
DMZ – POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦
Ein Investigativbericht unter Berufung auf Recherchen von t-online und dem US-Justizministerium
Die Vereinigten Staaten haben neue Details einer weitreichenden russischen Einflussoperation aufgedeckt, deren Ziel es war, demokratische Gesellschaften im Westen zu destabilisieren – darunter auch Deutschland. Eine zentrale Rolle spielt dabei laut US-Justizministerium eine seit Jahren betriebene Desinformationskampagne unter dem Namen „Doppelgänger“. Die rechtspopulistische AfD wurde dabei offenbar gezielt als politischer Verstärker eingesetzt.
Gezielte Einflussnahme durch pro-russische Desinformation
Ermittlungen der US-Behörden zeigen: Bereits seit Frühjahr 2022 hat ein Netz aus kremlnahen Organisationen systematisch Inhalte über gefälschte Nachrichtenportale und automatisierte Social-Media-Profile verbreitet. Ziel war es, westliche Demokratien zu schwächen, die Ukraine und deren Unterstützerstaaten zu diskreditieren – und russlandfreundliche Narrative zu verankern.
Wie t-online unter Berufung auf Originaldokumente des US-Justizministeriums berichtet, war Deutschland dabei ein vorrangiges Ziel. Die Kampagne wurde zentral aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin gesteuert. Besonders brisant: Aus den Unterlagen geht hervor, dass die AfD offenbar als politischer Profiteur dieser Bemühungen identifiziert wurde.
Falsche Medienseiten und Bot-Netzwerke
Im Rahmen der „Doppelgänger“-Kampagne wurden täuschend echt aussehende Kopien von Nachrichtenseiten wie t-online oder Spiegel online erstellt. Über gefälschte URLs verbreiteten diese Portale pro-russische Inhalte, die anschließend massenhaft von Bot-Accounts in sozialen Netzwerken verbreitet wurden. Allein zwischen Dezember 2023 und Januar 2024 wurden über eine Million deutschsprachige Tweets mit Desinformation gezählt, so das Auswärtige Amt.
Laut US-Ermittlungen wurden unter anderem vier Online-Profile identifiziert, die zur Registrierung gefälschter Seiten genutzt wurden. Hinter der Kampagne stehen demnach kremlnahe Organisationen wie die „Social Design Agency“, „Structura National Technology“ und „Ano Dialog“. Auch staatliche russische Medien und deren Mitarbeitende sollen beteiligt gewesen sein.
Verbindung zur AfD: Kein Zufall
Die AfD taucht in den internen Unterlagen mehrfach als willkommener politischer Akteur auf, dessen Aussagen und Positionen sich mit den Zielen des Kreml decken. Zwar gibt es bislang keine Hinweise auf eine direkte Zusammenarbeit oder finanzielle Verbindungen, doch die strategische Ausrichtung ist eindeutig: Anti-Ukraine, Anti-Nato, Anti-USA – mit Narrativen, die im Sinne Moskaus wirken.
In Protokollen von Strategietreffen im Umfeld von Putins Administration wird explizit Deutschland als Schwachstelle beschrieben. Es sei, so ein Zitat aus einem Sitzungsprotokoll, „abhängiger als Frankreich“ und daher besonders anfällig für Desinformation. Die Leitlinie der Propagandakampagne sei klar gewesen: Die Schwächung der westlichen Allianz und die Erschütterung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Koordinierung durch Putins Vertraute
Federführend bei der Operation war laut US-Justizministerium Sergej Kirijenko, erster stellvertretender Stabschef in der Präsidialverwaltung und langjähriger enger Vertrauter Putins. Er habe die inhaltliche Ausrichtung der Kampagne maßgeblich beeinflusst und deren Zielsetzung vorgegeben. In den Ermittlungsunterlagen finden sich acht detaillierte Protokolle über interne Treffen mit Beteiligten, darunter auch seine direkte Mitarbeiterin.
In diesen Strategiepapieren werden zentrale Narrative definiert: Die Diffamierung von Ukrainer:innen, das Herausstellen kultureller Unterschiede zwischen Deutschland und der Ukraine, sowie die These, dass die USA hinter allen Konflikten stecken.
Demokratie unter Druck
Die Enthüllungen werfen ein grelles Licht auf die Anfälligkeit demokratischer Gesellschaften für gezielte Desinformation – und auf die Rolle von politischen Akteuren wie der AfD, deren Rhetorik sich offenbar nahtlos in die Strategie des Kreml einfügt. Auch wenn keine direkte Einflussnahme auf Parteistrukturen nachgewiesen wurde, zeigt sich doch eine gefährliche Konvergenz politischer Ziele.
Quellen:
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