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Wer die Förderung von Erneuerbaren kritisiert, sollte sie verstehen und wissen, was man – oft zurecht – tatsächlich kritisiert

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦              

KOMMENTAR

 

Neben den Netzentgelten werden auch die EEG-Umlagen heftig diskutiert. Zurecht. Aber meist mit kaum Ahnung, wie das funktioniert. Das ist sogar nachvollziehbar, denn es ist ein fürchterlicher Dschungel durch die Energiegesetze der letzten 30 Jahre. Da kann man sich schnell verlieren, sollte aber vorsichtig sein, vorschnell irgendwelche Ursachen oder die beliebten Schuldfragen zu adressieren.

 

Sträflich verkürzt nur folgende Hinweise: Die Umlage, die wir heute zahlen, ist ein intransparentes Sammelsurium von Verrechnungen und Vertragsbindungen der letzten bis zu 30 Jahre. Das wird auch noch einige Jahrzehnte so weiter gehen, wenn nicht irgendwann eine Bundesregierung die Kraft hat, diese heillos intransparenten Bücher final abzuwickeln – was vermutlich einen einmaligen zweistelligen Milliardenbetrag kosten würde, aber ordnungspolitisch einfach nur klug wäre, um endlich Transparenz zu schaffen.

 

Maßgebliche Ursache für diese Umlage sind die EEG-Einspeisevergütungen für Anlagenbetreiber, die je nach Gesetz für 20 Jahre und mehr gelten, daher auch bis heute und in die Zukunft. Diese Vergütungen wurden ebenfalls sehr unterschiedlich gestaltet, von der Höhe und der Wirkung. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, das seien pauschale Festpreise, oft wird behauptet, die würden „on top“ bezahlt und es sei ohnehin viel zu viel, mache den Strom nur teuer.

 

Das Problem: Da ist was dran bzw. da war was dran und wegen der langen Wirkung ist das auch noch so. Die sogenannte Energiewende ist halt ein „Projekt“, das seit Jahrzehnten mit einer vorsichtig formuliert nicht sehr konsistenten Planung läuft. Dabei wurde auch sehr oft zu viel und blind gefördert, wie auch zu wenig gefördert wurde sowie vor allem viel zu viel behindert. Da die damit verbundenen Gesetze und die politischen Folgen oft Jahrzehnte wirken, sehen wir das bis heute und auch noch einige Dekaden weiter. Gut ist daran: Nichts!

 

Der Kern der Förderung wird aber seit einigen Jahren recht gesund aufgestellt, ist nach Abwicklung von Altbeständen maßgeblich und gilt vor allem für das, was wir ab heute tun. Wer sich also mit den Altlasten beschäftigen will, mag das gerne und berechtigt tun, aber der sollte nicht behaupten, sich zum aktuellen Geschehen oder zukünftigen Ausbau zu äußern.

 

Wer letzteres betrachten möchte, eine aus meiner Sicht wichtigere Perspektive, sollte folgendes verstehen: Die Förderung ist ökonomisch ein Mindestpreis und kein pauschaler Förderpreis, der zudem nicht „on top“ bezahlt wird. Die Abwicklung ist (wie überraschend) kompliziert, das will ich gar nicht erläutern, aber die Wirkung ist die eines Mindestpreises. Ein Anlagenbetreiber erhält also jederzeit zunächst den Marktpreis für Strom und nur falls dieser unter den Mindestpreis fällt, die Differenz als Ausgleich. Im Ergebnis zahlen die Stromkunden den Marktpreis, mindestens jedoch diesen Mindestpreis.

 

Solche Mindestpreissysteme sind in den weltweiten Energiemärkten vollkommen üblich. Sie werden auch für alle möglichen Erzeuger gezahlt, das ist energiepolitische Entscheidung. Ebenso ist es üblich, dass sie unterschiedliche Höhe haben. Inzwischen sind die Mindestpreise für Kraftwerke, die global garantiert werden, übrigens deutlich höher als für Erneuerbare. Das wird sich so fortsetzen, auch in Deutschland. Wer über Förderung klagt, sollte das bitte ganzheitlich tun. Es ist so etwas wie ideologisch, sich über die EE-Förderung aufzuregen und zugleich zu kritisieren, dass die Bundesregierung bei ihrer Kraftwerksstrategie nicht weiter kommt – die nichts anderes als ein weiteres Fördergesetz ist.

 

In Deutschland wird seit einigen Jahren die Mindestvergütung durch unterschiedliche Mechanismen jährlich angepasst. Auch das ist (Überraschung) kompliziert, aber es geht darum, den technischen Fortschritt, der zu sinkenden Herstellungspreisen führt, dabei zu berücksichtigen. Das ist unterschiedlich gut gelungen, weshalb man – da sind wir primär wieder in der Vergangenheit – die Höhe der Mindestpreise durchaus kritisch würdigen kann.

Für neue Anlagen ab 2024 gelten überwiegend (es ist leider, Überraschung, kompliziert) Mindestpreise zwischen 4,5-6,5 Cent pro KWh.

 

Wer über Preise für den weiteren Ausbau Erneuerbarer streiten möchte, darf das tun, sollte aber dazu sagen, dass es Mindestpreise sind und dass die in dieser Höhe liegen. Kraftwerke liefern dafür übrigens: Gar nichts.

 

Wer über Förderung streiten möchte, sollte das tun. Ich tue es oft. Solange wir aber Merit-Order haben und Erneuerbare dabei fast täglich den Börsenpreis auf Null fahren, wird es ohne Mindestpreise nicht gehen. Dasselbe gilt für Kraftwerke, die ebenfalls darunter leiden, weil sie zu selten Phasen mit auskömmlichen Preisen erreichen. Insofern wäre eine Reform des Marktdesigns zu diskutieren, was ich oft genug tue. Aber auch das ist ganzheitlich zu betrachten und zu bewerten. Vor allem spielen Speicher dabei immer noch eine zu geringe Rolle, die haben weder ein robustes Geschäftsmodell im derzeitigen Marktdesign, noch eine starke Lobby für Fördermaßnahmen.

 

Das ist im aktuellen Förderdschungel und Marktdesign sogar das größte Defizit. Neben den Fehlanreizen für den Netzausbau. Wir kriegen die beiden wichtigsten Infrastrukturen nicht auf die Rampe.

 

Das ist das eigentliche Thema. Aber kaum jemand versteht oder thematisiert das – es ist wohl zu anstrengend.


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