DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦
Die Koalitionsparteien wollen das Förderinstrument für Investitionen in die Dekarbonisierung der Industrie flexibler gestalten. Ermöglicht werden soll das durch eine Änderung des Vergabemodus, die heute den Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen passierten. Die Förderungen zur Transformation der Industrie sollen demnach, wie es auch bei anderen Förderung der Fall ist, nicht nur im Rahmen von Ausschreibungen vergeben werden können.
Vertagt wurden von ÖVP und Grünen zwei Oppositionsanträge zu Energiethemen. Die NEOS sprechen sich für mehr Tempo beim Netzausbau in Hinblick auf erneuerbare Energien aus und thematisieren dabei die Rolle der Verteilnetzbetreiber. Die Freiheitlichen sind der Ansicht, dass viele Anhebungen von Strompreisen in den letzten Monaten rechtlich nicht begründet werden können. Sie fordern daher eine Rückerstattung an Endverbraucher:innen, wenn Strompreiserhöhungen sich als rechtswidrig erweisen sollten.
Der Wirtschaftsausschuss nahm einen Bericht von Energieministerin Leonore Gewessler über die im September 2022 erfolgte Freigabe von Diesel aus den Pflichtnotstandsreserven mehrheitlich, ohne die Stimmen der Freiheitlichen, zur Kenntnis. Energieministerin Gewessler teilte den Abgeordneten mit, dass Österreich die Auffüllung der sogenannten Pflichtnotstandsreserve von Erdöl und Erdölprodukten bis Ende März erreicht haben werde. Darüber hinaus seien aktuell die Gasspeicher zu zwei Dritteln befüllt, teilte die Ministerin mit.
Förderungen zur Transformation der Industrie sollen flexibler werden
Dem Wirtschaftsausschuss lag eine Gesetzesinitiative der Koalitionsparteien zum Umweltförderungsgesetz vor, die ursprünglich nur redaktionelle Anpassungen zum Inhalt hatte ( 3255/A). Mit einem Abänderungsantrag brachten die Koalitionsfraktionen im Wirtschaftsausschuss eine Neuerung des Vergabemodus eines wichtigen Förderinstruments zur Transformation der Wirtschaft auf den Weg. Wie Lukas Hammer (Grüne) ausführte, stelle das Fördervehikel zur Transformation der Wirtschaft ein gänzlich neues, ambitioniertes Instrument der Umweltförderungen dar, um ambitionierte Ziele zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern erreichen zu können. Derzeit befinde es sich noch in der Pilotphase. Der vorgelegte Abänderungsantrag enthalte eine kleine, aber essentielle Änderung, die das Förderinstrument flexibler machen solle. Projekte kleineren und mittleren Umfangs könnten damit ohne vorherige Ausschreibung gefördert werden, soweit dem keine beihilfenrechtlichen Vorgaben entgegenstehen. Dabei müsse aber selbstverständlich ein offenes, klares, transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren sichergestellt und beihilfenrechtlichen Vorgaben entsprochen werden, betonte Hammer. Die Änderung soll laut dem Antrag vorerst bis zum 31. Dezember 2023 befristet sein.
Christoph Matznetter (SPÖ) und Michael Bernhard (NEOS) kritisierten die kurzfristige Einbringung des Abänderungsantrags. Beide betonten aber auch, dass ihre Fraktion die Sinnhaftigkeit des Antrags überprüfen und eventuell im Plenum des Nationalrats die Zustimmung geben werde.
NEOS fordern raschen Ausbau des Netzes für erneuerbare Energien
Die NEOS fordern mehr Transparenz und Innovation in der Frage des Ausbaus des Energienetzes sowie bei Anschlüssen und Entgelten seitens der Verteilernetzbetreiber ein ( 2753/A(E)). Da die Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien von größter Bedeutung sei, fordere seine Fraktion ein Maßnahmenpaket zur Optimierung der Rolle der Verteilnetzbetreiber bei der Energiewende, führte NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard aus. Diese Schlüsselunternehmen des Energiesystems müssten in Hinblick auf Transparenz sowie Service- und Kommunikationskultur stärker in die Pflicht genommen werden, meinte Berhard. Zwar seien gerade in Hinblick auf erneuerbare Energie viele Versprechen zum Ausbau der Netze gemacht, diese aber nicht erfüllt worden. Der Antrag seiner Fraktion ziele insbesondere darauf ab, dass die Unternehmen Anschlüsse für Anlagen von erneuerbarer Energie garantieren und rasch die entsprechende Infrastruktur gewährleisten müssten. Mehr Transparenz sei nicht nur bei den Ausbauplänen, sondern auch bei den Netzanschlussgebühren für neue Anlagen erforderlich.
Christop Stark (ÖVP) wandte ein, dass in den letzten Jahren sehr viel in den Ausbau der Netze investiert worden sei. Zweifellos sei aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Bedarf stark gestiegen. Allerdings hätten auch Regulierungsvorschriften es nicht erlaubt, einen Ausbau "auf Vorrat" vorzunehmen und Kund:innen für ein überdimensioniertes Netz bezahlen zu lassen. Man müsse den Unternehmen auch Zeit geben, ihre Pläne umzusetzen, begründete er seinen Vertagungsantrag.
Bundesministerin Leonore Gewessler betonte, dass der Ausbau der Netze rasch vorangetrieben werde. Sie wies auf eine in Ausarbeitung befindliche Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetzes (ElWOG) hin, die auch die Rolle der Verteilnetzbetreiber als wichtige Partner der Energiewende berücksichtigen werde. Geplant sei unter anderem, dass die Unternehmen mehrjährige Ausbaupläne vorlegen sollen. Zudem sei in einer Studie in der Steiermark erhoben worden, welche Hürden es für die Anschlüsse von Photovoltaikanlagen gebe, um entsprechende Verbesserungen umsetzen zu könne.
FPÖ fordert Rückzahlungen im Fall von "rechtswidrigen" Strompreisen
Aus Sicht der FPÖ sind die aktuellen Strompreiserhöhungen oft nicht rechtlich begründbar. Die Freiheitlichen fordern daher die Bundesregierung auf, Maßnahmen dagegen zu ergreifen und auf heimische Energieversorgungsunternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzuwirken. Vor allem müsse eine Rückerstattung von zu hohen Mehrkosten an die Strom-Endverbraucher:innen, wenn es eine solche "rechtswidrige Strompreiserhöhung" gegeben habe, erfolgen. FPÖ-Abgeordneter Christian Ragger wies in seiner Begründung des Antrags auf mehrere Verfahren hin, in denen eine solche Rechtswidrigkeit klar festgestellt worden sei ( 3210/A(E)).
Lukas Hammer (Grüne) sprach von einem unklar formulierten Antrag, der nicht erkläre, welche Handhabe die Ministerin hätte, um auf private Unternehmen einzuwirken, und hielt eine Vertagung für angebracht.
Gewessler erwartet vollständige Auffüllung der Pflichtnotstandsreserven mit Ende März
Nach einem Zwischenfall in der OMV-Raffinerie Schwechat erfolgte im Sommer 2022 eine Freigabe vom Erdöl und Erdölprodukten aus den österreichischen Pflichtnotstandsreserven, um den Energiemarkt zu stabilisieren. Wie Energieministerin Gewessler im Ausschuss ausführte, erfolgten im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats insgesamt vier Freigaben aus der Pflichtnotstandsreserve. Der dem Wirtschaftsausschuss vorliegende Bericht behandelte die Freigabe von 60.000 Tonnen Diesel zur Sicherstellung der kurzfristigen Versorgung des heimischen Marktes im September 2022. Die Erdöl-Lagergesellschaft m.b.H. (ELG) habe dem Klimaschutz- und Umweltministerium (BMK) eine Bestätigung über die verordnungsgemäße Umsetzung der Energie-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung übermittelt, führte Gewessler aus ( III-837 d.B.). 60.000 Tonnen Diesel konnten damit dem Mineralölmarkt in Österreich zugeführt werden, um Engpässe zu vermeiden. Laut der ELG sei auch die Wiedereinlagerung der Mengen, die im September 2022 freigegeben wurden, mit 30. November 2022 abgeschlossen worden, teilte Gewessler den Abgeordneten mit. Sie könne zudem berichten, dass die vollständige Wiederbefüllung der Pflichtnotstandsreserve bereits mit 31. März 2023 zu erwarten sei, fügte die Ministerin hinzu.
Christoph Matznetter stellte das aktuelle Bevorratungssystem von Erdöl und Erdölprodukten sowie von Erdgas grundsätzlich in Frage und meinte, es erlaube Unternehmen, Reserven teuer zu verkaufen und die Wiederbefüllung vorzunehmen, wenn die Preise wieder gefallen seien. Damit sichere ihnen das System ein "Körberlgeld", das nicht gerechtfertigt sei und an die Kund:innen zurückgegeben werden müsste. Matznetter wollte auch wissen, ob bei dem Vorfall in der Raffinerie Schwechat, die die Freigabe der Notfallreserve erst notwendig gemacht habe, Sabotage ausgeschlossen werden könne.
Michael Bernhard (NEOS) wollte wissen, wie es mit der Gasreserve in Hinblick auf den nächsten Winter aussehe und ob auch an eine Bevorratung von alternativen Energieträgern, etwas Holzpellets, gedacht sei.
Axel Kassegger (FPÖ) kritisierte das Vorgehen des Bundes in der Gasbevorratung. Da man eingekauft habe, als die Preise hoch waren, und verkaufe, nachdem die Preise wieder gefallen seien, drohe ein hoher Verlust für die Republik. Schätzungen würde von einem Wertverlust der strategischen Gasreserve von 3,2 Mrd. € ausgehen, das sei eine nicht zu vernachlässigende Summe.
Lukas Hammer (Grüne) wies darauf hin, dass die Notstandsreserve den Unternehmen gehöre, der Staat nehme daher keinen Einfluss auf Preise, sondern könne nur die Freigabe anordnen, was sicherstelle, dass die Preise stabilisiert werden. Die Erdgasbevorratung sei in Reaktion auf eine Situation erfolgt, in der man nicht wissen konnte, ob die Gaslieferungen nicht vollständig gestoppt werden, und war daher im Sinne der Versorgungssicherheit absolut richtig gewesen. Zudem sorge die Existenz einer strategischen Gasreserve selbst wieder für Entspannung der Marktlage und damit für niedrigere Preise für die Kund:innen. Sein Fraktionskollege Jakob Schwarz ergänzte, dass Österreich auf das von Matznetter angesprochene Problem der Übergewinne von Unternehmen in der Krise mit einer Übergewinnsteuer reagiert habe, wobei man mehr getan habe, als die EU vorgebe.
Auch Energieministerin Gewessler verteidigte die Gasbevorratung als richtige Entscheidung, um Österreich gut durch den Winter zu bringen. Grundsätzlich gebe es gute Nachrichten über die Gasspeicher. Diese seien zum aktuellen Zeitpunkt zu etwas mehr als 66 % befüllt. Die Republik halte die strategische Gasreserve grundsätzlich nur für den Notfall. Falls sie eingesetzt werden sollte, sei vorgegeben, dass der Verkaufspreis wieder nahe bei den Beschaffungskosten liegen müsse, hielt Gewessler der Rechnung von FPÖ-Abgeordnetem Kassegger entgegen. Versorgungssicherheit sei zudem ein wichtiges Thema und habe auch ihren Preis, meinte die Ministerin.
Ein wesentlicher Faktor für das gute Ergebnis seien zweifellos die Einsparungsmaßnahmen, die auch weiterhin vorangetrieben werden müssten. Der kommende Winter werde jedoch zweifellos wieder eine Herausforderung darstellen. Deshalb unterstütze Österreich die EU-Initiative für einen gemeinsamen Beschaffungsvorgang bei Gas, die nun rechtlich auf den Weg gebracht worden sei und nun operativ umgesetzt werden müsse. Viele Unternehmen hätten bereits ihr Interesse daran kundgetan. Auch alternative Energieträger würden eine Rolle spielen, wenn es um die Versorgungssicherheit gehe. Eine Bevorratung von Holzpellets erfolge derzeit nicht, ihr Ressort prüfe jedoch, ob es Möglichkeiten dafür gebe, erfuhr NEOS-Abgeordneter Bernhard.
Bei Erdöl und Erdölprodukten sei die Bevorratung rein privatwirtschaftlich und durch EU-Vorgaben geregelt. Die Bundesregierung entscheide hier nur im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats nur über die Freigabe, führte die Energieministerin aus. Übergewinne würden über die Übergewinnsteuer abgeschöpft. Was den Vorfall in der Raffinerie Schwechat betreffe, so sei dieser genau untersucht worden. Dabei hätten sich keine Hinweise auf Sabotage ergeben, teilte sie SPÖ-Abgeordnetem Matznetter mit.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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