­
 · 

SARS-CoV-2 kann Herzmuskelzellen dauerhaft schädigen – neue Hinweise auf Long-COVID-Risiko

DMZ – FORSCHUNG ¦ Lena Wallner ¦ 

 

Möglicher Zusammenhang mit Brustschmerzen, Herzrhythmusstörungen und plötzlichem Herztod nach einer Corona-Infektion

 

Mit dem Abklingen der akuten Corona-Wellen rücken die Langzeitfolgen stärker in den Fokus – besonders die Auswirkungen auf das Herz. Eine neue Studie, veröffentlicht im Journal of Advanced Research (Mai 2025), zeigt erstmals: Das Coronavirus kann die Energiezentralen der Herzmuskelzellen – die Mitochondrien – nachhaltig schädigen. Das könnte erklären, warum viele Long-COVID-Betroffene über anhaltende Herzbeschwerden klagen.

 

Herzprobleme nach Corona: Was die neue Studie zeigt

Das Forschungsteam um Wenliang Che und Zheng Liu untersuchte Herzgewebe von fünf Patientinnen und Patienten, die Monate nach überstandener COVID-19-Infektion schwerwiegende Herzprobleme entwickelten – darunter Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Herzinfarkt oder sogar plötzlicher Herztod bei körperlicher Belastung.

 

Die Forscher führten Herzmuskelbiopsien durch und analysierten die Zellen unter dem Elektronenmikroskop. Das Ergebnis: In allen Fällen waren die Mitochondrien – also die „Kraftwerke“ der Zellen – stark geschädigt, und die Muskelstruktur der Herzmuskelfasern war deutlich verändert.

 

Virus stört Energieversorgung im Herzen

Auch in Labormäusen, die mit SARS-CoV-2 infiziert wurden, fanden sich ähnliche Zellveränderungen. Dabei zeigten genetische und proteinbezogene Analysen, dass das Virus vor allem jene Prozesse stört, die für die Energieproduktion im Herzen entscheidend sind.

 

„Herzmuskelzellen benötigen besonders viel Energie, weil sie ununterbrochen arbeiten“, erklären die Autorinnen und Autoren. Wird die Energieversorgung durch beschädigte Mitochondrien gestört, kann das zu Symptomen wie Herzstolpern, Brustschmerzen oder rascher Erschöpfung führen – Beschwerden, die viele Long-COVID-Betroffene kennen.

 

Schäden auch ohne akute Herzsymptome

Besonders bemerkenswert: Einige der Patient:innen hatten während der akuten Infektion keine klassischen Herzsymptome. In einem Fall wurde nur durch auffällig hohe Troponinwerte – ein Marker für Herzmuskelschäden – überhaupt eine kardiologische Abklärung eingeleitet.

 

Die Forschenden betonen deshalb, dass Long-COVID-Betroffene mit unklaren Herzbeschwerden konsequenter untersucht werden sollten – idealerweise inklusive Herzmuskelbiopsie, wie sie in internationalen Fachleitlinien empfohlen wird.

 

Nicht das Virus allein – auch Entzündungen spielen wohl eine Rolle

Interessanterweise fanden die Forscher keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass das Virus in jedem Fall direkt Herzmuskelzellen befällt. Wahrscheinlicher sei, dass auch systemische Entzündungen, Immunreaktionen oder Durchblutungsstörungen zum Zellschaden beitragen. Die Mitochondrienschäden könnten dabei sowohl Ursache als auch Verstärker der Probleme sein.

 

Long COVID ernst nehmen – besonders bei Herzsymptomen

Die Studie liefert wichtige neue Hinweise auf einen möglichen Mechanismus hinter den Herzproblemen bei Long COVID – und unterstreicht die Bedeutung langfristiger ärztlicher Betreuung nach einer Corona-Infektion. Denn nicht alle Schäden lassen sich mit herkömmlichen Untersuchungen wie EKG oder Ultraschall erkennen.

 

Bei anhaltender Erschöpfung, Brustschmerzen oder Herzstolpern nach einer Corona-Erkrankung sollte daher immer auch an Long COVID gedacht und gegebenenfalls genauer nachgeforscht werden.

 

 

 

 

Quelle:

Che, W. et al. (2025): SARS-CoV-2 damages cardiomyocyte mitochondria and implicates long COVID-associated cardiovascular manifestations. Journal of Advanced Research


 

Unterstützen Sie uns jetzt!

Seit unserer Gründung steht die DMZ für freien Zugang zu Informationen für alle – das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wir möchten, dass jeder Mensch kostenlos faktenbasierte Nachrichten erhält, und zwar wertfrei und ohne störende Unterbrechungen.

Unser Ziel ist es, engagierten und qualitativ hochwertigen Journalismus anzubieten, der für alle frei zugänglich ist, ohne Paywall. Gerade in dieser Zeit der Desinformation und sozialen Medien ist es entscheidend, dass seriöse, faktenbasierte und wissenschaftliche Informationen und Analysen für jedermann verfügbar sind.

Unsere Leserinnen und Leser machen uns besonders. Nur dank Ihnen, unserer Leserschaft, existiert die DMZ. Sie sind unser größter Schatz.

Sie wissen, dass guter Journalismus nicht von selbst entsteht, und dafür sind wir sehr dankbar. Um auch in Zukunft unabhängigen Journalismus anbieten zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.

Setzen Sie ein starkes Zeichen für die DMZ und die Zukunft unseres Journalismus. Schon mit einem Beitrag von 5 Euro können Sie einen Unterschied machen und dazu beitragen, dass wir weiterhin frei berichten können.

Jeder Beitrag zählt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!


Fehler- und Korrekturhinweise

Wenn Sie einen Fehler entdecken, der Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollte, teilen Sie ihn uns bitte mit, indem Sie an intern@mittellaendische.ch schreiben. Wir sind bestrebt, eventuelle Fehler zeitnah zu korrigieren, und Ihre Mitarbeit erleichtert uns diesen Prozess erheblich. Bitte geben Sie in Ihrer E-Mail die folgenden Informationen sachlich an:

  • Ort des Fehlers: Geben Sie uns die genaue URL/Webadresse an, unter der Sie den Fehler gefunden haben.
  • Beschreibung des Fehlers: Teilen Sie uns bitte präzise mit, welche Angaben oder Textpassagen Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollten und auf welche Weise. Wir sind offen für Ihre sinnvollen Vorschläge.
  • Belege: Idealerweise fügen Sie Ihrer Nachricht Belege für Ihre Aussagen hinzu, wie beispielsweise Webadressen. Das erleichtert es uns, Ihre Fehler- oder Korrekturhinweise zu überprüfen und die Korrektur möglichst schnell durchzuführen.

Wir prüfen eingegangene Fehler- und Korrekturhinweise so schnell wie möglich. Vielen Dank für Ihr konstruktives Feedback!

Kommentare: 0