DMZ – SOZIALES ¦ Patricia Jungo ¦
KOMMENTAR
In unserer Zeit unterliegen wir sehr oft dem Zwang, möglichst nützlich und kompetent erscheinen zu müssen. So verhält es sich in der Tat in vielen Bereichen. In Sachen Hilfe anbieten scheint dies etwas anders zu sein und was an erster Stelle steht, ist die echte Anteilnahme.
Lange wurde die Wirkung mitfühlender Worte unterschätzt und Nützlichkeit und Kompetenz waren das Wichtigste. Wenn nahestehende Personen in einer Krise stecken, von Geldsorgen, Krankheit oder familiären Problemen betroffen sind, wagt das Umfeld oft nicht, sie darauf anzusprechen. Man sorgt sich, dass die Personen unangenehm berührt sein könnten und sagt dann oft lieber gar nichts. Diese Sorge ist jedoch nicht begründet und die Betroffenen reagieren auf die verbale Unterstützung viel positiver als erwartet. Dies zeigt das Ergebnis einer Studienreihe mit mehr als 600 Probandinnen und Probanden in der Fachzeitschrift „Psychological Science“.
Sozialpsychologe Nicholas Epley und seine Kollegen von der University of Chicago, ging vorerst der Frage auf die Spur, warum Menschen denn gehemmt sind, ihre Hilfe anzubieten. In diesem Zusammenhang erhielten die 100 Probandinnen und Probanden den Auftrag, an eine befreundete oder verwandte Person zu schreiben, die gerade mit einem Problem konfrontiert war. Je mehr die Versuchspersonen an eine positive Wirkung ihrer Nachricht glaubten, desto grösser war ihre Bereitschaft diese zu verschicken. Es ging dabei erstaunlicherweise gar nicht darum, wie gross sie die Not der Betroffenen einstuften. Ein weitertes Experiment mit Studierenden beruhte darauf, eine derartige Nachricht an eine bekannte Person auf dem Campus zu senden. Auch hier war das Resultat wieder überraschend und es war den Adressaten viel weniger unangenehm, als die Absender vermutet hatten.
Auch die warmherzigen Worte hatten eine kompetentere Wirkung als angenommen. Wieder standen die erwarteten Reaktionen und die tatsächlich eingetretenen in keinem Zusammenhang. Die Absender wussten absolut nicht, wie ihre Nachricht aufgenommen werden würde. Die Reaktion von entfernten Bekannten war dabei gleichermassen positiv wie jene von nahestehenden Freunden. Dasselbe Muster trat auch bei Unbekannten auf, die sich erst im Labor kennen lernten. Eine Person hatte den Auftrag, eines ihrer Probleme zu schildern und die andere sollte darauf verbal reagieren, also beispielsweise Mitgefühl ausdrücken. Auch hier wieder kam die Unterstützung viel besser an als vermutet.
Für die drei Forscher gründet diese Diskrepanz auf den unterschiedlichen Perspektiven. Dies leiteten sie aus einer weiteren Studie mit fiktiven Fallbeispielen ab. Die Betroffen setzten demnach eine warmherzige, echte Anteilnahme an die erste Stelle. Die Helfenden hingegen waren der Überzeugung, als besonders kompetent und nützlich erscheinen zu müssen. Da sie Zweifel an ihrer kompetenten Unterstützung hatten, zögerten sie. Sie unterschätzten eindeutig und systematisch, wie positiv jede Form von ehrlichem Beistand anklingt. Aus diesem Grund blieben viele Gelegenheit zu unterstützen und zu helfen, ungenutzt.
Quelle:
±www.spektrum.de±
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