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Schweizerin an US-Grenze inhaftiert – trotz gültiger Reisedokumente

DMZ – GLOBAL ¦ Sarah Koller ¦                 

 

Ein geplanter Geburtstagsbesuch in New York endet für eine 38-jährige Schweizerin in einem amerikanischen Gefängnis. Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zum Umgang mit internationalen Reisenden an US-Grenzen auf – auch gegenüber befreundeten Staaten.

 

Was als harmloser Ferienaufenthalt beginnen sollte, wurde für eine Schweizer Staatsbürgerin zu einem traumatischen Erlebnis. Die 38-Jährige, eine in der Schweiz lebende Pädagogin, wurde bei ihrer Einreise am New Yorker Flughafen JFK stundenlang befragt, unter Androhung strafrechtlicher Konsequenzen unter Druck gesetzt und schliesslich inhaftiert – obwohl sie mit gültiger ESTA-Genehmigung reiste.

 

Der Fall, der sich am 9. April ereignete, ist kein Einzelfall. Er zeigt exemplarisch, wie sich die Sicherheits- und Einwanderungspolitik der Vereinigten Staaten auf regulär Reisende auswirken kann – selbst aus Staaten wie der Schweiz, die traditionell als enge Partner der USA gelten.

 

Verdacht auf Erwerbstätigkeit – ohne Beweise 

Die Lehrerin hatte geplant, einige Tage in New York zu verbringen und ihren Geburtstag mit Freundinnen zu feiern. Doch nach der Ankunft wurde sie nach einer Routinekontrolle zur erweiterten Befragung in einen separaten Raum gebracht. Über mehrere Stunden hinweg musste sie den US-Grenzbeamten nicht nur Rede und Antwort stehen, sondern auch ihre privaten E-Mail- und Social-Media-Konten offenlegen.

 

Anlass für den plötzlichen Verdacht der Behörden war offenbar, dass sie Online-Sprachkurse gibt – auch für Kundinnen und Kunden in den USA. Obwohl sie betonte, während ihres Aufenthalts nicht zu arbeiten, sondern rein touristische Absichten zu haben, unterstellten ihr die Beamten, sie wolle unerlaubt einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Ihr wurde vorgeworfen, das ESTA-Formular falsch ausgefüllt zu haben – ein Vorwurf, den sie klar zurückwies.

 

24 Stunden in Haft – unter menschenunwürdigen Bedingungen 

Statt in ein Flugzeug gesetzt zu werden, wurde die Schweizerin gegen Mitternacht in Fesseln gelegt und in ein Abschiebegefängnis nach New Jersey überführt. Die Einrichtung, die seit Jahren wegen ihrer mangelhaften hygienischen und medizinischen Zustände in der Kritik steht, war für die Frau ein Ort psychischer wie physischer Belastung: Ihre Menstruation setzte ein, sie erhielt erst nach mehrfachem Bitten Hygieneartikel, musste in einem Gemeinschaftsraum mit nicht abgetrennten Sanitäranlagen übernachten – und wurde erst am Folgetag unter erneuter Fesselung zur Abschiebung gebracht.

 

Die Folgen der Inhaftierung wirken bis heute nach. Die Frau leidet unter Schlafstörungen, ihre Periode blieb über Wochen unregelmässig. Die körperlichen Spuren – blaue Flecken und Schürfwunden durch Fussschellen – sind sichtbare Mahnmale einer Reise, die sie nicht so schnell vergessen wird.

 

EDA: «Besorgnis» über US-Vorgehen 

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte auf Anfrage, dass das Schweizer Konsulat in New York über den Fall informiert war und bei den US-Behörden intervenierte. Auch auf diplomatischer Ebene sei der Vorfall thematisiert worden: Der Leiter der Amerika-Abteilung habe das Vorgehen gegenüber dem US-Geschäftsträger in Bern angesprochen und «Besorgnis» geäussert.

 

Laut EDA handelt es sich um einen von zwei bekannten Fällen in diesem Jahr, in denen Schweizer Staatsbürgerinnen oder Staatsbürger an der US-Grenze trotz gültiger Einreisegenehmigung abgewiesen wurden. Die US-Behörden äusserten sich auf Anfrage nicht zu dem konkreten Fall, betonen jedoch stets ihre weitreichenden Kompetenzen im Bereich Grenzschutz und Einwanderungskontrolle.

 

Einzelfall oder strukturelles Problem? 

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und die American Civil Liberties Union (ACLU) kritisieren seit Jahren das Vorgehen der US-Grenzbehörden, insbesondere die intransparenten Befragungsmethoden und die Bedingungen in Haftanstalten für Ausreisepflichtige. Gerade in Fällen, in denen kein konkreter Verstoss nachweisbar ist, erscheine das Vorgehen unverhältnismässig – so auch in diesem Fall.

 

Für die betroffene Schweizerin steht fest: Sie wird so schnell keinen Fuss mehr auf amerikanischen Boden setzen. Ihr Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit eines Landes, das sie einst zu ihrem zweiten Zuhause zählte, ist erschüttert.

 

Dieser Fall zeigt, wie leicht Reisefreiheit zur Farce werden kann, wenn Sicherheitsinteressen über rechtsstaatliche Grundprinzipien gestellt werden. Dass selbst Bürgerinnen eines befreundeten Staates unter solchen Umständen inhaftiert werden, sollte für die Schweiz Anlass sein, den diplomatischen Dialog mit den USA zu intensivieren – nicht nur aus Fürsorgepflicht, sondern auch zum Schutz der Grundrechte ihrer Bürgerinnen und Bürger. 


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