DMZ – POLITIK ¦ Dr. Reinhard Straumann ¦
KOMMENTAR
Rigoletto, der traurige Clown, hat keine Wahl. Seine ökonomischen Zwänge nötigen ihn, sich am Hof von Mantua als Hofnarr zu prostituieren. Er nimmt mit billigen Späßen die Höflinge seines Herzogs aufs Korn, wofür ihn diese verfluchen und ihm seine Boshaftigkeiten mit einer Intrige heimzahlen wollen. Ohne es zu merken, wird Rigoletto selbst aktiv in die Machenschaften einbezogen und tragischerweise mitschuldig am Tod des Liebsten, was ihm ein ungnädiger Gott geschenkt hat: seiner Tochter Gilda.
Verdis Oper liegt ein Libretto von Francesco Piavi zugrunde, das seinerseits auf einem Melodrama von Victor Hugo beruht, «Le roi s’amuse». Parallelen zur Gegenwartsgeschichte – zum Krieg in der Ukraine – bieten sich an. Die Bosse, die großen Waffen-, Öl- und Gasindustriellen, dazu ihre politischen Exekutoren, die Bidens, Johnsons, Sunaks, Macrons und Scholz’, amüsieren sich. Im Verbund der NATO haben sie in der Ukraine den ehemaligen TV-Komiker Selenski angeheuert, der für sie den Mann fürs Grobe gibt. Er muss den alleinunterhaltenden Präsidenten spielen und in dieser Rolle sein eigenes Volk verheizen – eine Variante des Rigoletto-Motivs, das derselbe ungnädige Gott für beide Sprücheklopfer ausgesucht hat. Sowohl Selenski als auch Rigoletto sind nichtige Komödianten der Macht, von Kräften umgeben, gegen die sie nicht ankommen. Sie sind verflucht und haben keine Chance, deren Ränkespielen zu entgehen. Tragisch werden sie mitschuldig am Tod der eigenen Tochter, an der Vernichtung des eigenen Volkes.
In beiden Fällen entlarvt sich der gnadenlose Zynismus der Macht. Jener des sogenannten «Wertewestens» (kann man sich einen verlogeneren Begriff denken?) geht auf keine Kuhhaut. Selenski hat am letzten Sonntag aus der Schule geplaudert und voller Zuversicht den Plan offenbart, dass er mit Old Joe Biden an einem bilateralen Sicherheitsabkommen werkle, das auf zehn Jahre ausgelegt sei. «Wir arbeiten bereits an einem konkreten Text», tönte er in seiner Videoansprache. Er meinte es ernst. Offenbar macht der amerikanische Präsident Nägel mit Köpfen, nämlich Sargnägel. Die 61 Milliarden Dollar, die der Kongress letzte Woche bewilligte, seien erst der Anfang gewesen. Ist dieses Abkommen einmal in Stein gemeisselt, werden es Bidens Nachfolger weder umstürzen können noch wollen, denn für die Bezahlung kommt ja die EU auf. Diese ist aufgrund der Allianz zwischen der NATO und der EU so fest in der Hand des atlantischen Bündnisses, dass ihre Zustimmung so gewiss ist wie das Amen in der Kirche.
Auf diese Weise treibt der «Wertewesten» die Ukraine in den kollektiven Selbstmord, und Selenski ist ein willfähriger Mittäter. Er gibt den Clown, der in vorauseilendem Gehorsam alles umsetzt, was man ihm ins Drehbuch schreibt. Seit Boris Johnson im April 2022 Hals über Kopf nach Kiew gerannt ist, um Selenski den bereits (in Istanbul) ausgehandelten Friedensvertrag wieder aus dem Kopf zu schwatzen, gibt es kein Zurück mehr. In der Folge hat der Westen mit Selenskis Beihilfe 600'000 von dessen Landsleuten in den Tod gehetzt. Natürlich ohne die gefallenen Russen, denn die zählen ja nicht. Und ohne x-Millionen Exilierte, die vom westlichen Ausland zu Vorzugsbedingungen durchgefüttert werden. Fazit: Die Ukraine ist nicht mehr zu retten. Der kollektive Westen hat zur Befriedigung der amerikanischen Machtgelüste in seiner Stupidität exakt das erreicht, was er unbedingt verhindern wollte.
Seither darf die NATO nicht nachlassen, den eigenen Bevölkerungen mittels irreführender Propaganda zu plausibilisieren, weshalb der Krieg nicht enden will: Putin würde nach einem Sieg in der Ukraine Moldawien angreifen, dann das Baltikum, dann Polen. In der Ukraine gehe es darum die Werte des Westens zu verteidigen, die Demokratie und die Menschenrechte. Ausgerechnet… in diesem notorisch korrupten Staat, der neuerdings sogar Wahlen aussetzt (Selenskis Amtszeit ist seit dem 1. April abgelaufen, aber von Wahlen redet niemand). Und der im Donbass zwischen 2014 und dem Kriegsausbruch die Menschenrechte mit Füssen getreten hatte.
Mittlerweile ausser Amt und Würden, hat sich letzte Woche ausgerechnet dieser Boris Johnson verplappert. Er hat in einem Interview bekannt, dass «ein Friedensschluss nicht im Interesse der NATO» sei, weil ein russischer Sieg die globale Vorherrschaft der USA beenden würde. Voilà, geht doch! Zum ersten Mal hat einer der US-Vasallen nicht mehr den rhetorischen Lügenpfad genommen, sondern Klartext gesprochen. Der Krieg dauert, weil man in Washington und bei den grossen Rüstungskonzernen keine Lust hat auf Konkurrenz in der Frage der Globalhegemonie.
Eingefädelt, das muss man den Think-Tanks der Neo-Kons lassen, haben sie ihren Plan famos. Als Putin 2007 einen NATO-Beitritt der Ukraine zur roten Linie erklärte, hat Präsident Bush 2008 exakt diese Karotte dem Esel Ukraine vor die Nase gehängt. Die USA putschten 2014 die russlandnahe Regierung in Kiew weg, zwangen die EU ins Boot, veranlassten die gigantischen Aufrüstungen, lassen Europa zahlen und die Ukraine bluten.
Selenskis Lohn wird sein, dass er sich später (sollte er die offenbar ausgemachten zehn Jahre überleben) in einer seiner Londoner oder bananenrepublikanischen Villen niederlassen und auf seinen Luxusyachten dem Dolce far niente hingeben darf. Ob er das so amüsant finden wird, wie er es sich jetzt möglicherweise vorstellt, muss offenbleiben. Wie Rigoletto wird auch ihn der Fluch einholen, der sich im Untergang seines Landes erfüllen wird. Selenski war allenfalls als TV-Komödiant lustig. Die Rolle in der Politik überfordert ihn. Jemand müsste es ihm sagen, solange noch Zeit ist.
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Seit 2020 können Sie in der „DMZ“ Woche für Woche die Kommentare von Dr. Reinhard Straumann verfolgen. Seine Themen reichen von Corona über amerikanische Außen- und schweizerische Innenpolitik bis hin zur Welt der Medien. Dabei geht Straumann stets über das hinaus, was in den kommerziellen Mainstream-Medien berichtet wird. Er liefert Hintergrundinformationen und bietet neue Einblicke, häufig mit Verweisen auf Literatur und Philosophie.
Dr. Reinhard Straumann ist Historiker und verfügt über das nötige Fachwissen. Als Schulleiter an einem kantonalen Gymnasium hat er sich zudem jahrzehntelang für die politische Bildung junger Menschen engagiert. Wir freuen uns, dass Reinhard Straumann regelmäßig zum Wochenende einen festen Platz in der DMZ unter dem Titel „Straumanns Fokus am Wochenende“ hat.
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