
DMZ – GESUNDHEIT ¦ Sarah Koller ¦
KOMMENTAR
Mit Steuergeldern angeschafft, als Schutzmaßnahme gegen ein tödliches Virus gefeiert – und nun zu sperrigen Platzfressern degradiert: Die Geschichte der Luftreiniger in Fürstenfeldbruck ist ein Lehrstück darüber, wie kurzsichtig, fahrlässig und gefährlich Politik und Verwaltung mit öffentlicher Gesundheit und Ressourcen umgehen.
Während der Corona-Pandemie wurden bayernweit in Schulen und Kitas Raumluftreiniger installiert – auch in Fürstenfeldbruck: 114 Geräte für 440.000 Euro. Ein Betrag, der angesichts des Versprechens, Kinder und Personal vor Infektionen zu schützen, gerechtfertigt schien. Nun wird der Großteil dieser Geräte nicht mehr verwendet, obschon die Pandemie weiter anhält. 91 von 114 Luftreinigern stehen jetzt ungenutzt herum – laut Rathaus sogar "störend" – als wären sie der Überrest einer überzogenen Vorsichtsmaßnahme und nicht ein möglicher Schutz vor weiterhin zirkulierenden Atemwegserkrankungen wie Grippe, RSV und SARS-CoV-2.
Wissenschaft ignoriert, Verantwortung verweigert
Dabei ist die wissenschaftliche Evidenz eindeutig: Raumluftreiniger können in schlecht belüfteten Räumen die Viruslast drastisch reduzieren. Zahlreiche Studien belegen ihre Wirksamkeit bei der Eindämmung von Infektionskrankheiten – nicht nur während einer Pandemie, sondern auch in jeder Grippesaison. Dass ausgerechnet Schulleitungen diese Geräte nun als störend empfinden, ist symptomatisch für das tieferliegende Problem: fehlendes Verständnis für Prävention, gepaart mit einem akuten Gedächtnisverlust der Behörden. Noch gravierender ist aber die Haltung der Stadtverwaltung. Anstatt Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv für den Gesundheitsschutz in öffentlichen Einrichtungen einzusetzen, versteckt man sich hinter Zuständigkeitsgrenzen. OB Christian Götz verweist darauf, dass „Einmischen in den Schulbetrieb nicht Aufgabe des Sachaufwandsträgers“ sei. Ein Armutszeugnis.
Politik der Bequemlichkeit
Dass einige Luftreiniger nun immerhin im Sitzungssaal des Rathauses installiert werden sollen, weil dort „keine Lüftungsanlage vorhanden“ ist, entlarvt die Heuchelei hinter der Entscheidung: Für sich selbst will man saubere Luft – für Kinder und Lehrer offenbar nicht. Dass die Stadt nicht einmal weiß, warum nur noch eine Schule die Geräte nutzt, zeigt das vollständige Versagen einer vorausschauenden Bildungspolitik.
Ein Mahnmal für verpasste Chancen
Die Luftreiniger sind mittlerweile nicht nur Mahnmale für die Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen Empfehlungen, sondern auch für die Verschwendung öffentlicher Mittel. Weitere 100.000 Euro würden ihre Wartung kosten – Geld, das offenbar zu viel ist, wenn es um den Schutz von Kindern geht, aber bereitwillig für den Lagerplatz dieser „störenden“ Geräte ausgegeben wird. Wie viele Infektionen könnten vermieden, wie viele Krankheitstage eingespart werden, wenn diese Geräte konsequent eingesetzt würden?
Schluss mit der pandemischen Amnesie
Diese Geschichte ist kein Einzelfall. Sie steht beispielhaft für ein Land, das aus der Pandemie nichts gelernt hat, sich in einer gefährlichen "Normalität" eingerichtet hat und lieber Milliarden in Rüstung als Millionen in Prävention steckt. Wer heute Luftreiniger entsorgt oder einlagert, riskiert morgen erneut überfüllte Kinderarztpraxen, geschlossene Klassen und unnötige Infektionswellen.
Es ist höchste Zeit, dass Politik und Bildungseinrichtungen die Pandemie nicht als erledigtes Kapitel betrachten, sondern als Weckruf. Der Schutz der Atemluft in Schulen ist keine Option, sondern Pflicht – und wer sich dieser Verantwortung verweigert, handelt nicht nur fahrlässig, sondern dumm.
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