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Ein Durchbruch in der Entzündungsforschung: Ein Genomabschnitt steuert Makrophagen-Entzündung über ETS2

DMZ – WISSENSCHAFT /Anton Aeberhard 

 

Eine neue Studie hat einen bedeutenden Fortschritt im Verständnis der Mechanismen von Autoimmun- und Entzündungserkrankungen gemacht. Forscher haben einen genetischen Bereich identifiziert, der die Entzündung von Makrophagen über das Protein ETS2 steuert. Diese Entdeckung könnte den Weg für neue und effektivere Therapien gegen eine Vielzahl von entzündlichen Erkrankungen ebnen.

 

Hintergrund und Bedeutung der Studie

Etwa 5% der Weltbevölkerung leiden an Autoimmun- oder Entzündungskrankheiten wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Psoriasis und Lupus. Trotz des Bedarfs an besseren Behandlungen wird nur etwa 10% der Medikamente, die in klinische Studien gehen, tatsächlich zugelassen. Diese hohe Misserfolgsrate liegt hauptsächlich an mangelnder Wirksamkeit und verdeutlicht unser unzureichendes Verständnis der Krankheitsmechanismen.

 

Die Genetik bietet eine einzigartige Möglichkeit, dieses Problem anzugehen. Hunderte von genetischen Regionen wurden direkt mit der Entstehung immunvermittelter Krankheiten in Verbindung gebracht. Medikamente, die auf genetisch identifizierte Pfade abzielen, haben eine weitaus höhere Erfolgswahrscheinlichkeit.

 

Die Herausforderung nicht-kodierender DNA

Obwohl Tiermodelle hilfreich bei der Untersuchung von kodierenden Genvarianten sind, liegen die meisten Risiko-Varianten in nicht-kodierenden DNA-Abschnitten. Diese weniger gut konservierten Regionen stellen eine große Herausforderung dar, da dieselbe DNA-Sequenz je nach Zelltyp und äußeren Einflüssen unterschiedlich wirken kann. Die meisten nicht-kodierenden Varianten beeinflussen vermutlich die Genregulation, doch die Identifizierung der kausalen Gene und Zelltypen ist schwierig.

 

Trotz der Identifizierung von über 240 Risiko-Loci für entzündliche Darmerkrankungen durch genomweite Assoziationsstudien (GWAS) wurden weniger als zehn dieser Loci mechanistisch aufgeklärt. Eine der größten Herausforderungen der modernen Genetik besteht darin, die Erfolge der GWAS in ein besseres Krankheitsverständnis zu übersetzen.

 

Neue Erkenntnisse über ETS2 und Makrophagen-Entzündung

In der aktuellen Studie identifizierten die Forscher durch die Untersuchung eines Krankheitslokus einen zentralen Regulator der menschlichen Makrophagen-Entzündung: ETS2. Sie fanden heraus, dass ETS2 eine Vielzahl von Entzündungsprozessen beeinflusst, darunter die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), Phagozytose, Zuckerstoffwechsel und die Aktivierung von Makrophagen.

 

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass ETS2 eine Rolle in der Makrophagen-Antwort auf Bakterien spielt, was auf eine mögliche Gen-Umwelt-Interaktion hinweist. Diese Entdeckung könnte erklären, warum das Risiko-Allel trotz seiner Häufigkeit in der Bevölkerung weiterhin verbreitet ist.

 

Therapeutische Implikationen und zukünftige Forschungen

Die Blockierung einzelner Zytokine ist eine gängige Behandlungsstrategie bei Entzündungskrankheiten. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die gleichzeitige Blockierung mehrerer Zytokine effektiver sein könnte. Die Hemmung der ETS2-Signalisierung durch MEK1/2-Inhibitoren beeinflusst mehrere Zytokine, einschließlich TNF und IL-23, die Ziele bestehender Therapien sind, sowie IL-1β, das mit Therapieresistenz in Verbindung gebracht wird und nicht direkt durch andere Wirkstoffe moduliert wird.

 

Langfristiger Einsatz von MEK-Inhibitoren könnte jedoch aufgrund ihrer Wirkung in anderen Geweben problematisch sein. Daher könnten die direkte Blockierung von ETS2 oder die gezielte Lieferung von MEK-Inhibitoren an Makrophagen durch Antikörper-Wirkstoff-Konjugate eine sicherere Möglichkeit bieten, ETS2-gesteuerte Entzündungen zu hemmen.

 

Fazit

Diese Studie hat gezeigt, dass ein genetisches Signal aus genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) als Ausgangspunkt dienen kann, um einen therapeutisch nutzbaren Pfad zu identifizieren, der für die Entzündung von menschlichen Makrophagen notwendig und ausreichend ist. Die genetische Fehlregulation dieses Pfads durch Störungen an einem wichtigen Enhancer prädisponiert für mehrere Krankheiten. Diese Erkenntnisse unterstreichen das enorme, bisher weitgehend ungenutzte Potenzial, die Krankheitsbiologie durch nicht-kodierende genetische Assoziationen zu entschlüsseln.

 

 

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