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AT: Nationalrat spricht sich einstimmig für zentrale Anlaufstelle bei Heilbehelfen und Hilfsmitteln aus

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦

 

One-Stop-Shop soll bürokratische Hürden für Menschen mit Behinderungen abbauen – Entschließungsantrag zu ME/CFS blieb in der Minderheit

 

Wien – Der Nationalrat hat am Dienstag einstimmig eine Entschließung angenommen, die die Einrichtung eines sogenannten „One-Stop-Shops“ zur Beantragung von Heilbehelfen und Hilfsmitteln vorsieht. Ziel ist es, bürokratische Hürden abzubauen, mit denen insbesondere Menschen mit Behinderungen derzeit konfrontiert sind. Statt wie bisher mehrere Anträge bei unterschiedlichen Stellen einreichen zu müssen, soll künftig eine zentrale Anlaufstelle geschaffen werden, um den Zugang zu Unterstützungsmitteln wie Hörgeräten, Krücken oder Inkontinenzprodukten zu vereinfachen.

 

Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) sprach in der Debatte von einem „Spießrutenlauf“, den viele Betroffene auf sich nehmen müssten, um zu den ihnen zustehenden Hilfsmitteln zu gelangen. Die Verfahren seien oft langwierig und belastend – nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch. Die Bundesregierung werde den „One-Stop-Shop“ umsetzen, versicherte sie. Die konkrete Ausgestaltung und die Frage, wo die zentrale Anlaufstelle angesiedelt sein soll, werde gemeinsam mit den Ländern und Sozialversicherungsträgern evaluiert.

 

Breite Unterstützung aus allen Fraktionen

Der Antrag zur Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle stieß in allen Fraktionen auf Zustimmung. Christian Ragger (FPÖ) bezeichnete es als untragbar, dass Menschen mit Beeinträchtigung weiterhin „von Behörde zu Behörde laufen“ müssten. Sein Fraktionskollege Gerhard Kaniak sprach von einem „Lichtblick“ für Betroffene und erinnerte daran, dass der Nationalrat bereits 2021 eine ähnliche Entschließung gefasst habe – nun sei endlich Bewegung in die Umsetzung gekommen.

 

Auch Heike Eder (ÖVP) beschrieb die aktuelle Lage als „Odyssee ohne Heldenepos“ – ein bürokratischer Irrweg, den viele Betroffene alleine bewältigen müssten. Ihre Fraktionskollegin Elisabeth Scheucher-Pichler wies auf die institutionelle Zersplitterung zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung hin. Hier brauche es eine gemeinsame Lösung.

 

Verena Nussbaum (SPÖ) sprach von einem „Bürokratiedschungel“, durch den sich Menschen mit Behinderungen kämpfen müssten, um notwendige Hilfsmittel zu erhalten. Auch ältere und pflegebedürftige Menschen könnten von einem vereinfachten Zugang profitieren, betonte sie.

 

Fiona Fiedler (NEOS) machte deutlich, wie vielfältig die Kategorie der Heilbehelfe und Hilfsmittel sei – von Schuheinlagen über Windeln bis hin zu Hörgeräten. Ein derart kleinteiliges System bedürfe dringend der Vereinfachung. Ihr Parteikollege Johannes Gasser kritisierte, dass das bestehende System „weder effizient noch fair“ sei und hohe Verwaltungskosten verursache. Eine echte Verbesserung könne nur durch enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Sozialversicherungsträgern gelingen.

 

Auch Ralph Schallmeiner (Grüne) zeigte sich erfreut über die parteiübergreifende Zustimmung zu einem Antrag aus seiner Fraktion. Er betonte, dass zentrale Anlaufstellen nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern auch für chronisch Kranke notwendig seien. Als Beispiel nannte er Betroffene von ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom), die oft jahrelang auf eine Diagnose warten müssten.

 

Antrag zu ME/CFS bleibt in der Minderheit

In diesem Zusammenhang brachte Schallmeiner einen weiteren Entschließungsantrag ein, der die Einrichtung ambulanter Kompetenzzentren für Menschen mit Long-COVID und ME/CFS forderte – eine Maßnahme, die bereits im Rahmen des Finanzausgleichs mit den Bundesländern vereinbart worden sei. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit im Parlament.

 

Trotz dieses Rückschlags zeigt die breite Unterstützung für den One-Stop-Shop, dass ein parteiübergreifendes Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Entbürokratisierung im Gesundheits- und Sozialbereich vorhanden ist. Die Umsetzung des neuen Systems bleibt nun Aufgabe der Bundesregierung – gemeinsam mit Ländern und Sozialversicherungsträgern. Wann genau die zentrale Anlaufstelle in Betrieb gehen wird, ist derzeit noch offen.

 

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 


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