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Die Historie der Gaspolitik von SPD und Union ist keine Verschwörungstheorie, die These von deren Fortsetzung gut begründbar

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦   

KOMMENTAR

Als ich mich gestern sehr kritisch zur neuen Energieministerin äußerte und dabei bis zur russischen Gas-Connection ausholte, erhielt ich viele Zuschriften, das sei doch etwas zu weit gefasst und nähere sich einer Verschwörungstheorie. Das möchte ich gerne einordnen und dazu einige Beiträge nahe legen, die ich in den letzten Jahren zu dem Thema verfasst habe.

 

Zunächst ist klarzustellen, dass ich nicht behauptet habe, es sei ein spezifisches Thema der Union. Das wird nur verwechselt, weil die heutige Ministerin der CDU zuzuordnen ist. Vielmehr ist die Historie der SPD sogar viel tiefer damit verbunden, wobei die Union hier politisch offensichtlich sehr ähnliche Interessen zeigte. Es ist daher keine Überraschung, so eine Politik nun in der nächsten Koalition eben dieser beiden Parteien anzutreffen. Ebenso klar möchte ich mich davon distanzieren, der heutigen Bundesregierung ähnliche Russland-Beziehungen zu unterstellen, wie das bei früheren war. Dazu habe ich im Gegenteil die Vermutung geäußert, dass diese Netzwerke zwar weiter existieren – das ist auf landespolitischer Ebene bekanntlich dokumentiert, auf Bundesebene bezüglich einzelner Personen ebenso – aber keineswegs mehr die frühere Rolle spielen. Vielmehr lautet meine These, dass hier Strukturen entstanden sind, die über die Russland-Connection hinaus ein neues Eigenleben entwickelt haben.

 

Meine wesentliche Kritik gestern gilt der Verstrickung von Staat und Unternehmen im Energiesektor. Das ist sogar unabhängig von den russischen Netzwerken viel früher entstanden, aber nie aufgelöst worden. Gazprom&Co sind jedoch in diese Struktur eingestiegen und haben explizit Erdgas als Energieträger nebst dem Ausbau der Infrastruktur in Form von Gasspeichern, Gasnetzen sowie millionen Gasheizungen, zehntausenden BHKWs und Gaskraftwerken gefördert, auf der wir heute sitzen und um deren Zukunft nebst Geschäftsmodellen es geht. Hier ist der Staat – Bund, Länder, Kommunen – von Aktienpaketen bis zu vollständigen Gesellschaftsanteilen direkt beteiligt und hat daher Interessenkonflikte, um es vorsichtig auszudrücken. Alleine deshalb ist es so schwierig, die ohnehin starken Interessen der weitaus größeren globalen Öl- und Gasindustrie politisch zu kontrollieren bzw. aus der Energiepolitik endlich zurück zu drängen. Unser Staat ist nämlich selbst Teil der fossilen Wirtschaft und er generiert damit nicht nur über Steuern, die eine weitere fiskalische Abhängigkeit sind, wichtige Einnahmen.

 

Das ist keine Verschwörung, sondern eine unstrittige faktisch feststellbare ordnungspolitische Sünde. Meine Interpretation ist, dass diese Strukturen auch zu Handlungen führen. Das mag man anders sehen, das mag man vielleicht auch begrüßen, ich halte meine Position für gut begründet und ebenso habe ich die großen Nachteile für unsere Gesamtwirtschaft sowie die mit hohen Energiepreisen belastete Gesellschaft begründet. Dazu habe ich die wesentlichen Beiträge der letzten Jahre noch mal recherchiert und biete die hier zum Nachlesen an. Es wird deutlich, wie vor 20 Jahren in ähnlicher Weise eine Regierung unter Federführung des Kanzlers Schröder sowie einem ebenfalls aus der Energiewirtschaft rekrutierten Wirtschaftsminister Müller den Energiemarkt gezielt „strukturiert“ haben – was sich viel später als gewaltiger Nachteil herausstellte. Ebenso wird deutlich, wie bis heute ausgerechnet Erdgas unsere Energiepreise insgesamt bestimmt, namentlich auch den Strompreis und welche Risiken daran hängen.

 

Ich leite daraus die begründete Aussage ab, dass diese Interessenlage von Unions- und SPD-geführten Regierungen in der Vergangenheit zu einer Priorisierung von Erdgas geführt hat, dass das zu den Verflechtungen mit Russland führte, dass Erdgas damit bis heute zu dem bestimmenden Faktor für unsere Versorgung sowie unsere Energiepreise führte, dass dies enorme Risiken, Kosten und Abhängigkeit bedeutet und dass bei der nun agierenden Ministerin zumindest sehr deutliche Parallelen erkennbar sind. Die Nachteile dieser Politik sind evident und eine Wiederholung/Fortsetzung früherer Fehlentwicklungen darf man ohne die Ebene der Verschwörung zu erreichen, annehmen.

 

Hier die Beiträge:


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