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Sucharit Bhakdi: Vom renommierten Wissenschaftler zum umstrittenen Aktivisten

DMZ – WISSEN ¦ Sarah Koller ¦                 

 

Sucharit Bhakdi, einst angesehener Mediziner und Professor für Mikrobiologie, ist heute vor allem durch seine kontroversen Positionen zur COVID-19-Pandemie und Impfungen bekannt. Seine Entwicklung vom Wissenschaftler zum Kritiker der Pandemie-Maßnahmen und Impfkampagnen wirft grundlegende Fragen zur Verantwortung von Experten in Zeiten gesellschaftlicher Krisen auf.

 

Bhakdi wurde 1946 in Thailand geboren und etablierte sich in Deutschland als Professor an der Universität Mainz, wo er bis zu seiner Emeritierung 2012 in der Medizinischen Mikrobiologie forschte und lehrte. Sein wissenschaftliches Renommee war unbestritten, seine Arbeiten wurden vielfach zitiert. Doch seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat Bhakdi eine bemerkenswerte Wende vollzogen.

 

Bereits 2020 sorgte Bhakdi mit Äußerungen für Aufsehen, die vielfach als wissenschaftlich unbelegt und irreführend kritisiert wurden. Er stellte die Gefährlichkeit des SARS-CoV-2-Virus infrage und äußerte sich skeptisch zu den empfohlenen Schutzmaßnahmen. Insbesondere seine ablehnende Haltung gegenüber den neu entwickelten mRNA-Impfstoffen stieß auf breite Ablehnung in der Fachwelt. Seine Behauptungen, Impfungen würden mehr Schaden als Nutzen bringen, wurden durch zahlreiche Studien widerlegt.

 

Die Universität Kiel, an der Bhakdi bis 2020 als Gastwissenschaftler tätig war, beendete den Vertrag vorzeitig, nachdem seine Thesen als unwissenschaftlich und schädlich bewertet wurden. Seine Aussagen finden heute vor allem im Umfeld von Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern Anklang, was Bhakdi zunehmend in die Nähe der sogenannten „Querdenker“-Bewegung rückte.

 

2023 wurde Bhakdi in Deutschland wegen Volksverhetzung angeklagt – ein Verfahren, das mit einem Freispruch endete. Dennoch bleiben seine öffentlichen Auftritte umstritten. So bezeichnete er Anfang 2024 die mRNA-Impfstoffe in einer Rede als „satanisches Programm“ und behauptete, diese hätten Millionen Menschen geschädigt – eine unbelegte und stark überzeichnete Aussage, die Experten als gefährliche Desinformation bewerten.

 

Politisch betätigte sich Bhakdi 2024 bei Veranstaltungen der rechtspopulistischen FPÖ in Wien, wo er offen zur Wahl des Klubobmanns Herbert Kickl aufrief. Auch empfahl er im Dezember 2024 in einem Interview mit dem rechtspopulistischen Portal Auf1, die Alternative für Deutschland (AfD) zu wählen, da diese seiner Ansicht nach während der Pandemie „korrekt gehandelt“ habe. Diese Nähe zu politischen Randgruppen unterstreicht seine Rolle als Provokateur und Aktivist, die weit über den wissenschaftlichen Diskurs hinausgeht.

 

Darüber hinaus unterstützte Bhakdi 2024 die Schweizer Volksinitiative „Stop à la vaccination obligatoire“, die sich gegen eine Impfpflicht richtet, und rief die Bevölkerung dazu auf, für die Initiative zu stimmen, um die körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit zu schützen.

 

Im Januar 2025 räumte Bhakdi in einem Interview ein, dass die von ihm vorhergesagten schweren Folgeschäden der Impfungen weitgehend ausgeblieben seien. Seine Erklärung dazu basierte jedoch auf einer nicht näher erläuterten Theorie, die von der Fachwelt als unwissenschaftlich kritisiert wird. Gleichzeitig verweigerte er konkrete Angaben, wie Geimpfte mögliche Schäden erkennen könnten.

 

Kritiker warnen, dass Bhakdis abweichende und falsche Aussagen das Vertrauen in Wissenschaft und Gesundheitssystem nachhaltig beschädigen können – gerade in einer Zeit, in der faktenbasierte Information lebenswichtig ist. Während Bhakdi sich selbst als Opfer einer angeblichen „Zensur“ inszeniert, entbehren seine Behauptungen einer soliden wissenschaftlichen Grundlage.

 

Insgesamt zeigt der Fall Bhakdi, wie schwierig der Umgang mit einstigen Experten ist, die sich in der öffentlichen Krise zu Falschinformanten wandeln. Die Verantwortung von Wissenschaftlern, gerade in Pandemien, besteht nicht nur in der Forschung, sondern auch in der gesellschaftlichen Vermittlung von gesicherten Erkenntnissen. Hier verliert Bhakdi den Maßstab.


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