
DMZ – WISSEN ¦ Anton Aeberhard ¦
Die Eisheiligen haben im Kalender vieler Menschen einen festen Platz: Vom 11. bis zum 15. Mai soll nach altem Volksglauben nochmals eine Phase bitterer Kälte auftreten, bevor der Sommer endgültig Einzug hält. Generationen von Bauern haben ihr Handeln daran ausgerichtet – und tun es bis heute. Doch wer die Statistik bemüht, stellt fest: Die Natur hält sich nicht an den Kalender.
Meteorologen wie die Expertinnen und Experten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) haben die Wetteraufzeichnungen der letzten Jahrzehnte ausgewertet. Ihr Befund: Es gibt keine auffällige Häufung von Spätfrösten an den Tagen der Eisheiligen. Spätfröste im Mai sind zwar ein reales Phänomen, sie treten jedoch über den gesamten Monat verteilt auf – und nicht in systematischer Konzentration auf das traditionelle Datum. Eine DWD-Analyse von 2020 kommt zu dem Schluss: Der Glaube an eine spezifische Kälteperiode Mitte Mai lässt sich wissenschaftlich nicht untermauern.
Historisch betrachtet liegt ein Teil der Erklärung in der Kalenderreform von 1582. Durch die Einführung des gregorianischen Kalenders verschob sich das Datum der Jahreszeiten im Kalender um etwa zehn Tage. In der Folge fallen die ursprünglichen Wetterphänomene nicht mehr auf die heutigen Tage der Eisheiligen. Was früher auf den 11. bis 15. Mai zutraf, wäre heute eher in der dritten Maiwoche zu suchen.
Dass sich der Mythos dennoch so beharrlich hält, hat tiefere kulturelle Gründe. Bauernregeln entstanden in einer Zeit, in der die genaue Beobachtung der Natur überlebensnotwendig war. Sie vermitteln das Gefühl, dem Unberechenbaren des Wetters doch eine gewisse Ordnung abringen zu können. Dieses Bedürfnis, Muster zu erkennen und Unsicherheiten zu reduzieren, ist universell – vergleichbare Traditionen finden sich weltweit.
In einer von Wetter-Apps und Klimamodellen geprägten Zeit wirken die Eisheiligen wie ein Anachronismus. Doch sie erinnern auch daran, wie sehr der Mensch seit jeher bemüht ist, der Natur eine Struktur zu verleihen – selbst wenn die Daten eine andere Sprache sprechen.
Quellen:
Deutscher Wetterdienst (DWD): "Bauernregeln und ihre meteorologische Überprüfung", 2020.
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): "Kalenderreform und ihre Folgen", 2015.
Österreichische Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): "Mythos Eisheilige", 2018.
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