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Neue Schweizer Studie belegt messbare Wirkung von Stadtgrün auf Körper und Psyche
Dübendorf/St. Gallen/Thun – Grünflächen in Städten sind mehr als nur dekorative Elemente – sie sind essenziell für die Gesundheit der urbanen Bevölkerung. Das zeigt eine aktuelle, vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte Studie der Empa und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Die Untersuchung dokumentiert erstmals umfassend für die Schweiz, wie stark sich städtische Grünräume auf die körperliche und psychische Stressbewältigung auswirken – selbst in lärmbelasteten Umgebungen.
Wissenschaftlicher Realitätscheck mit VR-Brille
Im Auralabor (AuraLab) der Empa wurden Probandinnen und Probanden in virtuellen Szenarien Verkehrslärm ausgesetzt und anschließend in grüne, ruhige Landschaften versetzt – mithilfe von Virtual-Reality-Technologie. Die Resultate sind deutlich: Während Stadtgeräusche mit bis zu 75 Dezibel die Stresssymptome verstärkten, führte das Eintauchen in eine naturnahe Kulisse zu einem spürbaren Rückgang des physiologischen Stresses. Dieser wurde über Schweissproduktion an den Fingern und Cortisolwerte im Speichel gemessen. Auch das subjektive Wohlbefinden verbesserte sich signifikant in begrünten Szenarien.
«Wir konnten zeigen, dass Grünflächen den negativen Effekt von Lärm auf Körper und Psyche kompensieren – und das nicht nur kurzfristig», betont Empa-Forscher Beat Schäffer. Selbst leichte Begrünung in städtischer Umgebung hatte eine messbare Wirkung. Besonders erholsam waren virtuelle Aufenthalte in Wäldern oder an Seen mit natürlichen Geräuschen, während urbane Szenarien ohne sichtbare oder hörbare Natur kaum Erholung boten.
Feldstudie bestätigt Laborergebnisse
Ergänzt wurde das VR-Experiment durch eine Feldstudie in Zürich: Über 230 Personen in unterschiedlich stark begrünten und lärmbelasteten Wohnquartieren nahmen teil. Die Forschenden dokumentierten nicht nur die Umgebung fotografisch, sondern analysierten auch Haarproben zur Bestimmung des langfristigen Stresshormonspiegels. Parallel wurden Befindlichkeitsdaten erhoben. Das Ergebnis: Je grüner die Wohnumgebung, desto niedriger der chronische Stress.
Zusätzlich untersuchte ein Team der WSL anhand repräsentativer Umfragen und begleiteter Spaziergänge, welche visuellen und akustischen Merkmale von Grünflächen die stärkste erholsame Wirkung entfalten. Auch hier zeigt sich: Natur wirkt, besonders dann, wenn sie sowohl sichtbar als auch hörbar präsent ist.
Politikrelevante Erkenntnisse für die Stadtplanung
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt RESTORE (Restorative green spaces in noise-polluted areas) vereint diese vier Teilstudien. Es liefert laut Schäffer «wertvolle Hinweise für die Gesetzgebung, Raumplanung und Lärmschutzpolitik in der Schweiz». Drei Viertel der Stadtbevölkerung in Europa sind laut WHO dauerhaft gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund könnten Grünräume zu einem entscheidenden Baustein für die öffentliche Gesundheit werden.
Literaturhinweis:
Kawai C., Georgiou F., Pieren R., Tobias S., Mavros P., Schäffer B.: Investigating effect chains from cognitive and noise-induced short-term stress build-up to restoration in an urban or nature setting using 360° VR, Journal of Environmental Psychology (2024). DOI: 10.1016/j.jenvp.2024.102466
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