
DMZ – POLITIK ¦ Zoltán Kovács ¦
KOMMENTAR
In sämtlichen Meinungsumfragen liegt in Ungarn die Partei Tisza deutlich vor der Fidesz-Partei von Viktor Orbán. „Wer sich weigert, auf die berechtigten Fragen der ungarischen Bevölkerung zu antworten, der kann das gestohlene Geld auch gerne zurück in die Staatskasse legen – falls er über einen Rest Anstand verfügt“, sagte Parteichef Péter Magyar.
Wenn ich auf einem Foto sehe, wie der Schwiegersohn Viktor Orbáns einem Ferrari im Wert von 625.000 Euro entsteigt – oder wenn Andrea Várkonyi, Gattin von Lörinc Mészáros, mit einem Bentley im Wert von 300.000 Euro in der City von Budapest rollt –, fällt mir seltsamerweise Sulley Muntari ein. Der ghanaische Ex-Fußballer von Inter Mailand, der sich aus der Armut hochkämpfte und sich schließlich seinen Traum erfüllte: einen knallroten Dodge Challenger, für 50.000 Euro. Von dem Moment an veränderte sich sein Leben. Wo immer Inter spielte, fuhr er mit dem Auto dem Teambus hinterher. Er übernachtete immer in Hotelzimmern mit Blick auf den Parkplatz, wo der Wagen stand. Seine Teamkollegen erklärten das so: Wer aus derart einfachen Verhältnissen kommt, der kann sich am Anblick des eigenen Luxus schlicht nicht sattsehen.
Es war wohl im Jahr 2009, als der Mannschaftsbus von Inter Mailand von Bergamo zurück nach Mailand fuhr. Muntari, der seine Gewohnheiten pflegte, folgte mit seinem Dodge Challenger, als plötzlich an einer roten Ampel zwei junge Männer auf einem Motorrad neben ihm hielten. Sie trugen Inter-Schals – kein Grund zur Sorge, dachte Muntari. Doch dann packten sie sein Handgelenk, das aus dem offenen Fenster ragte, und rissen ihm die Uhr vom Arm – eine goldene Hublot mit Diamanten, im Wert von 18.000 Euro.
Muntari wurde durch eigene Kraft und Talent reich. Vom ghanaischen Ort Konongo führte ihn sein Weg bis in die Luxusviertel Mailands.
Wenn ich hingegen sehe, wie Ráhel Orbán in Gucci-Sneakern und mit einer Louis Vuitton-Tasche zu einem Provinz-Picknick der väterlichen Partei erscheint, oder ein regierungsnaher Unternehmer aus dem Inneren einer Yacht oder eines Helikopters entsteigt – überladen wie ein überdekorierter Weihnachtsbaum –, dann ist das zugleich grotesk und tragisch.
In Ungarn entstammt ein Großteil des Vermögens jener Kreise, die einst mit Viktor Orbán für Gerechtigkeit kämpften. Was sie über die Jahre „erworben“, gerafft oder rechtlich kreativ umstrukturiert haben, ist kaum noch zu durchschauen.
Nach und nach gehört ihnen alles: Burgen, Schlösser, die Ufer des Balaton, das Wasser selbst samt den Wasservögeln, das Rascheln der Schilfrohre. Wenn diese Raffzähne einen einzigen Tag nicht reicher werden, wachsen ihnen die Zähne ins Hirn – und daran könnten sie sterben. Und all das in einem Land mit nicht konkurrenzfähiger Wirtschaft, hoher Inflation und wachsender Armut.
Lőrinc Mészáros, einst Schulfreund Orbáns und vom Gasinstallateur zum reichsten Ungar aufgestiegen, flog kürzlich mit seinem 55-Millionen-Euro tueren-Privatjet zum Champions-League-Finale nach München. Er übernachtete im teuersten Hotel der Stadt. Auf die Frage eines Journalisten, ob all das nicht ein bisschen übertrieben sei, antwortete er: Nein. Und fügte hinzu: „Sie sind Propagandist – also ziehen Sie bitte Leine!“
Solchen Menschen begegnet man nicht täglich, doch der öffentliche Raum stinkt immer stärker nach ihnen. Sie glauben, ihnen sei alles erlaubt.
Es wäre besser, sie würden einfach alles einpacken, was sie sich unter den Nagel gerissen haben. Nehmt die Gucci-Schuhe, eure Boss-Black-Anzüge, die Yachten, die Helikopter – aber räumt endlich das Feld!
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