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CH: Wolfsabschuss zur Prävention: Ein fragwürdiger Schritt in der Naturpolitik

DMZ –  POLITIK  ¦ Anton Aeberhard ¦      

KOMMENTAR

 

Die Entscheidung des Bundesrats, Wölfe präventiv abzuschießen, hat eine Debatte über die ethischen Aspekte des Umgangs mit wild lebenden Tieren ausgelöst. Der Bundesrat betont die Dringlichkeit der Maßnahme angesichts des exponentiellen Wachstums der Wolfspopulation in den letzten Jahren und der damit verbundenen Zunahme von Nutztierschäden. Doch die vorgeschlagene Lösung, ganze Wolfsrudel präventiv zu entfernen, wirft ernsthafte Fragen hinsichtlich Umweltschutz und Tierschutz auf.

 

Die Idee, Wölfe abzuschießen, bevor sie Schaden anrichten, mag auf den ersten Blick pragmatisch erscheinen, um wirtschaftliche Verluste für Nutztierhalter zu minimieren. Diese vermeintliche Effizienz darf jedoch nicht über die potenziellen ökologischen Auswirkungen hinwegtäuschen. Die Regulation von Wildtierpopulationen erfordert eine ausgewogene und nachhaltige Herangehensweise, die nicht nur kurzfristige wirtschaftliche Interessen berücksichtigt, sondern auch die langfristige Erhaltung der Artenvielfalt und des ökologischen Gleichgewichts.

 

Die Entscheidung, ganze Rudel zu entfernen, sollte mit äußerster Vorsicht getroffen werden. Die Kriterien für "begründete Fälle" und die Festlegung der minimalen Anzahl von Wolfsrudeln in einer Region könnten zu willkürlichen Entscheidungen führen. Die vorgeschlagene präventive Regulierung könnte Wölfe scheuer machen, aber gleichzeitig das natürliche Gleichgewicht in den betroffenen Regionen beeinträchtigen.

 

Umweltminister Albert Rösti betont, dass es nicht um eine "industrielle Ausrottung" der Wölfe geht. Dennoch bleibt die Frage, ob die präventive Entfernung ganzer Wolfsrudel die beste Lösung ist, um Mensch-Tier-Konflikte zu lösen. Es scheint, als könnte die Entscheidung auf einem Mangel an langfristigen Strategien basieren, um das Zusammenleben von Mensch und Wolf in unserer sich verändernden Umwelt zu ermöglichen.

 

Die Debatte über den Wolfsabschuss sollte nicht nur auf wirtschaftlichen Belangen basieren, sondern auch auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Schutz der Biodiversität. Es ist an der Zeit, alternative Methoden zu erforschen, die eine nachhaltige Koexistenz zwischen Mensch und Wolf ermöglichen, ohne dabei die natürlichen Ökosysteme zu gefährden. Die aktuelle Entscheidung des Bundesrats scheint einen beunruhigenden Präzedenzfall zu setzen, der die Balance zwischen Natur und menschlichen Interessen in Frage stellt.

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