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USA: COVID-Impfempfehlungen für Kinder und Schwangere gestrichen – Fachgesellschaften zeigen sich alarmiert

DMZ –  JUSTIZ ¦ Sarah Koller ¦                 

 

Washington – Mit einer Entscheidung, die sowohl in der medizinischen Fachwelt als auch unter öffentlichen Gesundheitsexperten für Aufsehen sorgt, hat das US-Gesundheitsministerium bekanntgegeben, dass COVID-19-Impfungen für gesunde Kinder und Schwangere nicht länger Teil des offiziellen Impfplans der US-Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) sind. Die Bekanntgabe erfolgte durch Robert F. Kennedy Jr., derzeitiger Gesundheitsminister in der Regierung von Präsident Donald Trump, via Video auf der Plattform X (vormals Twitter).

 

„Ich freue mich sehr, mitteilen zu können, dass die COVID-Impfung für gesunde Kinder und Schwangere ab sofort aus dem CDC-Impfplan gestrichen wurde“, erklärte Kennedy. Die Entscheidung wurde flankiert von FDA-Kommissar Dr. Martin Makary und NIH-Direktor Dr. Jay Bhattacharya. Letzterer sprach von „gesundem Menschenverstand und guter Wissenschaft“. Kennedy wiederum stellte die Maßnahme als einen weiteren Schritt zur Erfüllung von Präsident Trumps Wahlversprechen dar, „Amerika wieder gesund zu machen“.

 

Fachwelt kritisiert fehlende Transparenz und verweist auf Gesundheitsrisiken

Die Entscheidung stößt auf scharfe Kritik innerhalb der medizinischen Fachgesellschaften. Sie erfolgte offenbar ohne vorherige Beratung durch das zuständige unabhängige Gremium, das Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP), dessen nächste Sitzung erst für Ende des Monats angesetzt ist. Dass eine so weitreichende gesundheitspolitische Maßnahme ohne deren formale Beteiligung beschlossen wurde, lässt laut Beobachtern Zweifel an der Einhaltung wissenschaftlicher Standards aufkommen.

 

Vianca N. Rodriguez Feliciano, Sprecherin des Gesundheitsministeriums, erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme: „HHS und CDC stehen weiterhin für wissenschaftliche Exzellenz und setzen sich für die Gesundheit aller Amerikanerinnen und Amerikaner ein – insbesondere der Kinder unseres Landes.“

 

Gesundheitsexpert:innen hingegen warnen vor den möglichen Folgen. „Das ist sehr besorgniserregend“, sagte Dr. Sean O’Leary, Vorsitzender des Komitees für Infektionskrankheiten der American Academy of Pediatrics, gegenüber dem US-Rundfunksender NPR. „Das wird nicht nur für Eltern, sondern auch für medizinisches Fachpersonal zu Verwirrung führen. Es nimmt den Menschen die Wahlfreiheit.“

 

Schutz von Mutter und Kind gefährdet

Besonders scharf fällt die Reaktion der American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) aus. Deren Präsident Dr. Steven J. Fleischman erklärte: „Wir sind überaus enttäuscht. Als Frauenärztinnen und -ärzte erleben wir täglich, wie gefährlich eine COVID-Infektion während der Schwangerschaft sein kann – sowohl für die Mutter als auch für das ungeborene Kind.“ Der Schutz durch maternale Antikörper, die über die Impfung gebildet und auf das Kind übertragen werden, sei „lebenswichtig“.

 

Studien hatten wiederholt gezeigt, dass COVID-Impfungen in der Schwangerschaft sowohl die Mutter als auch das Neugeborene vor schweren Verläufen schützen. Während Kinder insgesamt seltener schwer an COVID-19 erkranken, sind besonders Kleinkinder gefährdet. Für Schwangere gelten Infektionen weiterhin als mit erhöhtem Risiko für schwere Verläufe und Komplikationen verbunden.

 

Folgen für die Impfversorgung unklar

Die Streichung aus dem offiziellen Impfkalender könnte weitreichende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der COVID-Impfstoffe haben. Ohne ausdrückliche Empfehlung der CDC dürften viele Versicherungsträger die Kostenübernahme einstellen. Damit wäre es für Eltern und Schwangere künftig deutlich schwieriger, Zugang zu Impfstoffen zu erhalten – insbesondere für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen.

 

Hinzu kommt eine weitere Maßnahme der Trump-Administration: Künftig sollen COVID-Impfstoffe für Menschen unter 65 Jahren nur noch dann zugelassen werden, wenn zusätzliche klinische Studien deren Nutzen belegen. Damit könnte die Entwicklung und Verfügbarkeit künftiger Impfstoffe erheblich verlangsamt werden.

 

Ein politisch motivierter Rückschritt?

Die jetzige Entscheidung steht im Kontext einer zunehmend politisierten Impfdebatte in den Vereinigten Staaten. Kritiker:innen werfen der Regierung vor, wissenschaftlich begründete Gesundheitspolitik zugunsten ideologischer Positionierungen aufzugeben. Der Rückgriff auf Schlagworte wie „gesunder Menschenverstand“ und die explizite Bezugnahme auf Donald Trumps Wahlkampfrhetorik verdeutlichen, dass es sich bei dieser Maßnahme nicht nur um eine medizinische Entscheidung handelt.

 

Ob das ACIP bei seiner bevorstehenden Sitzung den Schritt der Regierung rückgängig machen oder zumindest modifizieren wird, bleibt abzuwarten. Fachgesellschaften rufen inzwischen Eltern, Ärzt:innen und Versicherungen dazu auf, sich an den bisherigen wissenschaftlichen Konsens zu halten: dass COVID-Impfungen für Kinder und insbesondere Schwangere einen nachweislichen Schutz bieten – und Leben retten können.

 

 

 

Quellen: National Public Radio (NPR), CDC, HHS, AAP, ACOG


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