
DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦
Wien. Die Woche vom 5. bis 9. Mai 2025 steht im österreichischen Parlament im Zeichen der historischen Verantwortung und der europäischen Zukunft. Mit einer Gedenkveranstaltung zu den Verbrechen im NS-Euthanasiezentrum Schloss Hartheim, einem Festakt zum 30-jährigen EU-Beitritt Österreichs und einer Buchpräsentation des renommierten Menschenrechtsanwalts Philippe Sands gelingt dem Hohen Haus eine eindrucksvolle Verbindung von Gedenken, Reflexion und politischer Aktualität.
Schloss Hartheim: Erinnerung an das Unsagbare
Am 5. Mai wird im Nationalratssaal der Opfer von Schloss Hartheim gedacht. Dort wurden zwischen 1940 und 1944 im Rahmen des nationalsozialistischen "Euthanasieprogramms" rund 30.000 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen ermordet. Die Gedenkveranstaltung bringt das Leid der Opfer zurück ins Bewusstsein und verleiht ihnen eine Stimme: Schauspielerin Kristina Sprenger liest aus Biografien Ermordeter – ein eindringlicher Moment, der verdeutlicht, dass hinter jeder Zahl ein Mensch, ein Leben, eine Geschichte steht.
Begleitet wird die Veranstaltung von einer Podiumsdiskussion mit Historiker:innen, Abgeordneten und Nachkommen von Opfern. Besonders bemerkenswert ist die Auseinandersetzung mit der Frage, wie Erinnerungskultur heute lebendig gehalten werden kann – und welche Rolle dabei staatlichen Institutionen wie dem Parlament zukommt.
30 Jahre EU-Beitritt: Eine Festrede für Europa
Der 9. Mai – Europatag – markiert gleichzeitig das 30. Jubiläum des EU-Beitritts Österreichs. In einem feierlichen Festakt würdigt das Parlament diesen historischen Meilenstein. EU-Kommissar Magnus Brunner hält die Festrede und betont die Bedeutung eines geeinten Europas in Zeiten globaler Krisen, wachsender Polarisierung und geopolitischer Herausforderungen.
Anschließend diskutieren namhafte Zeitzeug:innen der Beitrittsverhandlungen – darunter Altbundeskanzler Franz Vranitzky und die ehemalige Außenministerin Benita Ferrero-Waldner – über die europäische Entwicklung Österreichs, die Lehren der Vergangenheit und die Perspektiven für eine resiliente europäische Union. Der Festakt unterstreicht die zentrale Rolle des Parlaments als Ort der demokratischen Verankerung europäischer Werte.
Philippe Sands: Auf der Spur von NS-Tätern in Chile
Ebenfalls am 9. Mai präsentiert der britische Völkerrechtler und Bestsellerautor Philippe Sands im Rahmen der Reihe „Literatur am Ring“ sein neues Werk „Die Verschwundenen von Londres 38“. Darin deckt Sands die Spuren des NS-Verbrechers Walther Rauff auf, der nach dem Krieg in Chile Unterschlupf fand und unter dem Pinochet-Regime weiterhin Einfluss ausübte.
Sands’ akribisch recherchiertes Buch wirft nicht nur ein Licht auf wenig bekannte Aspekte der Nachkriegsgeschichte, sondern auch auf die Rolle westlicher Staaten bei der Duldung und Deckung geflüchteter NS-Täter. Die Präsentation im Parlament gibt dem Werk eine besondere Bühne – und setzt ein klares Zeichen für die Aufarbeitung historischer Schuld über nationale Grenzen hinaus.
Politischer Betrieb: Gedenken trifft Gesetzgebung
Neben den Gedenk- und Kulturveranstaltungen wird auch die reguläre parlamentarische Arbeit fortgeführt. Auf der Agenda stehen unter anderem Sitzungen des Konsumentenschutzausschusses, Beratungen im Bundesrat zur Aussetzung des Familiennachzugs sowie Berichte des Rechnungshofausschusses.
Diese Parallelität von historischer Reflexion und demokratischer Praxis macht sichtbar, dass politische Verantwortung nicht nur durch Worte, sondern auch durch konkrete Entscheidungen gelebt wird.
Ein Parlament im Dialog mit der Geschichte
Die Parlamentswoche zeigt eindrucksvoll, wie politische Institutionen Verantwortung übernehmen können – nicht nur durch Gesetzgebung, sondern auch durch bewusste Auseinandersetzung mit der Geschichte und engagierten europäischen Diskurs.
In einer Zeit, in der demokratische Grundwerte zunehmend unter Druck geraten, setzt das österreichische Parlament ein starkes Zeichen: Für Erinnerung. Für Aufklärung. Für Europa.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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