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Herzstillstand beim Langstreckenlauf: Neue Studie zeigt stabile Inzidenz – aber deutlich weniger Todesfälle

DMZ – FORSCHUNG ¦ Sarah Koller ¦

 

Atlanta – Trotz steigender Teilnahmezahlen an Langstreckenläufen in den USA ist die Häufigkeit von Herzstillständen während Marathon- und Halbmarathonrennen in den letzten Jahren weitgehend konstant geblieben. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie, die am 30. März 2025 im renommierten Fachjournal JAMA veröffentlicht wurde. Gleichzeitig verzeichneten die Forschenden einen bemerkenswerten Rückgang der Todesfälle infolge solcher Ereignisse – ein Fortschritt, der vor allem auf verbesserte Notfallpläne und den schnellen Zugang zu Defibrillatoren zurückgeführt wird.

 

Überblick über die Studie

Zwischen 2010 und 2023 absolvierten mehr als 29 Millionen Menschen in den USA einen Marathon oder Halbmarathon – rund dreimal so viele wie in den Jahren 2000 bis 2009. Die nun veröffentlichte Analyse basiert auf Daten des Race Associated Cardiac Event Registry (RACER) und umfasst 176 dokumentierte Fälle von Herzstillstand während Langstreckenläufen, davon 127 bei Männern, 19 bei Frauen und 30 bei nicht dokumentiertem Geschlecht.

 

Die Inzidenz blieb mit etwa 0,54 Fällen pro 100.000 Teilnehmenden stabil im Vergleich zur Dekade davor (0,60/100.000). Deutlich zurückgegangen ist jedoch die Sterblichkeitsrate: Lag sie zwischen 2000 und 2009 noch bei 71 Prozent, so sank sie im Zeitraum 2010 bis 2023 auf 34 Prozent. Das entspricht einem Rückgang um fast 50 Prozent.

 

Männer und Marathonläufe besonders betroffen

Die Analyse zeigt, dass Männer ein deutlich höheres Risiko für einen Herzstillstand haben als Frauen (1,12 vs. 0,19 pro 100.000). Auch bei der Distanz gibt es Unterschiede: Während bei Halbmarathons 0,47 Fälle pro 100.000 Läufer:innen auftraten, waren es bei Marathons 1,04 pro 100.000.

 

Unter den Fällen mit eindeutiger medizinischer Ursache (67 von 128 Fällen) war die koronare Herzkrankheit – insbesondere bei älteren Männern – die häufigste Ursache. Die früher als dominierend angenommene hypertrophe Kardiomyopathie spielte hingegen nur noch eine untergeordnete Rolle.

 

Erfolge durch bessere Notfallversorgung

Der entscheidende Unterschied zur Vergangenheit liegt laut den Autor:innen im medizinischen Notfallmanagement. In fast allen Fällen der vergangenen Jahre wurde sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen und ein automatisierter externer Defibrillator (AED) eingesetzt – Maßnahmen, die zwischen 2000 und 2009 noch deutlich seltener erfolgten.

 

Die Überlebensrate nach Herzstillstand während eines Rennens ist damit auf 66 Prozent gestiegen – vergleichbar mit Umgebungen, in denen AEDs öffentlich zugänglich sind, etwa an Flughäfen, in Casinos oder an Universitäten. Die Autor:innen betonen die Bedeutung strategisch platzierter AEDs entlang der Strecke und gezielter Schulungen für Ersthelfer:innen.

 

Ungeklärte Ursachen und offene Fragen

In rund der Hälfte der Fälle konnte keine eindeutige medizinische Ursache festgestellt werden – ein Umstand, der auch in anderen Studien zu plötzlichem Herztod unter Sportlern beobachtet wird. Hier könnten künftig sogenannte „molekulare Autopsien“ – genetische Untersuchungen nach dem Tod – zusätzliche Erkenntnisse bringen.

 

Ein weiterer Aspekt, den die Studie beleuchtet: Seit Beginn der COVID-19-Pandemie ist ein leichter Anstieg der Inzidenz von Herzstillständen zu verzeichnen. Zwar konnte bei keinem der untersuchten Fälle zwischen 2020 und 2023 eine Myokarditis infolge einer SARS-CoV-2-Infektion nachgewiesen werden, dennoch vermuten die Forscher, dass pandemiebedingte Einschränkungen der Gesundheitsvorsorge eine Rolle gespielt haben könnten. Möglicherweise wurden bestehende Herzerkrankungen seltener erkannt oder behandelt.

 

Fazit: Sicherheit hat sich deutlich verbessert

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass trotz der wachsenden Zahl von Teilnehmenden an Marathon- und Halbmarathonrennen das Risiko eines Herzstillstands konstant geblieben, die Wahrscheinlichkeit zu überleben jedoch deutlich gestiegen ist. Besonders Männer im mittleren und höheren Alter mit bekannter oder unerkannter Koronarerkrankung bleiben eine Risikogruppe. Die Ergebnisse unterstreichen die Relevanz präventiver kardiologischer Untersuchungen und eines flächendeckenden Notfallmanagements bei sportlichen Großveranstaltungen.

 

Quellenhinweis:

Kim JH et al. Cardiac Arrest During Long-Distance Running Races. JAMA. doi:10.1001/jama.2025.3026


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