtlicher Basis. Alle arbeiten freiwillig und unbezahlt.   Hinter jedem Klick auf unserer Zeitung steckt journalistischer, zeitlicher und technischer Aufwand. Wir möchten jedoch unsere Bemühungen nicht durch Bezahlschranken finanzieren, sondern fragen Sie, unsere Leserinnen und Leser, nach freiwilliger Unterstützung. Denn wir sind darauf angewiesen, Ihre finanzielle Unterstützung zu erhalten, um unsere Unabhängigkeit von großen Medienkonzernen zu bewahren. Es ist einfach, zu spenden. Dies bietet auch Spenderinnen und Spendern die Sicherheit, jederzeit schnell das Richtige tun zu können: Helfen.   Ihre Unterstützung macht einen Unterschied!   Je nach Zeit, Lust und Laune gibt es viele Möglichkeiten, uns darüber hinaus zu unterstützen und selbst aktiv zu werden. Sie können uns mit Links, Ideen, Videobeiträgen, Texten, Fotos und vielem mehr tatkräftig unterstützen.   Wir bedanken uns herzlich für Ihre Unterstützung!     Spenden via PayPal Die ausgefüllten Daten werden streng vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben.   Nach dem Klicken auf den „Spenden“ - Button werden Sie auf die PayPal-Website weitergeleitet, wo sie unter Gewährleistung höchster Sicherheitsstandards die Zahlung vornehmen können.   ----------------------------------------   Werde Mitglied beim DMZ-Support-Team  Unterstütze und erhalte die freie und unabhängige Zeitung für DE / AT / CH / FL bei Steady.   Was ist Steady? Community-Finanzierung für digitale Creators Steady unterstützt Creators auf ihrem Weg in eine nachhaltige Zukunft. Der Schlüssel: monatliche Beiträge der treuesten Mitglieder ihrer Community.     -> https://steadyhq.com/de/dmz-mittellandische-zeitung/about         ----------------------------------------   Spenden via FairGive Der gemeinnützige Schweizer Verein FairGive setzt sich für transparentes und nachhaltiges Spenden über digitale Kanäle (mobile und online) ein: fair für alle Beteiligten. Gegründet im November 2010 durch Vertreter der NPO-Branche ist es die Aufgabe von FairGive, Spendengelder, welche über digitale Kanäle generiert werden, schnell, transparent und sicher an die begünstigten gemeinnützigen Organisationen und Projektinitiatoren weiterzuleiten. FairGive fungiert dabei als unabhängiger Finanzintermediär und ist bei PolyReg als Mitglied registriert.   Einfach spenden. Das bedeutet auch Sicherheit für Spenderinnen und Spender, jederzeit schnell das Richtige tun zu können: Helfen.             Spenden unter: https://www.mittellaendische.ch/zeitung/unterstützung/ Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der Mittelländischen ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst unsere Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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DE: Wie sich schweres Long COVID langfristig entwickelt (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ – MEDIZIN ¦ Markus Golla ¦                                             Charité-Studie untersucht Betroffene mit ausgeprägter Fatigue über 20 Monate Menschen mit Post-COVID-Syndrom, die ein halbes Jahr nach ihrer Corona-Infektion an einer krankhaften Erschöpfung – der Fatigue – leiden, sind oft nach bis zu 20 Monaten noch stark beeinträchtigt.   Das zeigt eine aktuelle Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max Delbrück Centers in eClinicalMedicine*. Betroffene, die das Chronische Fatigue-Syndrom ME/CFS entwickeln, sind in den allermeisten Fällen unverändert schwer krank. Patientinnen und Patienten mit ähnlichen Symptomen, die die Diagnosekriterien für ME/CFS nicht erfüllen, erleben dagegen eine langsame Verbesserung ihrer Beschwerden.   Wenn drei Monate nach einer SARS-CoV-2-Infektion noch immer gesundheitliche Beschwerden bestehen, die über mindestens zwei Monate anhalten und nicht anderweitig zu erklären sind, spricht man vom Post-COVID-Syndrom (PCS). Die Symptome sind insgesamt heterogen, viele Betroffene haben Atembeschwerden, können sich schlecht konzentrieren und sind kaum belastbar. Besonders oft berichten PCS-Erkrankte von einer bleiernen Erschöpfung, die sich durch normale Erholung kaum beheben lässt: die sogenannte Fatigue. Häufig können diese Menschen den Alltag kaum noch bewältigen und leichte Anstrengung verschlechtert den Zustand, man spricht von Belastungsintoleranz. Frauen trifft es deutlich häufiger als Männer.   Nicht nur Betroffene fragen sich, wie lange sie mit ihren Symptomen zu kämpfen haben werden. Für die ersten Monate nach der Infektion gibt es dazu mittlerweile Erkenntnisse aus einer Reihe von Studien. Danach dauert die Erholung im Schnitt desto länger, je schwerer die Infektion verlaufen ist. Bei vielen gehen die Beschwerden innerhalb eines Jahres zurück – das gilt jedoch leider nicht für alle Erkrankten. Unklar ist bisher, wie sich die Krankheit bei ihnen langfristig entwickelt.   Wie lang sind die Schatten von COVID-19? In der nun veröffentlichten Studie fokussierten die Forschenden auf Menschen, die ein halbes Jahr nach ihrer SARS-CoV-2-Infektion noch immer an einer ausgeprägten Fatigue und stark reduzierter Belastbarkeit litten. Im Gegensatz zu Studien, die sich allein auf die Beschreibung der Symptome durch die Betroffenen stützen, wurden die 106 Teilnehmenden – zum Großteil Frauen – zu drei Zeitpunkten im Abstand von mehreren Monaten umfassend medizinisch untersucht.   „Leider zeigen unsere Daten, dass Post-COVID-Betroffene mit schwerer Fatigue auch mehr als eineinhalb Jahre nach ihrer Infektion noch immer krank sind“, sagt Dr. Judith Bellmann-Strobl, Letztautorin der Studie und Oberärztin der Hochschulambulanz für Neuroimmunologie des Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung der Charité und des Max Delbrück Centers. „Nur bei der Hälfte von ihnen – die nicht das Vollbild von ME/CFS zeigen – zeichnet sich eine langsame Besserung zumindest einiger Symptome ab.“   Zwei Gruppen von PCS-Erkrankten mit ausgeprägter Fatigue und Belastungsintoleranz Bereits letztes Jahr hatten die Forschenden beobachtet, dass sich unter den Post-COVID-Betroffenen mit stark reduzierter Belastbarkeit zwei Gruppen unterscheiden lassen. Ein Teil der Patientinnen und Patienten erfüllt das Vollbild eines ME/CFS – eine komplexe neuroimmunologische Erkrankung, die mit schwerer Fatigue und Belastungsintoleranz einhergeht und zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führen kann. Patientinnen und Patienten in der zweiten Gruppe haben zwar ähnliche Symptome, ihre Beschwerden nach körperlicher Anstrengung sind jedoch meist nicht so stark ausgeprägt und halten weniger lang an.   Bei der letzteren Gruppe gehen der aktuellen Studie zufolge die Fatigue, aber auch das allgemeine Krankheitsgefühl, Schmerzen und Konzentrationsstörungen über die Zeit etwas zurück. Ihre Belastbarkeit steigt ein wenig, einige Betroffenen konnten wieder einer Arbeit nachgehen. Bei den Post-COVID-Patient:innen mit ME/CFS veränderten sich die Beschwerden dagegen kaum, obwohl auch sie eine symptomatische Therapie erhielten. Mit sehr wenigen Ausnahmen: „Sieben der 55 ME/CFS-Erkrankten erlebten eine Verbesserung ihrer Beeinträchtigungen“, erklärt Dr. Bellmann-Strobl. „Wir haben allerdings zurzeit noch keine Erklärung dafür und konnten keine medizinischen Gemeinsamkeiten feststellen.“   Handkraft zur Abschätzung der Prognose? Eine weitere in der Studie gemachte Beobachtung lässt sich künftig möglicherweise für die Abschätzung des Krankheitsverlaufs bei Post-COVID-Erkrankten mit ME/CFS nutzen: Je mehr Kraft die Patientinnen und Patienten zu Beginn der Erkrankung in der Hand hatten, desto geringer ausgeprägt waren ihre Symptome bis zu 20 Monate später. „Die Handkraft war nicht nur ein Parameter für die Schwere der Erkrankung zu Beginn, sondern konnte auch vorhersagen, wie sich die ME/CFS-Erkrankung weiter entwickeln wird“, erklärt Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen, kommissarische Direktorin des Instituts für Medizinische Immunologie der Charité und Leiterin des Charité Fatigue Centrums. Zusammen mit Dr. Bellmann-Strobl hat sie die Studie geleitet. Sie betont: „Bevor wir die Handkraft allerdings prognostisch nutzen können, müssen wir ihre Aussagekraft mit weiteren Studien bestätigen.“   „In Europa leben nach aktuellen Aussagen der WHO etwa 36 Millionen Menschen mit Long COVID, von denen die meisten in ihrem Alltag eingeschränkt sind und von denen viele kein normales Leben mehr führen können“, betont Prof. Scheibenbogen. „Bereits vor der Pandemie waren in Europa geschätzt drei Millionen Menschen an ME/CFS erkrankt und vorliegenden Daten lassen vermuten, dass sich deren Zahl infolge der Pandemie verdoppelt hat. Unsere Studie zeigt, dass die meisten ME/CFS-Erkrankten anhaltend schwer krank sind. Neben der intensiven Suche nach wirksamen Therapien brauchen wir deshalb auch rasch Versorgungseinrichtungen, in denen die Betroffenen auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und klinischer Erfahrung multidisziplinär betreut werden.“   In Ermangelung von Therapien, die nicht nur die Symptome lindern, sondern auch die Ursache des Post-COVID-Syndroms und ME/CFS beheben, empfiehlt Dr. Bellmann-Strobl den Patient:innen vor allem, ihre Energiereserven durch das sogenannte Pacing gut einzuteilen und eine Überlastung zu vermeiden. Hilfsmittel können beispielsweise Schrittzähler, Herzfrequenzmesser, ein Aktivitätstagebuch und Entspannungsübungen sein. „Durch das Pacing lässt sich die Postexertionelle Malaise, eine Verschlechterung des Zustands, verhindern. Je besser Betroffene das Pacing beherrschen, desto weniger Beschwerden haben sie durch ihre Erkrankung. Dabei sollte man sich sehr vorsichtig an die Belastungsgrenzen herantasten; eine professionelle Anleitung kann dabei helfen, eine Überanstrengung zu vermeiden.“   *Legler F et al. Long-term symptom severity and clinical biomarkers in post-COVID-19/chronic fatigue syndrome: results from a prospective observational cohort. EClinicalMedicine. 2023 Aug 19. doi: 10.1016/j.eclinm.2023.102146     Behandlung des Post-COVID-Syndroms und ME/CFS an der Charité Für die Diagnostik und Behandlung von Menschen mit schwer verlaufenden Formen des Post-COVID Syndroms hat die Charité elf Spezialambulanzen an verschiedenen Kliniken und Instituten eingerichtet, die im Post-COVID-Netzwerk zusammenarbeiten und unterschiedliche Patient:innen abhängig von ihrer Hauptsymptomatik betreuen. Dazu gehört auch das Charité Fatigue Centrum, das die Anlaufstelle für Personen ist, die mindestens sechs Monate nach ihrer COVID-19-Erkrankung anhaltend schwere Fatigue, Konzentrationsstörungen und eine Belastungsintoleranz haben, deren Symptome also nach Anstrengung zunehmen. Im Rahmen der Nationalen Klinischen Studiengruppe ME/CFS und PCS führt die Charité derzeit erste klinische Studien durch, die Medikamente zur Entzündungshemmung und zur Verbesserung der Durchblutung sowie spezifische Blutwäsche-Verfahren (Immunadsorption) und die Überdruck-Sauerstofftherapie auf ihre Wirksamkeit prüfen.   Über ME/CFS ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom) ist eine schwere neurologische Erkrankung, die meistens durch einen Infekt ausgelöst wird und oft chronifiziert. Hauptmerkmal ist die „Postexertionelle Malaise“, eine ausgeprägte Verstärkung der Beschwerden nach geringer körperlicher oder geistiger Belastung, die erst nach mehreren Stunden oder am Folgetag einsetzen kann und meist bis zum nächsten, aber oft auch mehrere Tage oder länger anhält. Sie ist verbunden mit körperlicher Schwäche, häufig Kopf- oder Muskelschmerzen sowie neurokognitiven, autonomen und immunologischen Symptomen.   Die Häufigkeit von ME/CFS in der Bevölkerung wurde weltweit bereits vor der Pandemie auf etwa 0,3 Prozent geschätzt. Expert:innen gehen davon aus, dass die Anzahl der Betroffenen durch die COVID-19-Pandemie deutlich gestiegen ist. Als Auslöser für ME/CFS waren bisher Krankheitserreger wie das Epstein-Barr-Virus, das Influenza-Virus, das Dengue-Virus und Enteroviren bekannt. Auch unter den Personen, die sich 2002/2003 mit dem ersten SARS-Coronavirus infizierten, wurden viele ME/CFS-Fälle beobachtet. Von einer ME/CFS-Erkrankung abzugrenzen ist eine sogenannte postinfektiöse Fatigue, die im Rahmen vieler Infektionskrankheiten wochen- bis monatelang anhalten kann.       Originalpublikation: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2589537023003231 Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Populismus, Verschwörung und ihre Auswirkungen auf die Demokratiezufriedenheit: Eine Analyse der politischen Einstellungen in Deutschland (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ –  GESELLSCHAFT ¦ Lena Wallner ¦                      In der heutigen politischen Landschaft Deutschlands sind Populismus und Verschwörungserzählungen zu prominenten Themen geworden, die die öffentliche Wahrnehmung der Demokratie und ihrer Institutionen beeinflussen. Eine kürzlich durchgeführte Studie (Uni Hohenheim) beleuchtet die Zusammenhänge zwischen diesen Phänomenen und der Zufriedenheit der Bürger mit dem demokratischen System.   Verbreitung von populistischen und verschwörungstheoretischen Ansichten Die Studie zeigt auf, dass ein bemerkenswerter Anteil der Bundesbürger an die Existenz "geheimer Mächte" glaubt, die die politische Szene des Landes steuern. In ähnlicher Weise hegt ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung die Ansicht, dass die Regierenden das Volk betrügen. Die Wahrnehmung von Politikern als abgehoben wird von mehr als der Hälfte der Bundesbürger geteilt. Zusätzlich glauben viele, dass die Massenmedien die Bevölkerung manipulieren und systematisch belügen.   Interessanterweise zeigt die Studie, dass diese Ansichten nicht nur isoliert auftreten. Wenn mehrere dieser populistischen Denkweisen gleichzeitig auftreten, weist dies auf ein geschlossen rechtspopulistisches Weltbild hin. Etwa ein Fünftel der Bundesbürger vertritt ein solches Weltbild, während insgesamt sogar etwa ein Drittel der Bevölkerung tendenziell rechtspopulistische Einstellungen aufweist.   Merkmale von rechtspopulistischen Einstellungen Die Studie hebt hervor, dass rechtspopulistische Einstellungen besonders unter Anhängern der AfD (Alternative für Deutschland) verbreitet sind. Im Gegensatz dazu sind solche Einstellungen bei Anhängern der Grünen weniger ausgeprägt. Weiterhin zeigt sich, dass Menschen im Alter von 45 bis 59 Jahren, Personen mit niedriger formaler Bildung und Bewohner Ostdeutschlands tendenziell stärker dazu neigen, ein rechtspopulistisches Weltbild zu vertreten.   Auswirkungen auf das Vertrauen in Institutionen Die Studie beleuchtet auch die Auswirkungen dieser politischen Einstellungen auf das Vertrauen in Institutionen und die Demokratie. Ein beträchtlicher Anteil der Befragten zeigt sich unzufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie auf Bundesebene. Besonders bemerkenswert ist der Zusammenhang zwischen einem rechtspopulistischen Weltbild und der Unzufriedenheit mit der demokratischen Funktionsweise. Personen mit ausgeprägten rechtspopulistischen Ansichten sind überwiegend unzufrieden mit der Demokratie auf Bundesebene.   Das Misstrauen gegenüber verschiedenen Institutionen variiert ebenfalls je nach politischer Einstellung. Während etwa nur 13 Prozent der Bundesbürger der Wissenschaft oder der Polizei misstrauen, zeigen mehr als die Hälfte Misstrauen gegenüber politischen Parteien oder der Bundesregierung. Hier zeigt sich erneut, dass Personen mit stärkeren rechtspopulistischen Einstellungen dazu neigen, ein höheres Maß an Misstrauen zu hegen.   Fazit Die Studie verdeutlicht die Komplexität der politischen Landschaft in Deutschland, in der populistische und verschwörungstheoretische Einstellungen eine Rolle spielen. Die Verbindung zwischen diesen Einstellungen und der Demokratiezufriedenheit sowie dem Vertrauen in Institutionen ist ein wichtiger Aspekt, der tieferes Verständnis erfordert. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, effektivere Ansätze zur Förderung demokratischer Stabilität und zur Bewältigung von Fehlinformationen zu entwickeln. Quelle: Uni Hohenheim Quelle: Uni Hohenheim Quelle: Uni Hohenheim Quelle: Uni Hohenheim Quelle: Uni Hohenheim Quelle: Uni Hohenheim Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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Was ist der Unterschied zwischen aktiver und passiver Immunisierung? (Mon, 02 Oct 2023)
DMZ – MEDIZIN ¦ Markus Golla ¦                                             Antwort im neuen Erklärvideo von Molekularbiologen Martin Moder   Wer würde das nicht wollen: Antikörper gegen eine gefährliche Krankheit zu entwickeln, ohne sich dafür infizieren zu müssen. Wie das geht? Einerseits durch Schutzimpfungen – auch als aktive Immunisierung bekannt. So weit, so bekannt. Weniger bekannt ist das Konzept der passiven Immunisierung, das Molekularbiologe und Science Buster Martin Moder in seinem neuesten Video für den Österreichischen Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) in seiner gewohnt pointierten Art erklärt.   Es handle sich dabei um eine Art „Abkürzung“, für das das Immunsystem keinerlei Arbeit leisten müsse, so Moder. Denn: Das Immunsystem muss keine Antikörper produzieren, sondern erhält bereits fertige Antikörper gespritzt. Sie stammen von jemandem, der bereits einen Immunschutz aufgebaut hat, und werden im Labor künstlich vermehrt. Im Fachjargon werden sie auch als monoklonale Antikörper bezeichnet. Woher dieser Begriff stammt, erfahren besonders wissbegierige Zuschauer ebenfalls im neuen Video.   Wer sich jetzt fragt, warum es aktive und passive Immunisierungen gibt und welche Vor- und Nachteile es bei der jeweiligen Art des Immunschutzes gibt, muss einfach weiter dranbleiben. So viel vorweg: Eine Schutzimpfung benötigt Zeit, bis sie ihre Wirkung entfalten kann und kann daher so gut wie nie therapeutisch eingesetzt werden. Außerdem muss das Immunsystem funktionieren, um überhaupt einen Schutz aufbauen zu können. Vorteil: Der Schutz ist breiter und hält länger, da vom Immunsystem Gedächtniszellen gebildet werden. Die passive Immunisierung kann dagegen auch im Krankheitsfall eingesetzt werden, muss aber häufiger verabreicht werden. Die therapeutische Breite ist geringer. Vorteil: Auch Menschen mit einem nicht intakten Immunsystem können so einen Schutz gegen bestimmte Erkrankungen erhalten.   Wie das Match der beiden Immunisierungsarten ausgeht? Soviel vorausgeschickt: Die aktive Immunisierung ist der Schutz der Wahl, da wie gesagt breiter und längerer Schutz jedoch beruhigend, dass über die passive Immunisierung auch Personen mit supprimierter bzw. eingeschränkter Immunantwort geschützt werden können. Ausflugstipps In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps.  Unterstützung Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie. Rezepte Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren. Persönlich - Interviews "Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

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