DMZ – BLICKWINKEL ¦ Ruedi Stricker ¦
Potzwilen, im Sommer. «Zeige mir, wie du isst, und ich sage dir, wer du bist.» Im Auftrag von swiss cuisine hat das IVSP Institut für Vergleichende Sozialpsychologie in Güttingen in einer Langzeituntersuchung das Essverhalten untersucht und insbesondere anhand des Umgangs mit Messern eine Typologie mit hoher Signifikanz erarbeitet. Hier das Ergebnis.
Typ 1 Der Snob
Seinem einfachen Geschmack genügt nichts – auch nicht das Beste. Kaum Platz genommen, schiebt er das Standardbesteck mit einer verächtlichen Geste zur Seite und nimmt sein eigenes heraus: Handgeschmiedeter Damaszener Stahl, auf 63 HRC gehärtete Schneide, Griff aus Cocoboloholz. Stilvoller kann man Wurstsalat nicht verspeisen.
Typ 2 Der Rüpel
Benutzt das Messer als Universalwerkzeug für Manicure, Zerkleinern von Speisen, als Zahnstocher oder auch mal um ein Brötchen aufzuspiessen. Prüft die Schärfe eines Steakmessers durch Anbringen von Kerben an der Tischkante. Erfreut sich bei Erwachsenen nur eingeschränkter Beliebtheit.
Typ 3 Der Künstler
Der Romantiker unter den Gourmets. Er braucht weder Ölfarbe noch Pinsel, Sauce und ein Messer tun’s auch. Sein kalligrafisches Werk auf dem Tellerrand treibt dem Gegenüber Tränen in die Augen. Für einen Heiratsantrag opfert er auch gern eine Tischdecke aus Damast.
Typ 4 Der Chirurg
Routiniert, aber ohne Absicht blamiert er Jene, die das Poulet mit den Fingern greifen. Für eine Black Tiger Crevette braucht er zwei Sekunden, einen Froschschenkel seziert er im Nu. Er ist das Vorbild jener Sushiköche, die mangels Medizinstudiums in der Küche statt im OP gelandet sind.
Typ 5 Der Tollpatsch
Das Gegenteil des Chirurgen. Seine Sauce trifft immer – wenn nicht das eigene Hemd, dann die Bluse seines Gegenübers. Murphy hat es eingerichtet, dass sein Weinglas nie im leeren Zustand kippt. Wenn er ein Steakmesser klaut, um seinen Frust zu kompensieren, kommt er mit ruiniertem Sakko nach Hause.
Typ 6 Der Pazifist
Ob Schwert oder Dolch: Messer sind nun mal Waffen. Dieser Typus würde auch nie eins verschenken, weil das Unglück bringt. Als Kind wurde er gehänselt: «Ein richtiger Bub hat ein Messer im Sack und nicht Gummibärchen zum Verteilen.» Ernährt sich vorzugsweise von vegetarischem Gulasch, trägt einen Bart oder rasiert sich elektrisch.
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