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CH: Erfolg für europäisches Batterieprojekt: Vom Rohmaterial zum (fast) fertigen Auto-Akku

Die neuen Lithium-Ionen-Zellen sind nachhaltiger, sicherer und haben eine höhere Energiedichte. Bild: SeNSE Consortium
Die neuen Lithium-Ionen-Zellen sind nachhaltiger, sicherer und haben eine höhere Energiedichte. Bild: SeNSE Consortium

DMZ – WISSENSCHAFT ¦ MM ¦ AA ¦ Die neuen Lithium-Ionen-Zellen sind nachhaltiger, sicherer und haben eine höhere Energiedichte. Bild: SeNSE Consortium

 

Dübendorf, St. Gallen und Thun – In einem bahnbrechenden vierjährigen EU-Projekt unter der Leitung der Empa wurde ein bedeutender Durchbruch in der Entwicklung von Batterien für Elektroautos erzielt. Gemeinsam mit elf Partnern aus der Industrie und Forschung gelang es, Lithium-Ionen-Batterien für die Zukunft maßgeblich zu verbessern. Ein zentrales Ziel war es, die neu entwickelten Materialien und Technologien schnellstmöglich auf den Markt zu bringen.

 

Zukunftsvision: Null Emissionen bis 2035

Die EU hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, ab 2035 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen. Um dieses Vorhaben zu realisieren, sind nicht nur verbesserte Fahrzeugdesigns gefragt, sondern vor allem auch leistungsfähigere und nachhaltigere Batterien. Die Schnellladefähigkeit, höhere Reichweiten und eine geringere Umweltbelastung sind dabei entscheidende Faktoren. Zahlreiche Forschungsprojekte unterstützen die Entwicklung dieser Schlüsseltechnologien, und eines davon ist das „Horizon 2020“-Projekt „SeNSE“, das Anfang 2024 erfolgreich abgeschlossen wurde.

 

Leitung durch Empa: Ein Meilenstein der Forschung

Das Projekt mit einem Gesamtbudget von mehr als 10 Millionen Euro wurde von der Empa, dem Schweizer Labor für Materialwissenschaften und Technologie, ins Leben gerufen und geleitet. Als das Projekt gestartet wurde, war das Empa-Labor „Materials for Energy Conversion“ noch relativ neu auf dem Gebiet der Batterieforschung. Doch unter der Leitung von Corsin Battaglia und seinem Team gelang es, internationale Partner zu gewinnen und das Projekt durchzusetzen.

 

„Unser Ziel war es nicht, an Batterietechnologien der Zukunft zu forschen, sondern an den Technologien, die in den kommenden Jahren tatsächlich in Elektroautos zum Einsatz kommen“, erklärt Battaglia. Trotz der potenziellen Weiterentwicklungen in der Batterieforschung, die Lithium-Ionen-Akkus in einigen Jahren möglicherweise übertreffen könnten, konzentrierte sich das Team auf die konkrete, kurzfristige Verbesserung der Akkus.

 

Von der Forschung bis zum Pilot-Modul

Im Rahmen von „SeNSE“ wurde die gesamte Wertschöpfungskette der Batterieproduktion durchlaufen. Von der Entwicklung neuer Materialien über die Skalierung dieser bis hin zum fertigen Batteriemodul. Die Batteriezellen, die etwa die Größe eines Smartphone-Akkus haben, wurden vom Austrian Institute of Technology (AIT) gefertigt, bevor sie bei der FPT Motorenforschung AG in ein Modul eingebaut wurden, das für den Einsatz in Elektrofahrzeugen vorgesehen ist.

 

Dieses neu entwickelte „SeNSE“-Modul hat nicht nur eine höhere Energiedichte, sondern auch eine verbesserte Umweltbilanz. Weitere Vorteile sind eine verbesserte Schnellladefähigkeit, höhere Brandsicherheit und eine insgesamt höhere Wirtschaftlichkeit. Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung der Kathode, die nur noch halb so viel des kritischen Rohstoffs Kobalt wie heutige Akkus benötigt. Ebenso konnte ein Teil des verwendeten Graphits in der Anode durch Silizium ersetzt werden, ein häufiger vorkommendes Element.

 

Sicherer und schneller laden

Ein weiteres Highlight der „SeNSE“-Batterie ist der verbesserte Elektrolyt, der die Ionen zwischen den Elektroden überträgt. Empa-Forscher Ruben-Simon Kühnel erklärt: „Herkömmliche Elektrolyte sind brennbar. Wir konnten die Brennbarkeit durch bestimmte Zusätze stark reduzieren, ohne die für das schnelle Laden notwendige Leitfähigkeit zu beeinträchtigen.“ Zudem entwickelte Coventry University gemeinsam mit der FPT Motorenforschung AG ein ausgeklügeltes Temperaturmanagementsystem, das die Temperatur innerhalb der Zellen in Echtzeit überwacht. So kann die Ladegeschwindigkeit optimiert werden, ohne dass die Zellen durch Überhitzung Schaden nehmen.

 

Direkter Transfer in die Industrie

Der größte Erfolg des Projekts ist die Skalierbarkeit der entwickelten Technologien und deren direkter Transfer in die Industrie. Verschiedene Industriepartner konnten aus den Ergebnissen von „SeNSE“ Patente anmelden und Pilotproduktionsanlagen aufbauen. Auch Investorengelder wurden gesichert, um die Weiterentwicklung der Batterien voranzutreiben. Beispielsweise hat der Chemiekonzern Huntsman bereits den innovativen Leitzusatz, der in den „SeNSE“-Elektroden zum Einsatz kommt, auf den Markt gebracht.

 

Herausforderungen und nächste Schritte

Trotz des Erfolgs gab es auch Herausforderungen. Die Pandemie, instabile Lieferketten und steigende Rohstoffpreise stellten das Projektteam vor organisatorische Schwierigkeiten. Technische Herausforderungen gab es ebenfalls: Die Prototypzellen sind noch nicht so stabil, wie es sich die Forscher gewünscht hätten. Die Skalierung ist zwar gelungen, jedoch steht noch die entscheidende Herausforderung bevor: Die Materialproduktion müsste um den Faktor 1000 hochskaliert werden, um sie in einer „Gigafactory“ in großem Maßstab zu produzieren.

 

„Wir sind bereits in Gesprächen mit Industriepartnern, um die Produktion weiter voranzutreiben“, erklärt Battaglia. Und Kühnel fügt hinzu: „Die Industrie ist gefragt, um die Entwicklung auf die nächste Stufe zu heben.“

 

Der Blick in die Zukunft

Unterdessen bereiten sich die Empa-Forscher auf das nächste europäische Batterieprojekt vor. „SeNSE“ hatte drei Schwesterprojekte, und die Koordinatoren dieser vier Projekte haben ein gemeinsames Forschungsprojekt namens „IntelLiGent“ ins Leben gerufen. Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung kobaltfreier Hochvoltzellen für Elektroautos.

 

Mit Projekten wie „SeNSE“ geht die Entwicklung von Elektrofahrzeugen und ihrer Batterien einen entscheidenden Schritt voran, um die Ziele der EU bis 2035 zu erreichen und einen nachhaltigen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen zu leisten.

 

 

Herausgeber  

Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt http://www.empa.ch


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