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Bern – Die Schweizer Regierung verschärft nach der Krise der Credit Suisse die regulatorischen Vorgaben für systemrelevante Banken. Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung zentrale Eckwerte für Gesetzes- und Verordnungsänderungen beschlossen, die schrittweise ab Herbst in die Vernehmlassung gehen. Ziel ist es, Risiken für Steuerzahlende und die Volkswirtschaft nachhaltig zu reduzieren und das Vertrauen in den Finanzplatz Schweiz zu stärken.
Kernpunkte des Reformpakets sind strengere Eigenkapitalanforderungen für systemrelevante Banken mit ausländischen Tochtergesellschaften, neue Regeln zur Stabilisierung und Abwicklung von Krisenbanken sowie erweiterte Kompetenzen für die Finanzmarktaufsicht FINMA. Auch ein Verantwortlichkeitsregime für Entscheidungsträgerinnen und -träger in Banken soll künftig für mehr Transparenz und Rechenschaft sorgen.
Konsequente Lehren aus der Notfusion
Die Notfusion der Credit Suisse mit der UBS im März 2023 offenbarte gravierende Mängel im bestehenden Too-Big-To-Fail-Regelwerk (TBTF). In der Folge leitete der Bundesrat 2024 eine umfassende Analyse ein und legte im Bericht zur Bankenstabilität ein erstes Massnahmenpaket vor. Eine parlamentarische Untersuchungskommission bestätigte Ende 2024 die Notwendigkeit weitreichender Reformen.
Nun konkretisiert der Bundesrat diese Pläne und bringt sie auf Gesetzes- und Verordnungsstufe in die politische Umsetzung. Die Massnahmen sollen gestaffelt ab 2025 in Kraft treten – mit Übergangsfristen für komplexere Änderungen wie etwa Eigenkapitalvorgaben.

Verantwortlichkeit klar regeln
Ein zentrales Element ist das geplante Verantwortlichkeitsregime: Banken sollen künftig detailliert dokumentieren müssen, wer innerhalb des Unternehmens für welche Entscheidungen zuständig ist. Dies erlaubt im Krisenfall eine gezielte Sanktionierung von Fehlverhalten – etwa durch Rückforderung von Bonuszahlungen oder Berufsverbote. Der Bundesrat erwartet, dass Banken mit einfacher Struktur kaum zusätzlichen Aufwand haben werden.
Stärkung des Eigenkapitals im Inland
Eine der gravierendsten Schwächen, die sich in der CS-Krise gezeigt hatten, war die fehlende Eigenkapitalunterlegung für Beteiligungen an ausländischen Tochtergesellschaften. Verluste im Ausland reduzierten so ungewollt das Eigenkapital des Schweizer Stammhauses. Künftig sollen systemrelevante Banken den Buchwert dieser Beteiligungen vollständig vom harten Eigenkapital abziehen müssen – ein Schritt, der laut Bundesrat, Nationalbank und FINMA zentrale Risiken reduziert, ohne die Kapitalanforderungen pauschal zu erhöhen.
Zwei externe Gutachten – eines vom Ökonomen Prof. Heinz Zimmermann, das andere vom Beratungsunternehmen Alvarez & Marsal – schätzen die finanziellen Auswirkungen auf die betroffenen Institute. Die Analyse zeigt: Die Kosten für den Kapitalaufbau hängen stark von unternehmerischen Entscheidungen ab.
Frühintervention und Sanktionskompetenz für FINMA
Die Rolle der Aufsicht wird spürbar gestärkt. Die FINMA soll künftig nicht nur früher intervenieren dürfen, sondern auch Geldbussen gegen Institute verhängen können. Zudem erhält sie die Möglichkeit, bei Mängeln in Stabilisierungs- oder Abwicklungsplänen verbindliche Auflagen zu machen.
Auch die Optionen zur Abwicklung einer Bank werden erweitert und rechtlich konkretisiert, um im Ernstfall rasch und rechtssicher reagieren zu können.
Erste Vernehmlassung zu Verordnungen bereits eröffnet
Parallel zu den geplanten Gesetzesrevisionen bringt der Bundesrat bereits erste Anpassungen auf Verordnungsstufe in die Vernehmlassung. Diese betreffen u.a. die Bewertung risikobehafteter Aktiven, die Anforderungen an AT1-Kapitalinstrumente sowie präzisere Vorschriften zur Liquiditätsplanung. Banken sollen künftig in der Lage sein, besicherte Liquidität bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) oder anderen Zentralbanken rasch zu beziehen – und dies mit konkreten Mindestanforderungen untermauern.
Reformen mit Augenmass
Die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen sind laut eigener Einschätzung gezielt, verhältnismässig und pragmatisch. Sie setzen an den Schwachstellen der vergangenen Jahre an und vermeiden übermässige Belastungen für den Bankenplatz. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, das internationale Vertrauen in die Stabilität des Schweizer Finanzsystems zu sichern.
Nächste Schritte
Die Vernehmlassung zu den Änderungen auf Verordnungsstufe läuft bis zum 29. September 2025. Die Vorlagen für die Gesetzesänderungen werden im zweiten Halbjahr 2025 bzw. im ersten Halbjahr 2026 folgen. Ein Inkrafttreten der neuen Vorschriften ist frühestens 2027 vorgesehen.
Herausgeber:
Der Schweizerische Bundesrat | www.admin.ch
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