­
 · 

Trump-"Rede": "Diese Rede war eine Mischung aus Fantasie und Irreführung. Solche Aussagen untergraben die Demokratie."

DMZ –  POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦

KOMMENTAR

 

Trump vor dem Kongress: Zwischen Eigenlob und Realität – Ein Faktencheck

 

Am 4. März 2025 hielt US-Präsident Donald Trump eine mit Spannung erwartete Rede vor beiden Kammern des Kongresses. In seiner gut einstündigen Ansprache pries er seine bisherige Bilanz in den ersten Wochen seiner zweiten Amtszeit und skizzierte seine politischen Ziele für die kommenden Jahre. Doch während seine Anhänger ihn bejubelten, entlarvt eine detaillierte Prüfung seiner Aussagen Widersprüche, Halbwahrheiten und übertriebene Selbstdarstellungen. Ein kritischer Blick auf die zentralen Punkte seiner Rede.

 

Behauptung: "Unsere Wirtschaft boomt wie nie zuvor"

Trump sprach von einem atemberaubenden Wirtschaftswachstum von "über 4 %" und einer "historisch niedrigen" Arbeitslosenquote. Ein Blick auf die tatsächlichen Zahlen zeigt ein gänzlich anderes Bild. Laut aktuellen Daten des US-Arbeitsministeriums liegt die Arbeitslosenquote im Februar 2025 bei 3,8 % – also keineswegs ein "beispielloser" Wert. Im Jahr 2000 sank die Arbeitslosigkeit zeitweise unter 3,5 %. Noch fragwürdiger ist Trumps Aussage zum Wirtschaftswachstum: Das reale BIP-Wachstum lag im letzten Quartal 2024 bei 2,1 %, weit entfernt von den propagierten 4 %.

 

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Sarah Klein von der Harvard University ordnet die Lage sachlich ein: "Die US-Wirtschaft ist stabil, aber keineswegs in einem beispiellosen Boom. Diese Behauptungen dienen mehr der politischen Selbstinszenierung als der realen Analyse."

 

Behauptung: "Unsere Grenzen sind sicherer als je zuvor"

Kaum ein Thema mobilisiert Trumps Basis so sehr wie die Einwanderungspolitik. Mit markigen Worten lobte er seine "beispiellosen Erfolge" bei der Grenzsicherung und verwies auf "mehr als eine Million" abgeschobene Migranten. Tatsächlich dokumentiert die US-Grenzschutzbehörde (CBP) für 2024 rund 300.000 Abschiebungen – weit weniger als behauptet. Zwar sind die illegalen Grenzübertritte im Vergleich zu 2023 um 15 % gesunken, doch sind erwiesenermaßen vor allem wirtschaftliche Entwicklungen in Mittelamerika die Ursache – nicht Trumps Maßnahmen.

 

Der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge sind zudem zahlreiche Abschiebungen rechtlich fragwürdig verlaufen, oft mit Missachtung internationaler Schutzstandards. Die Aussage, die Grenze sei "sicherer als je zuvor", lässt sich durch unabhängige Zahlen jedenfalls nicht belegen.

 

Behauptung: "Ich habe die Beziehungen zu Russland gestärkt – zum Wohle des Friedens"

Trump rühmte sich, die Beziehungen zu Russland verbessert und damit Frieden gefördert zu haben. Doch ein genauer Blick auf die Fakten wirft Zweifel auf. So stoppte er im Januar 2025 die US-Militärhilfe für die Ukraine, was laut dem US-Außenministerium die Verhandlungsposition der Ukraine erheblich geschwächt hat. Er hat damit dafür gesorgt, dass Europa massiv aufrüstet.

 

Dr. Michael Berger vom renommierten Council on Foreign Relations sieht das kritisch: "Trumps Vorgehen hat nicht zu mehr Frieden geführt, sondern vor allem Putins geopolitische Position gestärkt." Berichte von Reuters und Posts auf X deuten darauf hin, dass Trump und Putin über eine sogenannte "Neutralitätszone" in der Ukraine verhandeln – offiziell bestätigt wurde dies bisher jedoch nicht.

 

Behauptung: "Wir retten die Umwelt, ohne die Wirtschaft zu zerstören"

Auch in der Klimapolitik sieht sich Trump als erfolgreicher Pragmatiker. Er lobte den "geregelten" US-Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, versprach zugleich eine Förderung "sauberer Kohle" und stellte seine Umweltpolitik als Erfolg dar.

 

Doch laut der US-Umweltbehörde EPA stiegen die CO₂-Emissionen um 2 %, während der weltweite Trend zur Reduktion geht. Auch wirtschaftlich hinkt die "saubere Kohle" der Realität hinterher: Studien des Energieministeriums zeigen, dass erneuerbare Energien mittlerweile günstiger sind.

 

Die Umweltaktivistin und Klimaexpertin Dr. Emily Roberts betont: "Trumps Energiepolitik basiert auf veralteten Technologien. Seine Behauptungen zu Umwelt- und Wirtschaftsschutz sind irreführend."

 

Reaktionen im Kongress: Republikaner verhalten sich wie unter einer Diktatur

Trumps Rede fand bei den republikanischen Abgeordneten Anklang – und führte zu lächerlich inszeniert wirkenden stehenden Ovationen. Es ist erstaunlich, wie die Republikaner – abgesehen von wenigen Ausnahmen – scheinbar keine eigene Meinung mehr haben und genau nach Protokoll reagieren und agieren. Ein Verhalten, dass man nur noch von (anderen) Diktaturen kennt. Ganz anders reagierten die Demokraten: Einige verließen demonstrativ den Saal, während andere mit sichtbarem Unmut sitzen blieben.

 

Senatorin Elizabeth Warren (D-MA) zog eine harte Bilanz: "Diese Rede war eine Mischung aus Fantasie und Irreführung. Solche Aussagen untergraben die Demokratie." Auch Polizeipräsident Falk Schnabel, der als Gast anwesend war, zeigte sich besorgt: "Solche Rhetorik gefährdet den Rechtsstaat."

 

Fazit: Ein selbstinszenierter Triumph mit null Substanz

Trump versuchte, sich als unangefochtenen Erfolgspolitiker darzustellen. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Unter seiner Führung wurde das Lügen vor der Nation im Westen zunehmend salonfähig gemacht:

  • Seine Wirtschaftsangaben sind massiv übertrieben.
  • Seine Grenzpolitik basiert auf geschönten Zahlen.
  • Seine Russland-Politik udn Unterwerfung kommt ausschließlich Moskau zugute.
  • Seine Klimapolitik fördert fossile Energien und erhöht die CO₂-Emissionen.

 

Was bleibt, ist ein rhetorisch kitschig und ironisch wirkend inszeniertes Bild der eigenen Erfolge – doch die Fakten erzählen eine ganz andere Geschichte. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob der Kongress seine Kontrollfunktion wahrnimmt oder ob Trump weiterhin ungebremst agieren kann. Auch die Bürgerinnen und Bürger sind gefragt, zu handeln, um einer weiteren Erosion der demokratischen Prinzipien entgegenzuwirken.


Fehler- und Korrekturhinweise

Wenn Sie einen Fehler entdecken, der Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollte, teilen Sie ihn uns bitte mit, indem Sie an intern@mittellaendische.ch schreiben. Wir sind bestrebt, eventuelle Fehler zeitnah zu korrigieren, und Ihre Mitarbeit erleichtert uns diesen Prozess erheblich. Bitte geben Sie in Ihrer E-Mail die folgenden Informationen sachlich an:

  • Ort des Fehlers: Geben Sie uns die genaue URL/Webadresse an, unter der Sie den Fehler gefunden haben.
  • Beschreibung des Fehlers: Teilen Sie uns bitte präzise mit, welche Angaben oder Textpassagen Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollten und auf welche Weise. Wir sind offen für Ihre sinnvollen Vorschläge.
  • Belege: Idealerweise fügen Sie Ihrer Nachricht Belege für Ihre Aussagen hinzu, wie beispielsweise Webadressen. Das erleichtert es uns, Ihre Fehler- oder Korrekturhinweise zu überprüfen und die Korrektur möglichst schnell durchzuführen.

Wir prüfen eingegangene Fehler- und Korrekturhinweise so schnell wie möglich. Vielen Dank für Ihr konstruktives Feedback!


 

Unterstützen Sie uns jetzt!

Seit unserer Gründung steht die DMZ für freien Zugang zu Informationen für alle – das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wir möchten, dass jeder Mensch kostenlos faktenbasierte Nachrichten erhält, und zwar wertfrei und ohne störende Unterbrechungen.

Unser Ziel ist es, engagierten und qualitativ hochwertigen Journalismus anzubieten, der für alle frei zugänglich ist, ohne Paywall. Gerade in dieser Zeit der Desinformation und sozialen Medien ist es entscheidend, dass seriöse, faktenbasierte und wissenschaftliche Informationen und Analysen für jedermann verfügbar sind.

Unsere Leserinnen und Leser machen uns besonders. Nur dank Ihnen, unserer Leserschaft, existiert die DMZ. Sie sind unser größter Schatz.

Sie wissen, dass guter Journalismus nicht von selbst entsteht, und dafür sind wir sehr dankbar. Um auch in Zukunft unabhängigen Journalismus anbieten zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.

Setzen Sie ein starkes Zeichen für die DMZ und die Zukunft unseres Journalismus. Schon mit einem Beitrag von 5 Euro können Sie einen Unterschied machen und dazu beitragen, dass wir weiterhin frei berichten können.

Jeder Beitrag zählt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!


Kommentare: 0