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Präzisionswaffe gegen Lymphdrüsenkrebs: Hoffnung durch Terbium-Therapie aus der Schweiz

Elisa Rioja-Blanco und Martin Béhé forschen gemeinsam am Zentrum für radiopharmazeutische Wissenschaften im Zentrum für Life Sciences am PSI. © Paul Scherrer Insitut PSI/Mahir Dzambegovic
Elisa Rioja-Blanco und Martin Béhé forschen gemeinsam am Zentrum für radiopharmazeutische Wissenschaften im Zentrum für Life Sciences am PSI. © Paul Scherrer Insitut PSI/Mahir Dzambegovic

DMZ – MEDIZIN  ¦ Anton Aeberhard ¦      Elisa Rioja-Blanco und Martin Béhé forschen gemeinsam am Zentrum für radiopharmazeutische Wissenschaften im Zentrum für Life Sciences am PSI. © Paul Scherrer Insitut PSI/Mahir Dzambegovic

 

Villigen – Eine neuartige Therapie mit dem radioaktiven Element Terbium-161 könnte die Behandlung von Lymphdrüsenkrebs revolutionieren. Forschende des Paul Scherrer Instituts (PSI) und des Inselspitals Bern berichten im Journal of Nuclear Medicine von vielversprechenden Ergebnissen aus präklinischen Studien. Die Hoffnung: eine wirksamere und zugleich schonendere Alternative zur bisherigen Radionuklidtherapie.

 

Jährlich erkranken in der Schweiz rund 2000 Menschen an Lymphdrüsenkrebs, etwa 570 sterben an den Folgen. Besonders schwierig ist die Behandlung bei Patientinnen und Patienten, deren Tumorzellen nicht als kompakte Geschwulste auftreten, sondern im Blut zirkulieren. Hier setzt die neu entwickelte Radioimmuntherapie mit Terbium-161 an – einem Element, das gezielt selbst winzige Krebszellansammlungen angreifen kann.

 

Präzise Strahlung, gezielte Wirkung 

„Terbium-161 wird mit einem Antikörper verbunden, der sich an den CD30-Rezeptor bindet – ein Merkmal vieler Lymphomzellen“, erklärt Dr. Martin Béhé vom PSI. Gespritzt in den Blutkreislauf, findet der Antikörper seine Zielzellen und bringt das radioaktive Terbium direkt dorthin. Die Besonderheit: Anders als herkömmliche Therapien auf Basis von Lutetium-177 wirkt Terbium-161 nicht nur durch Beta-Strahlung, sondern gibt auch hochpräzise Konversions- und Auger-Elektronen ab. Diese dringen nur Bruchteile eines Mikrometers weit – ideal, um einzelne Krebszellen zu zerstören, ohne umliegendes gesundes Gewebe zu beschädigen.

 

„Man kann sich das wie mikroskopisch kleine Präzisionsgeschosse vorstellen“, sagt Dr. Elisa Rioja-Blanco, Erstautorin der Studie. In Labortests war der Terbium-basierte Wirkstoff bis zu 43-mal effektiver im Abtöten von Krebszellen als das Lutetium-Pendant – je nach Zelltyp. In Mäusemodellen überlebten die behandelten Tiere doppelt so lange, einige wurden sogar vollständig geheilt.

 

Fortschritt in greifbarer Nähe 

Terbium-161 hat eine Halbwertszeit von knapp sieben Tagen – ideal für die medizinische Anwendung: lange genug für den Transport in Kliniken, kurz genug für einen kontrollierten Rückgang der Strahlung nach der Behandlung. Derzeit bereiten die Forschenden die nächsten Schritte in Richtung klinischer Studien vor. „Die Resultate machen uns vorsichtig optimistisch, dass Terbium-161 auch beim Menschen wirksam und sicher eingesetzt werden kann“, sagt Rioja-Blanco.

 

Finanziert wird das Projekt unter anderem von der Lymphoma Challenge der ETH Zürich und neuerdings von Innosuisse. Diese Unterstützung soll den Weg in die Kommerzialisierung ebnen – und mittelfristig in die Anwendung am Patienten.

 

Neue Perspektiven für schwer behandelbare Lymphome 

Besonders relevant ist die Therapie für Patientinnen und Patienten mit CD30-positiven Lymphomen, etwa bestimmten T-Zell-Lymphomen. Diese gelten bislang als schwer therapierbar. Mit der gezielten Wirkung des Terbium-Wirkstoffs könnten auch solche Fälle künftig besser behandelbar sein – ein bedeutender Schritt im Kampf gegen eine häufig tödlich verlaufende Krebsart.

 

Originalpublikation:

Rioja-Blanco E. et al., Journal of Nuclear Medicine, 2. Juni 2025

DOI: 10.2967/jnumed.124.268805


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