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Empa und EPFL zeigen neue Wege im Bauwesen mit autonomen Flugrobotern auf
Dübendorf – Sie fliegen, sie bauen – und sie könnten das Bauwesen revolutionieren: Ein Forschungsteam der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) hat in einer vielbeachteten Publikation in Science Robotics das Potenzial autonomer Flugroboter im Bauwesen untersucht. Die Vision: Drohnen, die Materialien präzise aus der Luft verarbeiten, Strukturen errichten und schwer zugängliche Orte erschliessen – etwa in Katastrophengebieten oder auf Hochhausdächern.
Neue Wege am Bau
Was bislang wie Science-Fiction klang, wird durch die Arbeit des "Laboratory of Sustainability Robotics" zunehmend Realität. Anders als herkömmliche, bodengebundene Robotersysteme sind Baudrohnen leicht, flexibel und unabhängig von festen Bauplätzen. Sie könnten Materialien transportieren, modulare Elemente platzieren oder im 3D-Druck-Verfahren Strukturen aufbauen – und das in Höhen oder Geländen, die für klassische Baumaschinen kaum erreichbar sind.
„Unsere Drohnen sollen bestehende Systeme nicht ersetzen, sondern dort eingesetzt werden, wo andere versagen – etwa in zerstörten Regionen nach Naturkatastrophen“, erklärt Hauptautor Yusuf Furkan Kaya. Die Forscher denken insbesondere an Soforteinsätze nach Überschwemmungen oder Erdbeben, bei denen Notunterkünfte schnell und ohne aufwändige Logistik errichtet werden müssen.
Dreiklang aus Technik, Material und Architektur
Im Zentrum der Studie steht das Konzept des Aerial Additive Manufacturing (Aerial AM) – also der luftgestützten additiven Fertigung. Diese lässt sich laut den Forschenden in drei Hauptverfahren unterteilen:
- Modularbauweise mit diskreten Elementen
- Seil- und Spannstrukturen mit linearen Materialien
- Kontinuierliches Materialauftrag, ähnlich dem 3D-Druck
Doch der Einsatz in der Praxis ist komplex: „Eine präzise Drohne allein genügt nicht“, so Laborleiter Prof. Dr. Mirko Kovac. „Wir brauchen ultraleichte, verarbeitbare Materialien und Architekturen, die sich an die Möglichkeiten und Grenzen der Flugrobotik anpassen lassen.“ Fortschritte seien deshalb nur im interdisziplinären Zusammenspiel von Robotik, Materialforschung und Architektur möglich.
Der nächste Schritt: Autonome Baumeister
Eine der grossen Herausforderungen bleibt die Autonomie. Das Team schlägt ein Entwicklungsmodell mit fünf Stufen vor – vom einfachen Navigieren bis zur vollständigen Bauintelligenz: Drohnen, die ihre Umgebung analysieren, Entscheidungen treffen und Baupläne in Echtzeit anpassen können. Noch ist das Zukunftsmusik, doch die Richtung ist klar: „Unser Ziel sind Systeme, die verstehen, wie, wo und womit sie bauen – und dabei effizient und sicher operieren“, sagt Kaya.
Realitätscheck im «DroneHub»
Ein entscheidender Schritt zur Marktreife ist der neue «DroneHub» im Forschungszentrum NEST der Empa. In dieser europaweit einzigartigen Infrastruktur können Drohnen unter realen Bedingungen getestet und weiterentwickelt werden – in enger Zusammenarbeit mit Industriepartnern und dem Imperial College London. Erste Pilotversuche im Aussenraum sollen noch in diesem Jahr starten.
Gleichzeitig mahnen die Forschenden zur Realitätsnähe: Trotz aller Fortschritte bleibt der Energieverbrauch von Drohnen hoch und ihre Tragkraft begrenzt. Daher empfehlen sie einen hybriden Ansatz: Während am Boden konventionelle Maschinen arbeiten, übernehmen Drohnen den Bau in schwer erreichbaren Höhen. So könne man das Beste beider Welten kombinieren.
Ausblick: Innovation mit Verantwortung
Das Bauwesen steht vor einem fundamentalen Wandel – und Flugroboter könnten dabei eine Schlüsselrolle spielen. Doch technische Innovation allein reicht nicht: Entscheidend wird sein, wie Mensch, Maschine und Umwelt in Einklang gebracht werden. Der «DroneHub» ist ein erster Meilenstein auf dem Weg dorthin.
Herausgeber:
www.empa.ch
Studie: Y. Kaya et al., Science Robotics (2025), doi: 10.1126/scirobotics.ado6251
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