DMZ – FORSCHUNG ¦ Sarah Koller ¦
Die COVID-19-Pandemie hat weltweit gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Herausforderungen mit sich gebracht und dabei auch ein neues Licht auf die neurologischen Konsequenzen des Virus geworfen. Besonders die Überlappungen zwischen den neurophysiologischen Anomalien bei COVID-19 und neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz (AD) sind von wachsendem Interesse. Diese Studie untersucht die Parallelen zwischen den elektrophysiologischen Abnormalitäten bei COVID-19 und AD, wobei der Fokus auf der Relevanz der neurophysiologischen Evaluierung zur Unterstützung der klinischen Betreuung von COVID-19-Patienten liegt.
Elektrophysiologische Abnormalitäten und kognitive Defizite
Ein bemerkenswerter Befund bei COVID-19-Patienten ist die Reduktion der Alpha-Rhythmus-Power im Ruhezustands-EEG (rsEEG). Dieser Rhythmus, der im Frequenzbereich von 8 bis 12 Hz liegt, ist eng mit dem Arousal-Zustand und der Aufmerksamkeit verknüpft. Studien haben gezeigt, dass sowohl COVID-19-Patienten als auch Patienten mit Alzheimer-Demenz und verwandten Demenzerkrankungen (ADRD) eine weit verbreitete Erhöhung der Delta-Rhythmus-Power (<4 Hz) aufweisen. Diese EEG-Veränderungen korrelieren häufig mit kognitiven Beeinträchtigungen, wie Gedächtnisproblemen und dem sogenannten „Brain Fog“. Solche Verlangsamungen der Hirnaktivität sind auch typisch für Patienten mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) und AD.
Diese abnormalen EEG-Muster könnten auf überlappende neurophysiologische Mechanismen bei COVID-19 und ADRD hinweisen. Dies wirft die wichtige Frage auf, ob diese EEG-Veränderungen spezifisch für Long COVID sind oder ob sie auch bei anderen pathologischen Prozessen, die mit kognitiven Defiziten einhergehen, auftreten.
Fatigue und EEG-Signale
Fatigue ist ein häufiges Symptom bei älteren Erwachsenen und ADRD-Patienten und tritt auch bei COVID-19-Patienten sowohl in der akuten als auch in der postakuten Phase der Infektion auf. Die genauen Mechanismen hinter dieser persistierenden Fatigue sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass sie mit der entzündlichen Natur des Virus zusammenhängt. Diese Entzündungsreaktionen könnten eine anhaltende Energielast für das Immunsystem darstellen, was zu einer Dysbalance zwischen verfügbarer Zellenergie und dem Energiebedarf des Verhaltens führt. Allerdings sind die spezifischen EEG-Signale, die mit dieser Fatigue korrelieren, noch Gegenstand laufender Forschung.
Geschlechts- und Altersunterschiede bei EEG-Abnormalitäten
Alter ist ein primärer Risikofaktor sowohl für ADRD als auch für schwere Verläufe von COVID-19. Es zeigen sich geschlechts- und altersspezifische Unterschiede in der Ausprägung von EEG-Veränderungen. Beispielsweise weisen männliche MCI-Patienten mit AD tendenziell abnormalere posteriore Alpha-Quellen auf als weibliche Patienten. Diese Unterschiede könnten auf eine geschlechtsabhängige Neuroprotektion hinweisen, die möglicherweise auf strukturellen Unterschieden wie größeren normalisierten Volumina des Hippocampus, der Basalganglien und des Thalamus bei Frauen beruht .
Ethnische Disparitäten und EEG
Ein bemerkenswerter Mangel an Studien, die EEG-Marker von COVID-19 in afroamerikanischen Bevölkerungsgruppen untersuchen, ist evident. Dies ist besonders besorgniserregend, da diese Gruppen überproportional von COVID-19 betroffen sind. Die Erhebung von EEG-Daten in diesen Populationen könnte wertvolle Erkenntnisse liefern und zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheiten beitragen. Zukünftige Studien sollten daher ein besonderes Augenmerk auf ethnische Disparitäten legen, um eine umfassendere und gerechtere medizinische Versorgung zu ermöglichen .
Fazit
Diese Analyse zeigt, dass elektrophysiologische Abnormalitäten sowohl bei COVID-19 als auch bei Alzheimer-Demenz auftreten und möglicherweise auf ähnliche pathologische Mechanismen zurückzuführen sind. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung einer routinemäßigen EEG-Untersuchung zur frühzeitigen Erkennung und Behandlung von neurologischen Symptomen bei COVID-19. Zukünftige Forschungen sollten sich darauf konzentrieren, die genauen Ursachen dieser EEG-Veränderungen zu klären und mögliche geschlechts- und altersspezifische Unterschiede sowie ethnische Disparitäten weiter zu untersuchen.
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