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AT: Inflation: SPÖ wirft Regierung in Aktueller Europastunde des Nationalrats unterlassene Hilfeleistung vor

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                  

 

Wien - "Europäische Maßnahmen gegen die Inflation: Wann werden Sie endlich aktiv, Herr Bundeskanzler, und folgen dem erfolgreichen Beispiel anderer EU-Länder?" - so lautete das Thema, das die SPÖ für die Aktuelle Europastunde im Nationalrat heute gewählt hat. Bundeskanzler Karl Nehammer sprach sich gegen "toxische Kritik" aus und verwies auf wirksame Maßnahmen und hohe Kaufkraft in Österreich. Die FPÖ sieht in der europäischen Klimapolitik den nächsten großen Preistreiber.

 

SPÖ spricht der Regierung das Misstrauen aus

Österreich hat die höchste Inflationsrate in Westeuropa, aber "Inflation ist kein Naturgesetz", kritisierte SPÖ-Nationalratsabgeordneter Jörg Leichtfried. Die Bundesregierung hat es versäumt, in der Inflationskrise zu handeln, daher wird die SPÖ während der heutigen Nationalratssitzung der gesamten Bundesregierung das Misstrauen aussprechen, kündigte Leichtfried an.

 

Die SPÖ fordert seit mehr als zwei Jahren Markteingriffe, um der Inflation entgegenzuwirken, so Leichtfried. Die von der Regierung angekündigte Mietpreisbremse sei nur ein "Tropfen auf den heißen Stein". Die SPÖ fordert eine Mietenstopp für die nächsten zwei Jahre, die Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, die Einsetzung einer Anti-Inflationskommission und eine effektive Windfall-Steuer.

 

Nehammer: Angst ist ein schlechter Antrieb

Bundeskanzler Karl Nehammer (VP) sprach sich gegen "toxische Kritik" aus, denn die Situation in Österreich sei viel stärker und besser als von der SPÖ immer wieder dargestellt. Angst sei ein schlechter Antrieb, und den Menschen müsse Vertrauen und Klarheit gegeben werden, sagte Nehammer. Es gab drei große Maßnahmenpakete, um die Menschen durch die Krise zu unterstützen, und die Fakten zeigen, dass die Maßnahmen greifen, argumentierte Nehammer. So liegt die Arbeitslosigkeit derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 2019, insbesondere bei älteren Menschen konnte sie dramatisch gesenkt werden. Tatsächlich sei die Inflation ein großes Problem, aber die "Richtung stimmt", sagte Nehammer. Denn die Inflation ist bereits von 11 % im Jänner auf 7,4 % im August gesunken und werde weiter sinken. Nehammer erklärte den Anstieg der Inflation um 0,4 % im August im Vergleich zum Vormonat mit der "Gewichtung des österreichischen Warenkorbs", in dem Tourismus und Dienstleistungen stärker berücksichtigt seien als in anderen Ländern.

Es sei auch unwahr, dass Österreich Menschen, die unter der Inflation leiden, nicht helfe. So wurden Familien- und Sozialleistungen angepasst und Wohn- und Heizkostenzuschüsse bereitgestellt, betonte der Bundeskanzler und appellierte erneut: "Glauben wir gemeinsam an dieses Österreich".

 

ÖVP-Nationalratsabgeordneter Christian Stocker betonte ebenfalls positive Entwicklungen und argumentierte, dass sich Österreich nicht vor Vergleichen mit anderen Ländern scheuen sollte. Die Armutsgefährdung in Österreich ist seit 2015 nicht gestiegen, und die Kaufkraft in Österreich ist europaweit am höchsten.

 

ÖVP-Nationalratsabgeordneter Peter Weidinger kritisierte die "unglaubwürdige Politik" der SPÖ. In Zeiten der Inflation gab es in der von der SPÖ regierten Stadt Wien Gebührenerhöhungen und anstelle einer Mietpreisbremse gab es nur eine Einmalzahlung.

 

ÖVP-Europaabgeordnete Barbara Thaler forderte einen langfristigen Blick auf die Inflation. Dafür muss der europäische Binnenmarkt arbeiten und weiter gestärkt werden. Darüber hinaus bedarf es einer Diversifizierung der Lieferanten, um die Abhängigkeiten Europas zu verringern.

 

Grüne: Umgesetzte Maßnahmen zeigen Wirkung

Auch der grüne Koalitionspartner wies auf positive Effekte der umgesetzten Maßnahmen hin: Nationalratsabgeordneter Markus Koza (Grüne) verwies auf eine Studie des Budgetdienstes des Parlaments. Die Studie zeigt, dass 70 % der Maßnahmen im Kampf gegen die Inflation dauerhafte Maßnahmen waren und die "unteren 20 % am meisten profitiert" haben, sagte Koza.

In Bezug auf die SPÖ kritisierte die Grüne Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli, dass in der Debatte über die Inflation "die Fakten zunehmend Überschriften weichen" und dies "nur den extremen Rechten" zugutekommt.

 

SPÖ: Unterlassene Hilfeleistung

Die Situation ist zu ernst, um sie schönzureden, sagte SPÖ-Abgeordnete Julia Herr und warnte vor Fehlinformationen. Denn Inflation und Arbeitslosigkeit seien im August wieder gestiegen. Österreich ist deutlich schlechter als andere Länder aus der Inflationskrise herausgekommen, die in Preise und Märkte eingegriffen haben. Herr sieht darin eine "unterlassene Hilfeleistung" der Bundesregierung. "Keine einzige Initiative wird heute beschlossen", kritisierte auch SPÖ-Klubobmann Philip Kucher. Der Bundeskanzler habe laut Kucher "den Kontakt zu den Menschen völlig verloren" und "lasse sie im Stich".

 

SPÖ-Europaabgeordneter Günther Sidl kritisierte die Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas und forderte, dass Energieversorger in ganz Europa wieder stärker in öffentlicher Hand sein sollten, um bessere Kontrollmöglichkeiten in Krisenzeiten zu gewährleisten.

 

FPÖ: Green Deal als "Green Desaster"

Die europäischen Ursachen der Inflationskrise dürfe man nicht außer Acht lassen, sagte FPÖ-Nationalratsabgeordnete Petra Steger. Sie sieht die Wurzeln der hohen Inflation in der "fanatischen COVID-Lockdown-Politik" und der Schulden- und Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Daher sollten "das Zahlen und Haften für andere Länder" und die Teilnahme am Wirtschaftskrieg beendet werden. Außerdem sei die europäische Klimapolitik laut Steger "eine politisch gewollte Verteuerung" der Energie und ein "Programm zur Deindustrialisierung Europas". FPÖ-Europaabgeordneter Georg Mayer kritisierte den europäischen Green Deal scharf und nannte ihn ein "Green Desaster" und forderte einen sofortigen Stopp des Green Deal, da es sich dabei um ein "weiteres Belastungspaket" handle.

 

FPÖ-Nationalratsabgeordnete Dagmar Belakowitsch sagte, dass die Kaufkraft in Österreich zwar relativ hoch sei, es aber Länder gebe, die eine noch höhere Kaufkraft hätten, wie beispielsweise die Schweiz, Dänemark und das Vereinigte Königreich. Laut Belakowitsch liegt dies daran, dass diese Länder nicht zur Eurozone gehören.

 

Begleiten Sie Green Deal mit sozialen Maßnahmen

Die Grüne Europaabgeordnete Monika Vana betonte, dass der europäische Green Deal gegen Inflation und Stagnation wirke. Es müsse ein gerechter und grüner Übergang in Europa in der Klimapolitik gelingen, der von sozialen Maßnahmen ergänzt werde.

 

NEOS: Preisdeckel kontraproduktiv

NEOS-Nationalratsabgeordneter Gerald Loacker warnte vor "Knappheitspolitik". Niedrigere Preise, etwa im Energiesektor, würden zu einer erhöhten Nachfrage und somit zu einem Mangel an Angebot führen, und der Anreiz, Strom zu sparen, würde abnehmen. Außerdem kritisierte Loacker die von der SPÖ geforderte 32-Stunden-Woche, da dies die Inflation weiter anheizen würde.

 

NEOS-Nationalratsabgeordnete Karin Doppelbauer sprach von einer "gescheiterten Energiepolitik". In Bezug auf die Gasversorgung kritisierte sie teure, einschränkende Verträge und die hohe Abhängigkeit von Russland sowie die Tatsache, dass die Regierung keine wirksamen Maßnahmen ergreift, um aus diesen Verträgen auszusteigen. Sie kritisierte auch, dass die Stromversorger in Österreich, obwohl sie zu 80 % staatliche Unternehmen sind, Preisreduktionen nicht an die Bevölkerung weitergeben.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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