
DMZ – FORSCHUNG ¦ Sarah Koller ¦
Studie enthüllt einzigartige metabolische Profile bei Kindern mit akutem COVID-19 und MIS-C
Eine neue Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift der American Chemical Society, liefert wegweisende Erkenntnisse über die metabolischen Veränderungen bei Kindern, die an akutem COVID-19 oder dem Multisystem-Inflammatorischen Syndrom (MIS-C) leiden. Die Untersuchung, durchgeführt von einem internationalen Forscherteam unter der Leitung von Lael M. Yonker und Jeremy K. Nicholson, analysierte die Serumproben von 147 Kindern mittels hochmoderner nuklearmagnetischer Resonanzspektroskopie (NMR) und Flüssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS). Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder trotz milder klinischer Symptome ähnliche entzündliche Stoffwechselmuster wie schwer erkrankte Erwachsene aufweisen, was auf langfristige gesundheitliche Folgen hinweist.
Entzündliche Reaktionen ähneln denen schwer erkrankter Erwachsener
Die Studie untersuchte drei Gruppen: Kinder mit akutem COVID-19, Kinder mit MIS-C und gesunde Kontrollpersonen. Dabei wurden 1101 Stoffwechselprodukte analysiert, die signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen offenbarten. Besonders auffällig war ein erhöhtes Verhältnis von Apolipoprotein B100 zu Apolipoprotein A1 (Apo-B100/Apo-A1) sowie erhöhte Entzündungsmarker in beiden Patientengruppen. Diese Marker, darunter GlycA und das Kynurenin/Tryptophan-Verhältnis, deuten auf eine starke systemische Entzündungsreaktion hin, die denen schwer erkrankter Erwachsener ähnelt. Trotz milder Atemwegssymptome bei Kindern zeigt dies eine gemeinsame pathophysiologische Reaktion auf SARS-CoV-2, die unabhängig von Alter und Schweregrad der Erkrankung auftritt.
Einzigartige Stoffwechselveränderungen bei MIS-C
Kinder mit MIS-C wiesen einzigartige metabolische Störungen auf, insbesondere erhöhte Triglyceridwerte und veränderte Lipoprotein-Zusammensetzungen. Die Forscher stellten fest, dass die Anzahl sehr niedrig-dichter Lipoproteine (VLDL) bei MIS-C-Patienten signifikant erhöht war, was auf eine Hypertriglyceridämie hinweist. Diese Veränderungen könnten mit einer verminderten Aktivität der Lipoproteinlipase (LPL) zusammenhängen, die durch die starke Entzündungsreaktion ausgelöst wird. Darüber hinaus wurde eine Störung des Cholesterintransports (Reverse Cholesterol Transport, RCT) beobachtet, die durch triglyceride-reiche HDL-Partikel und eine reduzierte Anzahl an HDL-Partikeln gekennzeichnet ist. Diese metabolischen Veränderungen könnten langfristig das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen erhöhen.
Verbindung zu Adipositas und kardiovaskulären Risiken
Ein weiterer wichtiger Befund der Studie ist der Zusammenhang zwischen Adipositas und den beobachteten Stoffwechselveränderungen. In der MIS-C-Gruppe waren 20 % der Kinder übergewichtig und weitere 20 % adipös, während in der COVID-19-Gruppe sogar 45 % als adipös eingestuft wurden. Diese hohe Prävalenz von Übergewicht könnte die ungünstigen Veränderungen in den Lipoproteinprofilen verstärken und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen. Die Forscher betonen, dass das Zusammenspiel von Adipositas, Lipoproteinveränderungen und Entzündungsreaktionen weiter untersucht werden muss, um gezielte Präventionsstrategien zu entwickeln.
Langfristige Folgen und Forschungsbedarf
Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, die langfristigen Auswirkungen von SARS-CoV-2-Infektionen bei Kindern genauer zu untersuchen. Angesichts der weltweit über 750 Millionen COVID-19-Fälle und der geschätzten 96 % serologischen Evidenz für eine frühere Infektion bei Kindern ist die Dringlichkeit dieser Forschung offensichtlich. Die Studie legt nahe, dass metabolische Profile als diagnostische Marker dienen könnten, um Kinder mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen wie MIS-C oder Langzeitfolgen (Long COVID) frühzeitig zu identifizieren.
Fazit
Die Studie bietet erstmals umfassende Einblicke in die metabolischen Veränderungen bei Kindern mit akutem COVID-19 und MIS-C. Die Ähnlichkeiten mit schweren Verläufen bei Erwachsenen sowie die einzigartigen Stoffwechselstörungen bei MIS-C verdeutlichen die komplexe Pathophysiologie von SARS-CoV-2-Infektionen. Angesichts der potenziellen langfristigen gesundheitlichen Folgen, insbesondere im Hinblick auf kardiovaskuläre Risiken, fordern die Forscher weitere Untersuchungen und eine verstärkte Überwachung betroffener Kinder. Diese Erkenntnisse könnten die Grundlage für neue diagnostische und therapeutische Ansätze bilden, um die Gesundheit von Kindern nach einer SARS-CoV-2-Infektion zu schützen.
Hinweis: Dieser Artikel ist unter der CC-BY-NC-ND 4.0 Lizenz veröffentlicht und basiert auf der Studie „Children with Post COVID-19 Multisystem Inflammatory Syndrome Display Unique Pathophysiological Metabolic Phenotypes“ von Lawler et al., American Chemical Society, 2025.
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