
DMZ – POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦
Weniger als tausend Menschen folgten am Samstag einem Aufruf aus dem Querdenken-Milieu zur Demonstration in Berlin. Die Teilnehmerliste und Redebeiträge offenbarten ein gefährliches ideologisches Gemisch aus Wissenschaftsfeindlichkeit, Rechtsextremismus und autoritären Fantasien.
Berlin – Die Erwartungen waren hoch, die Realität blieb ernüchternd: Statt der angekündigten zehntausend Menschen versammelten sich am Samstag auf der Straße des 17. Juni in Berlin lediglich rund 850 Demonstrierende. Aufgerufen hatte ein Bündnis aus Impfgegnern, Verschwörungsideologen und prominenten Förderern der AfD. Die Veranstaltung wurde von Beginn an von menschenverachtenden Botschaften, antisemitischen Anspielungen und teils offen neonazistischen Symbolen geprägt.
Parolen der Intoleranz statt Debatte
Das offizielle Motto lautete „Frieden, Freiheit, Volksabstimmung“ – ein harmlos klingender Dreiklang, der sich bei näherem Hinsehen als Tarnung für eine beunruhigende politische Agenda entpuppte. Neben Deutschlandfahnen und sogenannten Friedenssymbolen waren auch russische Flaggen und Banner zu sehen, auf denen Hass gegen Minderheiten und demokratische Institutionen propagiert wurde. Ein Teilnehmer trug einen Pullover mit der Aufschrift: „Eure Vielfalt kotzt mich an“ – eine klare Kampfansage an die offene Gesellschaft.
Radikale Allianzen und ideologische Querfront
Auf der Bühne sprachen nicht nur AfD-Politiker, sondern auch Personen aus dem Milieu der extremen Rechten. Neben Bundestagsabgeordneten der AfD traten bekannte Akteure wie der Herausgeber des rechtsextremen „Compact“-Magazins Jürgen Elsässer und der ehemalige Linken-Politiker Dieter Dehm auf. Letzterer forderte eine Querfront zwischen „linken und rechten Patrioten“ – ein Konzept, das seit Jahren in rechtsextremen Kreisen zirkuliert, jedoch immer wieder an seiner politischen Undurchführbarkeit und seiner demokratiefeindlichen Ausrichtung scheitert.
Demagogie statt Fakten
Der Unternehmer und AfD-Spender Winfried Stöcker eröffnete die Veranstaltung mit einer Rede, in der er unter anderem seine illegal durchgeführte Impfaktion von 2021 glorifizierte. Mit Verschwörungsnarrativen und populistischen Attacken auf die damalige Bundesregierung erhielt er Applaus – nicht trotz, sondern wegen seiner wissenschaftlich widerlegten Behauptungen. Stöcker offenbarte dabei seine Nähe zu rechtsextremen Finanznetzwerken, die bereits durch Investigativrecherchen als zentrale Akteure im Aufbau antidemokratischer Strukturen entlarvt wurden.
Verharmlosung von Terrorismus
Besonders besorgniserregend war die offene Solidarität mit der als terroristisch eingestuften Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Auf Plakaten wurden Mitglieder der Gruppe als „Widerstandskämpfer“ gefeiert, während sich Redner wie Ex-AfD-Politiker Heinrich Fiechtner auf der Bühne für deren Anliegen stark machten. Dass eine solche Verharmlosung potenzieller Gewaltakte in einem demokratischen Staat öffentlich stattfinden kann, ist Ausdruck einer gefährlichen Radikalisierung, die nicht länger ignoriert werden darf.
Minderheit mit lautem Echo
Auch wenn die Teilnehmerzahl überschaubar blieb, darf das Mobilisierungspotenzial solcher Veranstaltungen nicht unterschätzt werden. Das ideologische Spektrum reichte von esoterisch verbrämter Staatskritik bis zu aggressiver Demokratieverachtung. Die anhaltende Präsenz der AfD und ihrer Förderer auf solchen Demos zeigt, dass hier systematisch an einem Paralleluniversum gearbeitet wird, in dem Fakten durch Narrative ersetzt und demokratische Prinzipien verhöhnt werden.
Ein Echoraum der Demokratieverächter
Was als Demonstration für „Freiheit“ deklariert wurde, entpuppte sich als Bühne für antidemokratische Propaganda, geschichtsrevisionistische Parolen und die Selbstinszenierung rechter Agitatoren. Die Querdenken-Bewegung zeigt sich auch 2025 nicht als reformorientierte Kraft, sondern als Plattform für eine radikale Minderheit, die zunehmend bereit scheint, den gesellschaftlichen Zusammenhalt für ihre ideologischen Ziele zu opfern.
Fazit: Die Veranstaltung am Brandenburger Tor war kein Ausdruck legitimer Kritik, sondern ein Sammelbecken für Verschwörungsgläubige, rechtsextreme Netzwerker und politische Abenteurer, die nicht für eine bessere Gesellschaft kämpfen, sondern gegen die Grundlagen unserer Demokratie.
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