DMZ – BLICKWINKEL ¦ Ruedi Stricker ¦
«Eine neue Strategie muss her.»
«Als wir die Orientierung verloren, verdoppelten wir das Tempo.» Wer keine Strategie verfolgt, überlässt den langfristigen Erfolg des Unternehmens dem Zufall. Eine Strategie allein ist jedoch kein Garant für gutes Gelingen. Am Schluss entscheidet das Zusammenspiel aller wichtigen Faktoren.
Worum es geht
Strategie ist die Kunst, die Ressourcen des Unternehmens so einzusetzen, dass ein möglichst profitables, langfristiges Überleben gesichert wird. Aufgrund der Einsicht, dass ein Unternehmen nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine soziale Veranstaltung ist, verdient die Ressource Mensch und damit die Unternehmenskultur mehr Beachtung denn je. Der dritte Schlüsselfaktor im System ist die Struktur, also der organisatorische Aufbau des Unternehmens, der Effektivität und Effizienz der Prozesse massgeblich beeinflusst. Was Divergenzen zwischen diesen drei Faktoren bewirken, zeigen nachstehende Beispiele aus der Praxis.
BEISPIEL 1: DIE KULTUR BREMST DIE STRATEGIE AUS
«In den Bereichen Online und Social Media streben wir innerhalb von 3 Jahren die Marktführerschaft an...» Was im Strategiepapier einer mittelgrossen Werbeagentur gut tönt, scheitert an der Firmenkultur, die massgeblich vom Gründer und Inhaber geprägt ist. Aktivitäten auf Social Media werden in die Freizeit verbannt und Weiterbildung ist Privatsache. Die Home-Office-Pflicht wird unterlaufen mit dem Argument, es sei nicht kontrollierbar, was die Mitarbeitenden zu Hause zwischen Kühlschrank und Bett treiben. Das von Misstrauen geprägte Klima führt dazu, dass kreative, leistungswillige Mitarbeitende nach und nach zur Konkurrenz ziehen und dafür jene bleiben, die das Menschenbild des Unternehmensleiters bestätigen.
BEISPIEL 2: DIE STRUKTUR HAT KEINE ZUKUNFT
Ein KMU im Telecom-Markt richtet sich strategisch als führend im Bereich der Anwendung neuer Technologien aus. Es investiert viel Geld in Weiterbildung, das Engineering ist topfit. Wie in einer klassischen Linienorganisation üblich, liegt die Verantwortung für die Marktbearbeitung bei der Verkaufsabteilung. Und was macht der Verkauf? Getreu den Anreizstrukturen genau das, was aus seiner Sicht rentabel ist: Bestehendes, Bekanntes mit möglichst hoher Umsatzprovision an den Mann bringen. Jeder erfahrene Verkäufer weiss, worum er vorzugsweise einen grossen Bogen macht: Neue Kunden, neue Produkte, riskante Vorhaben.
BEISPIEL 3: HIERARCHIE VERSUS INNOVATION
Je kleiner die Führungsspanne, also die Anzahl der Stellen, die einer Instanz direkt untergeordnet sind, desto effektiver ist die Führung. Die Schattenseite dieses Vorteils ist in einer grösseren Unternehmung eine rasch wachsende Zahl von hierarchischen Ebenen. Die Kommunikation zwischen dem Top Management und den «normalen» Mitarbeitenden gestaltet sich langwierig und ist von Missverständnissen geprägt. Vorschläge und Ideen versanden auf dem Weg in die Teppichetage, unter den kreativen Köpfen macht sich Resignation breit. Appelle und Parolen der Geschäftsleitung werden «unten» kaum wahrgenommen oder belächelt. Ein Unternehmen, das mit dieser Problematik sehr erfolgreich umgeht, ist beispielsweise GORE (GORE-TEX). Wie im Buch «The Tipping Point» von Malcolm Gladwell nachzulesen, lässt GORE Unternehmenseinheiten nur bis zu einer Grösse von ca. 150 Mitarbeitenden wachsen. Anstelle weiteren Wachstums wird ganz einfach eine neue Unit aufgestellt.
TYPISCHE FALLEN
Wer sich mit solchen Gedanken befasst, könnte nun in Versuchung geraten, sofort etwas zu unternehmen. Deshalb eine Warnung vor den häufigsten drei Fehlern:
- Fieberhaft eine Umstrukturierung einleiten, ohne vorher genau geprüft zu haben, wohin die Reise langfristig gehen soll.
- Von oben eine andere Firmenkultur zu verordnen. Kultur entsteht durch Vorbild, und das Ändern des Führungsverhaltens geschieht nicht von heute auf morgen.
- Eine Alibiübung in Form einer Erstellung eines Leitbildes, das unerfüllbare Erwartungen schürt.
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