
DMZ – POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦
Kaum im Amt, krempelt Donald Trump die Außenpolitik der Vereinigten Staaten drastisch um. In wenigen Wochen hat er Entscheidungen getroffen, die einen fundamentalen Wandel einleiten – weg von multilateraler Zusammenarbeit, hin zu einer isolierten, rein auf nationale Interessen ausgerichteten Strategie. Washingtons traditionelle Rolle als globaler Stabilitätsgarant steht damit auf dem Spiel.
Besonders irritierend war das Verhalten von Trumps Diplomaten in jüngsten Friedensverhandlungen mit Russland. Unerwartete Zugeständnisse ließen viele Beobachter aufhorchen. Gleichzeitig verstörte der Präsident die internationale Gemeinschaft mit einem ungewöhnlichen Angriff auf die Ukraine: Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete er als "Diktator" und schränkte die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern spürbar ein. Doch damit nicht genug – eine zentrale US-Entwicklungshilfeagentur wurde kurzerhand geschlossen, was zur Folge haben könnte, dass Länder des Globalen Südens verstärkt in Chinas Einflussbereich geraten.
Auch Trumps Vorschläge für den Nahen Osten sorgen für Kopfschütteln. Seine Pläne für den Gazastreifen deuten auf eine aggressive Neuausrichtung hin: Die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung wäre ein radikaler Bruch mit jahrzehntelangen diplomatischen Bemühungen um eine Zwei-Staaten-Lösung. Parallel dazu setzt Trump auf Wirtschaftsnationalismus – mit drastisch erhöhten Zöllen, die das Ende der von den USA geprägten Globalisierung einläuten könnten.
Ein Präsident, der Allianzen infrage stellt
Trump betrachtet internationale Beziehungen aus einer rein geschäftlichen Perspektive. Bündnisse, so seine Überzeugung, nützen den Partnerstaaten mehr als den USA. Deshalb fordert er von europäischen Verbündeten höhere Verteidigungsausgaben, während er bestehende militärische Allianzen bewusst infrage stellt. Victoria Coates von der konservativen Heritage Foundation verteidigt diesen Kurs als notwendige Anpassung an die geopolitischen Realitäten.
Doch Trumps neuester außenpolitischer Vorstoß geht noch weiter: Schon vor seinem Amtsantritt ließ er durchblicken, dass er die US-Grenzen ausweiten will. Seine öffentlich geäußerten Ideen – darunter die Kontrolle des Panamakanals, die Annexion Grönlands oder gar die Aufnahme Kanadas als 51. Bundesstaat – wurden zunächst als Provokationen abgetan. Doch mittlerweile greift er sie wieder auf, was international für wachsende Unruhe sorgt.
Die Reaktionen auf diese Politik lassen nicht lange auf sich warten. Richard Haass, ehemaliger Vorsitzender des Council on Foreign Relations, warnt vor einer massiven Erosion des amerikanischen Ansehens. Die USA, einst als verlässlicher Partner bekannt, seien unter Trump zu einem unberechenbaren Akteur geworden. Diese Sorge verstärkte sich, als Trump nach einem Telefonat mit Wladimir Putin eine Annäherung an Russland ankündigte – eine Position, die sein Verteidigungsminister Pete Hegseth später zwar relativierte, die aber trotzdem Fragen aufwirft.
Die transatlantische Kluft vertieft sich
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wurde das neue Selbstverständnis der USA deutlich. Vizepräsident JD Vance trat vor europäischen Spitzenpolitikern auf – doch anstatt eine gemeinsame Strategie zu präsentieren, übte er scharfe Kritik an der europäischen Verteidigungspolitik und ließ jegliche konstruktiven Lösungsansätze für den Ukraine-Krieg vermissen. Zudem verweigerte Washington eine europäische Beteiligung an den Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau, was die transatlantischen Spannungen weiter verschärfte.
Den wohl größten Schock löste Trump mit seiner jüngsten Stellungnahme zum Ukraine-Krieg aus. Nach Gesprächen mit russischen Offiziellen in Saudi-Arabien machte er die Ukraine für den Krieg verantwortlich – eine krasse Verdrehung der Tatsachen, schließlich war es Russland, das 2022 mit einem brutalen Angriffskrieg begann. Kiew reagierte empört und warf Trump vor, Kreml-Propaganda zu verbreiten. In einem wütenden Social-Media-Post legte Trump nach und bezeichnete Selenskyj erneut als "Diktator ohne Wahlen" – eine Aussage, die die diplomatische Kluft zwischen Washington und Kiew weiter vertiefte.
Ein Geschenk für Russland?
Für viele Beobachter ist klar, wer der größte Profiteur dieser Entwicklungen ist: Russland. Ivo Daalder, früherer US-Botschafter bei der NATO, sieht in Trumps Politik eine direkte Stärkung Moskaus – auf Kosten der transatlantischen Beziehungen. Die zentrale Frage bleibt: Ist dieser Schaden reversibel? Oder hinterlässt Trump eine Weltordnung, die sich unwiderruflich in Richtung Isolationismus und autoritäre Einflusszonen verschiebt?
Eines steht fest: Die USA haben sich unter Trump drastisch verändert. Ob sich dieser Kurs fortsetzt oder irgendwann korrigiert wird, hängt nicht zuletzt von der internationalen Reaktion auf diese radikale Neuausrichtung ab.
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