
DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner
Kinderschutz im Fokus: Neue gesetzliche Regelung soll Zwangsehen verhindern und Klarheit im Familienrecht schaffen
Wien – Der österreichische Justizausschuss hat am Dienstag einstimmig eine weitreichende Reform des Ehe- und Partnerschaftsrechts beschlossen: Künftig soll die Eheschließung sowie die Begründung einer eingetragenen Partnerschaft ausschließlich Volljährigen ab 18 Jahren vorbehalten sein. Bisher war eine Ausnahme ab 16 Jahren mit gerichtlicher Zustimmung möglich – diese wird nun ersatzlos gestrichen. Ebenso wird das Verbot von Ehen unter Verwandten deutlich verschärft. Justizministerin Anna Sporrer hatte die Regierungsvorlage eingebracht, die nun breite parlamentarische Unterstützung findet.
Ziel der Reform ist es, Kinder und Jugendliche wirksamer vor Zwangsverheiratungen zu schützen. Der neue gesetzliche Rahmen umfasst neben dem Mindestalter für Eheschließungen auch ein erweitertes Eheverbot zwischen Verwandten bis zum vierten Grad der Seitenlinie – betroffen sind somit künftig auch Ehen zwischen Cousin und Cousine sowie zwischen Nichten oder Neffen und Onkel oder Tante. Die Bestimmungen gelten analog für Adoptivverhältnisse. Die neuen Regelungen sollen mit 1. August 2025 in Kraft treten.
Breite politische Zustimmung für den Schutz Minderjähriger
„Es geht darum, Kinder und Jugendliche konsequent vor Zwangsehen zu schützen – unabhängig vom familiären, kulturellen oder gesellschaftlichen Druck“, betonte Johanna Jachs (ÖVP). Die medizinischen Risiken bei Ehen innerhalb der Verwandtschaft – etwa durch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit genetischer Erkrankungen – seien ein zusätzlicher Beweggrund für die gesetzliche Ausweitung des Verbots.
Auch die Grünen begrüßten die Neuregelung. Alma Zadić unterstrich, dass die Anhebung des Ehealters nur ein erster Schritt sei: „Es braucht weitere Maßnahmen, um Zwangsehen und kindliche Ehen vollständig zu verhindern.“ Die Fraktion hatte bereits im Vorfeld einen eigenen Antrag (188/A) eingebracht, der inhaltlich mit der Regierungsvorlage übereinstimmt.
Kritische Töne kamen lediglich in Detailfragen. So äußerte Harald Stefan (FPÖ) Zweifel an der Ausweitung des Eheverbots auf gleichgeschlechtliche Verwandtenehen wie etwa zwischen „Cousin und Cousin“. Gleichzeitig machte er kulturelle Veränderungen durch Migration für das vermehrte Auftreten von Kinderehen verantwortlich.
Staatsanwaltschaft erhält wieder Klagerecht
Ein weiterer Aspekt der Reform betrifft die Wiederherstellung der Klagemöglichkeit der Staatsanwaltschaft: Diese kann künftig Ehen oder eingetragene Partnerschaften aufheben lassen, wenn die Ehefähigkeit – also insbesondere das erforderliche Alter – fehlt. Damit wird eine Lücke im bisherigen Recht geschlossen und die Rolle des Staates als Hüter der Rechtsordnung gestärkt.
Debatte über Umwandlung von Ehe und eingetragener Partnerschaft
Neben dem Kinderschutz stand auch die rechtliche Gleichstellung von Ehe und eingetragener Partnerschaft auf der Agenda. Die Grünen forderten in einem weiteren Antrag (189/A) eine gesetzliche Möglichkeit zur Umwandlung bestehender Ehen in eingetragene Partnerschaften und umgekehrt – ohne vorherige Scheidung oder Auflösung. Ein solcher Wechsel soll laut Antrag jedoch nur einmalig möglich sein, um die Rechtssicherheit im Personenstandsregister zu wahren.
Alma Zadić verwies auf bestehende Unsicherheiten: „Viele Menschen wissen nicht, ob und wie ein Wechsel möglich ist – dabei betrifft es Paare aller Geschlechter.“ Auch NEOS-Abgeordnete Sophie Marie Wotschke zeigte sich der Thematik gegenüber aufgeschlossen, befürwortete jedoch eine vertiefte juristische Prüfung und sprach sich daher für eine Vertagung aus.
Mit der einstimmigen Annahme der Regierungsvorlage durch den Justizausschuss ist ein entscheidender Schritt zur Stärkung des Kinderschutzes und zur Klarstellung im Eherecht getan. Das Gesetzespaket soll nun im Plenum des Nationalrats beschlossen werden. Die politische Geschlossenheit über Parteigrenzen hinweg zeigt: Beim Schutz von Minderjährigen vor Zwangsehen besteht in Österreich breiter Konsens.
Hinweis: Die beschlossenen Änderungen betreffen sowohl das Ehegesetz als auch das Eingetragene-Partnerschaft-Gesetz. Die Inkraftsetzung ist für den 1. August 2025 vorgesehen.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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