
DMZ –INTERNATIONAL/István Dobozi
KOMMENTAR
Donald Trump ist zurück – und in Budapest wächst die Nervosität. Viktor Orbán, Ungarns Ministerpräsident, hat frühzeitig und lautstark auf einen Wahlsieg des Republikaners gesetzt, ihn gefeiert, bevor viele europäische Kollegen überhaupt Stellung bezogen. Und doch bleibt aus Washington eines bislang aus: die Einladung. Eine Geste, die für Orbán weit mehr wäre als diplomatische Etikette – sie wäre Bestätigung und strategisches Kapital zugleich. Doch genau das bleibt ihm verwehrt. Und das ist kein Zufall.
Schon 2016 stellte sich Orbán als erster EU-Regierungschef demonstrativ hinter den rechtspopulistischen Außenseiter Trump. Seine Sympathie war mehr als bloße ideologische Nähe – es war eine politische Investition. „Trumps Außenpolitik bedeutet Leben für Ungarn“, sagte Orbán damals, während in Brüssel noch diskutiert wurde, wie mit dem unberechenbaren Amerikaner umzugehen sei. Doch die Rechnung ging nur bedingt auf. Das erste Treffen im Weißen Haus fand erst zwei Jahre nach Trumps Amtsantritt statt. In seinem Zorn ließ Orbán sogar den ungarischen Botschafter in Washington vorzeitig ablösen.
Und auch bei Trump 2.0 verläuft die Annäherung nicht wie erhofft. Giorgia Meloni wurde zur Inauguration eingeladen, Orbán nicht. In Budapest war die Enttäuschung mit Händen zu greifen – überspielt nur von gewohntem Zweckoptimismus. Die „Goldene Ära der Beziehungen“, von der Orbán sprach, hat bislang nicht einmal begonnen.
Dabei hat sich Orbán in den vergangenen Monaten erneut als lautstarker Unterstützer Trumps positioniert. In einer außenpolitischen Selbstzuschreibung bot er sich als europäischer Verbindungsmann an, als Ansprechpartner für die Ukraine-Frage, als Garant für Stabilität im Osten Europas. Doch die Realität spricht eine andere Sprache: Ungarns internationale Isolation hat sich verschärft, das Verhältnis zu Brüssel ist zerrüttet, die rechtsstaatliche Krise ungelöst. In der Ukraine-Frage hat sich Budapest durch allzu große Nähe zu Moskau und aggressive Rhetorik selbst disqualifiziert.
Gleichzeitig bröckelt die Bewunderung für Orbán selbst im US-amerikanischen Konservatismus. Während konservative Thinktanks wie die Heritage Foundation ihn lange als Vorbild priesen, mehren sich inzwischen kritische Stimmen. Der Kolumnist Marc A. Thiessen etwa, ein einflussreicher Vertreter der republikanischen Rechten, bezeichnete Orbán jüngst als sicherheitspolitisches Risiko – nicht zuletzt wegen seiner engen wirtschaftlichen Beziehungen zu China. „Orbán hat Ungarn zum Vorposten chinesischer Interessen gemacht“, schrieb Thiessen. Eine Einschätzung, die in Washington zunehmend geteilt wird.
Während Trump in der Vergangenheit Gefallen am „Strongman“ aus Budapest fand, steht er heute einem geschwächten Partner gegenüber. Die ungarische Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise, EU-Mittel bleiben aus, die Korruptionsvorwürfe nehmen zu. Im kommenden Jahr könnten erstmals seit 2010 echte Chancen auf einen Regierungswechsel bestehen. Und Trump? Der pflegt keine große Geduld mit politischen Verlierern.
So ist das Ausbleiben der Einladung ins Weiße Haus mehr als diplomatische Zurückhaltung. Es ist ein Signal: Die Spielregeln in Trumps neuer Welt sind andere. Und Orbáns politisches Spiel, das jahrelang so erfolgreich war, hat an Strahlkraft verloren.
Washington vergisst selten – und verzeiht noch seltener. Auch nicht einem alten Verbündeten aus Budapest.
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