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Zwischen Fortschritt und Irrglauben: Warum Esoterik auf Fachmessen nichts zu suchen hat

DMZ – WISSEN ¦ Sarah Koller ¦                

 

Ob Maschinenbau, Gesundheit, Energie oder Bildung – Gewerbe- und Industriemessen gelten als Schaufenster des Fortschritts. Hier treffen etablierte Unternehmen auf innovative Start-ups, neue Technologien auf Fachwissen, wirtschaftliche Vernunft auf den Anspruch wissenschaftlicher Evidenz. Umso irritierender ist es, dass zunehmend auch Anbieter pseudowissenschaftlicher oder esoterischer Praktiken auf diesen Messen vertreten sind. Zwischen Solarzellen, CNC-Fräsen und Medizintechnik finden sich plötzlich auch Pendel, Chakrenreinigungen, „energetisierte Produkte“ oder sogenannte Quantenheilgeräte – häufig ohne kritische Einordnung oder Kennzeichnung.

 

Scheinbare Legitimität durch Fachmessepräsenz

Werden solche Angebote auf anerkannten Messen präsentiert, erhalten sie eine Bühne, die ihnen eine scheinbare Seriosität verleiht. Die unterschwellige Botschaft: Wenn es hier ausgestellt wird, muss etwas dran sein. Gerade für fachfremde Besucherinnen und Besucher verschwimmen die Grenzen zwischen wissenschaftlich fundierten Entwicklungen und unbelegten Heilversprechen. Besonders problematisch wird es, wenn Anbieter mit Begriffen wie „Quanten“, „Frequenzen“ oder „Bioenergie“ operieren – Begriffe, die wissenschaftlich klingen sollen, aber in diesem Kontext oft nichts als leere Worthülsen sind.

 

Fehlende Regulierung öffnet Tür und Tor

Ein Grund für diese Entwicklung liegt in der fehlenden Regulierung: Es gibt bislang keine einheitlichen Standards, die Veranstalter verpflichten würden, Aussteller auf wissenschaftliche oder gesundheitliche Seriosität zu überprüfen. In der Praxis gilt vielerorts: Wer zahlt, darf ausstellen. So fügen sich Anbieter fragwürdiger Produkte mit professionellen Messeständen und pseudowissenschaftlichem Jargon nahtlos in das Umfeld technischer Innovationen ein. Der Mangel an kritischer Einordnung durch die Messeorganisation verstärkt den Eindruck, es handle sich um gleichwertige Angebote.

 

Wissenschaftlichkeit ist kein Meinungsangebot

Wichtig ist: Kritik an esoterischen Angeboten auf Fachmessen richtet sich nicht gegen persönliche Spiritualität oder Glaubenssysteme. Sie richtet sich gegen gezielte Irreführung – insbesondere dann, wenn unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Begrifflichkeiten Heilwirkungen suggeriert werden, die empirisch nicht nachweisbar sind. Wer als Veranstalter für Innovation und Zukunftstechnologie stehen möchte, trägt Verantwortung: Für die Qualität der präsentierten Inhalte ebenso wie für die Orientierung des Publikums. In einer Zeit, in der wissenschaftliche Erkenntnisse zunehmend infrage gestellt werden, ist es fatal, fragwürdige Inhalte auf eine Stufe mit evidenzbasierter Forschung zu stellen.

 

Ein Appell an Veranstalter, Politik und Öffentlichkeit

Es braucht klare, transparente Kriterien, wer auf Fachmessen im Kontext von Gesundheit, Bildung oder Technologie ausstellen darf. Ein freiwilliger Kodex wäre ein erster Schritt – langfristig aber sollten Fachverbände und Gesetzgeber verbindliche Standards schaffen. Auch Medien und Konsument*innen sind gefragt: Nicht jedes glänzende Produkt heilt. Und nicht jeder Stand auf einer Messe steht für Fortschritt.

 

Fazit

Die Präsenz esoterischer Angebote auf Fachmessen untergräbt die Glaubwürdigkeit ganzer Branchen. Wer Innovationen präsentieren will, sollte sich an wissenschaftlicher Evidenz und Transparenz orientieren – nicht an Verkaufszahlen fragwürdiger Heilsteine. Es geht um die Integrität des Messewesens – und um die Verantwortung gegenüber einer informierten Öffentlichkeit.

 

Hinweis: Auf wiederholte Anfragen bei mehreren Messeveranstaltern, wie sie mit esoterischen Ausstellern umgehen und ob Qualitätskontrollen stattfinden, erhielten wir bis Redaktionsschluss keine Antwort. Das wirft Fragen auf – und macht die Problematik umso dringlicher.


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