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Klärung falscher Aussagen zur Keuchhusten-Welle in der Schweiz

DMZ – WISSENSCHAFT ¦ Sarah Koller ¦    

 

Die Schweiz erlebt derzeit einen Anstieg der Keuchhusten-Fälle, was besonders für ungeimpfte Säuglinge gefährlich ist.

Im Zusammenhang mit dieser Welle hat der Experte Ulrich Heininger einige Aussagen gemacht, die einer Korrektur bedürfen.

 

Keine "Immunschuld" und kein "Training" des Immunsystems

Heininger behauptet, dass das Immunsystem während der Corona-Pandemie das "tägliche Training" im Kontakt mit anderen Menschen und Mikroorganismen verpasst habe und daher jetzt anfälliger sei. Diese Vorstellung einer sogenannten "Immunschuld" ist wissenschaftlich nicht haltbar. 

 

Immunschuld ist ein irreführendes Konzept

Der Begriff "Immunschuld" suggeriert, dass das Immunsystem aufgrund reduzierter Exposition gegenüber Krankheitserregern während der Pandemie geschwächt sei. Dies widerspricht dem aktuellen Verständnis der Immunologie. Das Immunsystem wird nicht "schwach", weil es weniger mit Krankheitserregern in Kontakt kommt. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass eine temporäre Verringerung von Infektionen das Immunsystem langfristig beeinträchtigt.

 

Immunsystem und Training

Das Immunsystem ist nicht wie ein Muskel, der durch kontinuierliches "Training" stärker wird. Es ist ein hochkomplexes System, das auf vielfältige Weise aktiviert wird, auch durch Impfungen, frühere Infektionen und genetische Faktoren. Eine verminderte Exposition gegenüber bestimmten Erregern führt nicht zu einer dauerhaften Schwächung des Immunsystems.

 

Anstieg der Keuchhusten-Fälle und die Rolle der Impfung

Ulrich Heininger betont, dass die Keuchhusten-Impfung eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent hat, was bedeutet, dass einer von zehn Geimpften nicht vollständig geschützt ist. Trotz dieser hohen Wirksamkeit wird ein Anstieg der Fallzahlen beobachtet, der auf die Aufhebung der Corona-Maßnahmen zurückgeführt wird. Würden die Maßnahmen fortgesetzt, wäre diese Krise vermeidbar gewesen.

 

Der Anstieg von Infektionskrankheiten nach der Aufhebung von Pandemie-Maßnahmen ist gut dokumentiert. Maßnahmen wie soziale Distanzierung, Maskentragen und Hygienemaßnahmen haben nicht nur die Verbreitung von COVID-19, sondern auch anderer Infektionskrankheiten wie Keuchhusten reduziert. Mit der Aufhebung dieser Maßnahmen steigt die Exposition gegenüber Erregern wieder an, was zu einem Anstieg der Fallzahlen führt.

 

Die Keuchhusten-Impfung ist effektiv, aber wie jede Impfung bietet sie keinen absoluten Schutz. Das bedeutet, dass geimpfte Personen in seltenen Fällen dennoch erkranken können. Weiteren verlässlichen Schutz bieten das Tragen von Masken und saubere Luft (Lufthygiene). 

Masken und gute Belüftung können die Übertragung von Atemwegsinfektionen verringern. Studien haben gezeigt, dass Masken das Risiko der Ausbreitung von Krankheitserregern durch Tröpfchen und Aerosole erheblich reduzieren können. Ebenso tragen saubere Luft und effektive Belüftungssysteme dazu bei, die Konzentration von Erregern in Innenräumen zu senken.

 

Post-Covid-Effekte

Der Anstieg der Fallzahlen nach dem Ende von Pandemie-Maßnahmen ist eine Folge der erhöhten Exposition gegenüber Krankheitserregern, nicht eines "geschwächten" Immunsystems. Während der Pandemie reduzierten die Maßnahmen die Übertragung von vielen Infektionskrankheiten. Nach ihrer Aufhebung kehren die sozialen Interaktionen und damit auch die Exposition gegenüber Erregern zurück, was zu einem Anstieg der Infektionsraten führt.

 

Fazit

Die aktuellen Aussagen von Ulrich Heininger zur sogenannten "Immunschuld" und der Notwendigkeit eines "Trainings" des Immunsystems sind wissenschaftlich nicht fundiert.

 

Der Anstieg der Keuchhusten-Fälle kann eher durch die vermehrte Verbreitung von Erregern nach dem Ende der Pandemie-Maßnahmen erklärt werden. Es bleibt wichtig, die Impfraten hoch zu halten und insbesondere gefährdete Gruppen wie Säuglinge und Schwangere zu schützen. 

 

 

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