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AT: Budgetstreit als Dauerbrenner: Seit 1995 bleibt das Defizit ein Zankapfel der Innenpolitik

(c) Parlamentsdirektion/ Thomas Topf
(c) Parlamentsdirektion/ Thomas Topf

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦ (c) Parlamentsdirektion/ Thomas Topf  

Wien. Wenn Finanzminister Markus Marterbauer morgen im Nationalrat das neue Budget präsentiert, reiht sich dieser Auftritt in eine jahrzehntelange politische Tradition ein: Haushaltsverhandlungen als Schauplatz ideologischer Gegensätze und parteipolitischer Grabenkämpfe. Seit dem EU-Beitritt Österreichs im Jahr 1995 sorgt das staatliche Budget regelmäßig für Konflikte – bis hin zum Koalitionsbruch.

 

Ein Rückblick zeigt: Schon 1995 zerbrach eine große Koalition an Fragen der Haushaltsführung. Die ÖVP forderte einen strikten Sparkurs, darunter einen Frühpensionsabschlag von 30 Prozent. Die SPÖ verweigerte die Zustimmung. Das Resultat: Neuwahlen. Fast 30 Jahre später scheint die Situation kaum entschärft. Für 2025 zeichnet sich ein Staatsdefizit ab, das über den in den EU-Verträgen festgelegten Maastricht-Grenzwerten liegt. Ein Defizitverfahren durch die EU-Kommission steht im Raum.

 

Doch die Rahmenbedingungen haben sich verschärft. Während Österreich in den 1990er-Jahren vergleichsweise große nationale Spielräume hatte, sind die heutigen Budgetverhandlungen eingebettet in ein dichtes Netz europäischer Fiskalregeln. Die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die Anfang 2024 in Kraft trat, sieht strengere Kontrollmechanismen und eine schrittweise Rückführung übermäßiger Defizite vor. Für ein hoch verschuldetes Mitgliedsland wie Österreich bedeutet das eine zunehmende Verpflichtung zu nachhaltiger Haushaltsführung.

 

Der politische Handlungsspielraum ist dadurch enger geworden – nicht jedoch der Konfliktstoff. Sozialstaatliche Ausgaben, Investitionen in den Klimaschutz, steigende Zinsen und geopolitische Unsicherheiten verschärfen die Debatte um Prioritäten im Budget. Während konservative Kräfte auf Ausgabendisziplin pochen, warnen progressive Stimmen vor einer Aushöhlung öffentlicher Leistungen.

 

Die Geschichte der Zweiten Republik zeigt: Budgetfragen sind mehr als Zahlenwerke. Sie berühren Grundsatzfragen über die Rolle des Staates, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die wirtschaftspolitische Ausrichtung. Dass sie regelmäßig zu Koalitionskrisen führen, überrascht daher kaum.

 

Ob die aktuelle Regierung aus dem historischen Erfahrungsschatz lernt – oder die Konflikte erneut eskalieren –, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Eines ist jedoch sicher: Der Budgetstreit bleibt ein Dauerbrenner der österreichischen Innenpolitik.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 


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