AT: Rechnungshofausschuss nimmt überbetriebliche Lehrausbildung unter die Lupe

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦                                    

 

Der Rechnungshofausschuss diskutierte heute über die überbetriebliche Lehrausbildung in Oberösterreich und Wien. Jenen Jugendliche, die trotz intensiver Bemühungen keine Lehrstelle in einem Lehrbetrieb finden können, steht diese Ausbildungsform zur Verfügung. Sie können in dementsprechenden Schulungseinrichtungen eine Berufsausbildung starten. Ziel ist es, schon während der überbetrieblichen Ausbildung in einen Lehrbetrieb zu wechseln, es ist aber auch möglich, die gesamte Lehrzeit in einer außerbetrieblichen Einrichtung zu absolvieren.

 

Rede und Antwort im Rechnungshofausschuss standen den Abgeordneten neben der Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker auch Johannes Kopf, Vorstandsmitglied des Arbeitsmarktservice sowie Arbeitsminister Martin Kocher. Zudem führte der Rechnungshofausschuss eine Diskussion zum Auswahlprozess von Aufsichtsräten in Ministerien. Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

 

Rechnungshof überprüfte überbetriebliche Lehrausbildung bei AMS

Der Rechnungshof überprüfte  2019 die überbetriebliche Lehrausbildung, ein Ausbildungsmaßnahme des Arbeitsmarktservice. Dabei wurde der Fokus auf die Umsetzung bei der Bundesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS), beim AMS Oberösterreich und beim AMS Wien gelegt. Konkret geht es um jene beim AMS vorgemerkte Lehrstellensuchende mit abgeschlossener Schulpflicht, die trotz intensiver Vermittlungsversuche keine geeignete betriebliche Lehrstelle finden konnten oder die eine betriebliche Lehre abgebrochen hatten. Die überbetriebliche Lehrausbildung (ÜBA) ist als Auffangmaßnahme für diese Jugendlichen konzipiert, erklärte Kraker. Im Jahr 2018 betrugen die Auszahlungen des AMS für die ÜBA 173,55 Mio. € (III-291 d.B.).

 

Kraker sprach sich für bundesweit vergleichbare Kenndaten zu den Kosten aus. Das Arbeitsmarktservice sollte Zielwerte für den Arbeitsmarkterfolg, den Wechsel in die betriebliche Lehre und die Lehrabschlussquote festlegen, hielt sie weiter fest. Im Arbeitsmarktservice Oberösterreich sei das hohe Ausmaß an Teilnehmenden an der Sonderform Teilqualifizierung zu hinterfragen. In Wien sollte das Ziel, das Angebot in der betriebsnäheren Ausbildungsvariante (ÜBA 2) zu erhöhen, weiter verfolgt werden, so die Rechnungspräsidentin.

 

Abgeordnete für einheitliche Vorgehensweisen

Während in Wien auf eine offene Lehrstelle fünf Lehrstellensuchende kommen, zeige sich in den Bundesländern eine andere Situation, so die Rechnungshofpräsidentin. Auf einen Suchenden bzw. eine Suchende gebe es zwei offene Stellen. Trotz regionaler Unterschiede sprach sich Kraker für ein gleiches inhaltliches Angebot aus.

 

ÖVP und Grüne sprachen sich ebenfalls für bundesländerübergreifend einheitliche Vorgehensweisen an. Jakob Schwarz (Grüne) pochte zudem auf Verbesserungen beim Aufscheinen in der Transparenzdatenbank. Der Rechnungshof hatte in seinem Bericht festgehalten, dass trotz des Auszahlungsvolumens die ÜBA in der Transparenzdatenbank nicht als eigene Maßnahme beschrieben und ausgewiesen wurde. Etwa ein Drittel der Zahlungen für die ÜBA schien in der Transparenzdatenbank nicht auf, so Kraker. Dies stieß auf ein offenes Ohr bei den NEOS, die ebenfalls eine lückenlose Auflistung der Zahlungen forderten. Ruth Becher (SPÖ) wollte besonderes Augenmerk auf Vorbereitungsphase der Kinder in den frühen Jahren legen.

 

Kocher für regionale Differenzierung bei überbetrieblicher Lehre

Angesichts der Ausbildungspflicht bis 18 Jahre und der Ausbildungsgarantie bis 25 Jahre, sah Kocher die ÜBA als Erfolgsmodell an. Es werde versucht, auf die Empfehlungen des Rechnungshofs zu reagieren. Man brauche unterschiedliche Herangehensweisen je nach Bundesland, befürwortete er die regionale Differenzierung innerhalb Österreichs. Die Lehrlingsentschädigung bilde den Anreiz für die betriebliche Ausbildung, hielt er gegenüber der FPÖ fest.

 

Jeder, der keine Stelle finde, kann seine Ausbildung über das AMS machen, erklärte Kopf die Ausbildungsgarantie. Für wichtig und richtig hielt er, den Jugendlichen nach einem Dropout noch einmal eine Chance zu geben. In Österreich gebe es genug Lehrstellen außer in Ostösterreich, ortete er ein regionales Problem. Schwierig sei, dass die meisten Jugendlichen in die immer gleichen Berufsrichtungen gehen und nicht "das werden wollen, was gesucht wird". Den Erfolg der ÜBA definiere er daran, ob der Sprung in eine ordentliche Lehrstelle geschafft werde. Die Empfehlungen des Rechnungshofs nahm Kopf gerne auf und versuche diese umzusetzen.

 

Kopf und Kocher gegen Strafen im Rahmen der Ausbildungspflicht

Für die Schwächsten unter den Schwachen interessierte sich Andreas Kollross (SPÖ) und hinterfragte die Dropout-Quote bei der überbetrieblichen Lehre sowie für Strafen im Rahmen der Ausbildungspflicht. Sinn der Ausbildungspflicht sei, Jugendliche bis 18 Jahre in Schule, in betrieblicher Ausbildung oder beim AMS zu halten, so Kocher. Pausen in der ÜBA könnten beispielsweise aufgrund einer Schwangerschaft gerechtfertigt sein, führte er aus. Die Möglichkeit von Strafen werde wenig genutzt, zumal die Adressaten der Strafe bei Minderjährigen die Eltern sind und es nicht Ziel sei, die Eltern zu bestrafen. "Pubertierende Jugendliche finden des auch teilweise lustig, wenn ihre Eltern eine Strafe bekommen", ergänzte Kopf. Als Gegenmaßnahme will der AMS-Chef auf eine "ordentliche Frühförderung" setzen, um Jugendliche in der Ausbildungspflicht zu halten.

 

Rechnungshof: Bestellungen von Aufsichtsräten "unzureichend"

Als zum Teil "unzureichend" erachtete der Rechnungshof Bestellungen von Aufsichtsräten in Beteiligungsunternehmen von Wirtschaftsministerium, Finanzministerium als dem ehemaligen Verkehrsministerium (nun Klimaschutzministerium). Unzureichend war laut Rechnungshofpräsidentin Kraker die Feststellung der fachlichen sowie persönlichen Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten. Erhebliche Mängel erkannte das Prüforgan in allen genannten Ministerien bei der Prüfung möglicher Rollen- und Interessenkonflikte. Besondere Kritik galt der unzureichenden Dokumentation von Auswahlentscheidungen (III-608 d.B.).

 

Diese und weitere Defizite zeigte der Rechnungshof in seinem Bericht über den Auswahlprozess von Aufsichtsräten in Ministerien auf. Der Rechnungshof prüfte 166 Aufsichtsratsbestellungen in 20 Unternehmen des Bundes der Jahre 2016 bis September 2020. Die ausgewählten Unternehmen befanden sich im Allein- oder im Mehrheitseigentum des Bundes. Im Fokus der Prüfung stand die Frage, ob bei der Auswahl von Personen gesetzliche Vorgaben sowie Compliance-Regelungen eingehalten wurden.

 

Kocher: Leitfaden setzt Empfehlungen des Rechnungshofs um

Dabei erkannte der Rechnungshof erhebliches Verbesserungspotenzial, um Unvereinbarkeiten zu vermeiden. Ein öffentliches Register, in dem Kompetenzen und Entscheidungsgründe für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder eingetragen werden, würde die Transparenz erhöhen, betonte Kraker. Der Rechnungshof empfahl daher objektive, transparente, nachvollziehbare und definierte Prozesse zur Auswahl von Aufsichtsrät:innen, samt Dokumentation der Entscheidungsgründe, zu implementieren. Vor der Auswahl wären die benötigten Kompetenzen zu definieren, ein Anforderungsprofil zu erstellen und zu dokumentieren, so die Leiterin des Rechnungshofs. Die Auswahl und Besetzung sollte einem objektiven, transparenten und nachvollziehbaren Prozess folgen. Jedoch stellten die Prüfer:innen fest, dass in den drei überprüften Ministerien kein solcher Prozess eingerichtet war.

 

Kocher führte aus, dass auf den Bericht mit einem neuen Leitfaden reagiert wurde, der die Empfehlungen des Rechnungshofs umsetze. Wichtig sei eine Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Aufsichtsratsmandaten.

 

Abgeordnete wollen Interessenskonflikte vermeiden

Gerald Loacker (NEOS) sah in dem Prüfbericht die "schriftliche Zusammenfassung der österreichischen Realität". Der NEOS-Mandatar wollte künftig Interessenskonflikte ebenso vermeiden, wie die FPÖ. Christian Lausch (FPÖ) schlug dazu vor, ehemalige Kabinettsmitglieder von Aufsichtsratpositionen ausschließen. Kocher hielt dem entgegen, dass nicht alle Kabinettsmitglieder parteipolitisch aktiv sind und ihre Funktion als Aufsichtsrat ohne Weisungsgebundenheit ausüben müssen.

 

Philip Kucher (SPÖ) sprach sich dafür aus, Aufsichtsratsbestellungen einheitlich über alle Ministerien zu gestalten. Nina Tomaselli (Grüne) warb dafür die Frauenquote in Aufsichtsräten weiter zu erhöhen. Karl Schmidhofer (ÖVP) hielt dem positiv entgegen, dass die damals festgelegte Frauenquote von 30% übererfüllt wurde. Nun liege der angestrebte Frauenanteil in staatsnahen Unternehmen bei 40%.

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 

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