
DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦
Justizministerium legt Gesetzesvorschlag gegen digitale sexuelle Belästigung vor
Wien – Das ungefragte Zusenden von Bildern entblößter Geschlechtsteile, bekannt als "Dick Pics", soll künftig in Österreich unter Strafe gestellt werden. Justizministerin Anna Sporrer hat dem Nationalrat eine entsprechende Regierungsvorlage zur Änderung des Strafgesetzbuchs vorgelegt. Der Entwurf zielt auf eine Lücke im Strafrecht und soll Betroffene besser vor sexueller Belästigung im digitalen Raum schützen.
Der neue Tatbestand der sexuellen Belästigung soll laut Vorlage §218 StGB erweitert werden: Künftig macht sich strafbar, wer einer anderen Person absichtlich und unaufgefordert Bildaufnahmen von menschlichen Genitalien – ob real, bearbeitet oder künstlich erstellt – im Wege der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems übermittelt. Gemeint sind damit etwa Messenger-Dienste, E-Mail, SMS, soziale Netzwerke, aber auch technologienahes Senden per Airdrop oder Bluetooth. Die Regelung soll gleichermaßen für Fotos und Videos gelten und sowohl männliche als auch weibliche primäre Geschlechtsmerkmale umfassen.
Cyberflashing als moderne Form sexueller Belästigung
Cyberflashing, wie diese Form digitaler Übergriffigkeit genannt wird, ist bislang in Österreich nicht strafbar – selbst wenn die Zusendung ausdrücklich unerwünscht ist. Das Regierungsprogramm der Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und NEOS sieht eine explizite strafrechtliche Regelung für dieses Verhalten vor. Österreich kommt damit auch einer europäischen Verpflichtung nach: Die bis 2027 umzusetzende EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einführung eines Straftatbestands gegen Cyberflashing.
„Diese Form der Belästigung ist kein Bagatelldelikt“, heißt es in den Erläuterungen zur Vorlage. Cyberflashing sei ein übergriffiges Verhalten, das nicht nur peinlich, sondern psychisch belastend sein könne – insbesondere wenn es unvorbereitet geschieht oder mehrfach vorkommt. Opfer seien oft schutzlos, da viele Täter anonym agieren.
Klar definierter Tatbestand mit Ausnahmen
Die geplante Gesetzesänderung definiert klar, welche Inhalte erfasst sein sollen: Bildmaterial, das wesentlich die Genitalien zeigt, wird als tatbestandsrelevant angesehen. Nicht umfasst sind Fotos, auf denen Genitalien nur undeutlich oder zufällig im Hintergrund sichtbar sind – etwa bei Urlaubsszenen am FKK-Strand.
Die Strafdrohung beträgt bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen. Damit liegt die Sanktion im unteren Bereich des Strafrahmens, soll jedoch eine klare Grenze markieren. Wie bei anderen Delikten sexueller Belästigung bleibt die Verfolgung abhängig von der Initiative der betroffenen Person: Nur wenn diese aktiv Anzeige erstattet, kommt es zur strafrechtlichen Verfolgung. Neu ist jedoch, dass den Betroffenen kein Kostenrisiko entsteht – im Gegensatz zu den meisten Privatanklagedelikten.
Ein Signal gegen digitale Grenzüberschreitungen
Mit dem Vorstoß will die Regierung ein Zeichen setzen, dass auch digitale Übergriffe Konsequenzen haben müssen. Die Belästigung durch ungewollte Nacktbilder werde bislang zu oft verharmlost oder ins Lächerliche gezogen, obwohl sie einen schweren Eingriff in die Intimsphäre darstellen könne, betonen Fachleute. Gerade junge Menschen und Frauen seien häufig betroffen, etwa beim Einsatz von Dating-Apps oder auf Social Media-Plattformen.
Die Regierungsvorlage (135 d.B.) wird nun im Nationalrat behandelt. Sollte das Gesetz beschlossen werden, wäre Österreich eines der ersten Länder mit einer expliziten Strafnorm gegen Cyberflashing.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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