
DMZ – DIGITAL ¦ Sarah Koller ¦
Berlin – Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hält sich die Nutzung der umstrittenen Überwachungssoftware Palantir offen – ein Schritt, der nicht nur bei Datenschützern, sondern auch in Teilen der Politik auf deutliche Kritik stößt. Die Software des US-Unternehmens Palantir ermöglicht die automatisierte Auswertung großer Datenmengen – ein Verfahren, das bei Sicherheitsbehörden zunehmend zum Einsatz kommt. Doch gerade wegen der engen Verbindungen des Unternehmensgründers Peter Thiel zu autoritären Strukturen und der Frage nach Datenschutz und demokratischer Kontrolle gilt die Technologie in Deutschland als hoch problematisch.
Palantir, gegründet von Peter Thiel, einem der mächtigsten Tech-Milliardäre der USA, ist in mehreren Bundesländern bereits in Gebrauch. Unter anderem Bayern setzt die Software ein, obwohl dort rechtliche Auseinandersetzungen um die Verfassungsmäßigkeit der Nutzung laufen. Bundesweit will die Bundesregierung die Entscheidung offenbar noch offenhalten. Auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz antwortete das Bundesinnenministerium, dass eine Neubewertung der Nutzung von Palantir-Software durch den Bund noch nicht erfolgt sei. Gleichzeitig wird betont, dass die „digitale Souveränität“ Deutschlands bei einer solchen Entscheidung berücksichtigt werden müsse.
Von Notz kritisiert diese Haltung scharf: „Eine Firma wie Palantir, deren Gründer Peter Thiel tief in der Szene der US-Tech-Oligarchen verwurzelt ist und das Umfeld von Ex-Präsident Trump prägt, kann kein vertrauenswürdiger Partner sein.“ Besonders problematisch sei die Auslagerung sensibler polizeilicher Daten an ein privates US-Unternehmen, das zudem Verbindungen zu autoritären politischen Strömungen aufweise. Für Deutschland und Europa müsse in Zeiten geopolitischer Umbrüche gelten, dass Sicherheitsarchitekturen und deren technologische Grundlagen selbstbestimmt kontrolliert werden. „Hardware und Software sind integrale Bestandteile der Sicherheit. Über diese darf kein fremder Einfluss herrschen“, so von Notz.
Peter Thiel selbst sorgt immer wieder für Kontroversen. In den USA gilt er als treibende Kraft hinter einem autoritären Umbau demokratischer Institutionen. Mit provokanten Aussagen wie „Ich glaube nicht länger, dass Demokratie und Freiheit kompatibel sind“ hat er sich in der Vergangenheit offen gegen zentrale demokratische Werte positioniert. Seine Firma Palantir ist dort bereits bei Militär, Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden etabliert – und zwar in einem Kontext, der Bürgerrechte oft zugunsten von Überwachung und Kontrolle zurückstellt.
Trotz dieser Vorbehalte arbeiten auch die Polizeien in Hessen und Nordrhein-Westfalen mit Palantir – in einigen Fällen trotz erfolgreicher Verfassungsklagen gegen die Software. Die Grünen fordern daher, dass die Bundesregierung dem Beispiel der vorherigen Innenministerin Nancy Faeser folgt und die Nutzung von Palantir auf Bundesebene ausschließt. Stattdessen sollte Deutschland auf technologische Souveränität setzen, so von Notz. Ein vorgeschlagenes „KI-Reallabor für Sicherheitsbehörden“ könnte es ermöglichen, im geschützten und rechtskonformen Rahmen maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die den spezifischen Bedürfnissen deutscher Behörden entsprechen, ohne auf datenschutzrechtlich problematische US-Software zurückzugreifen.
Der Fall Palantir ist damit nicht nur eine technische oder sicherheitspolitische Frage, sondern eine demokratiepolitische. Die Debatte zeigt, wie eng technologische Abhängigkeiten und politische Werte miteinander verknüpft sind. Angesichts der globalen Verschiebungen in der Sicherheitsarchitektur muss Deutschland dringend entscheiden, ob es seine digitale Souveränität wahren und gleichzeitig den Schutz von Bürgerrechten gewährleisten will – oder ob es sich zunehmend in die Abhängigkeit von amerikanischen Tech-Konzernen und deren fragwürdigen politischen Netzwerken begibt.
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