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Preisentwicklungen und Investmentströme sind unverkennbar: Das fossile Zeitalter endet!

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦              

KOMMENTAR

 

Drei ideologisch zumindest nicht ausgeprägt linksgrün versiffte Agenturen – IEA, S&P sowie Bloomberg – bereiten für die zu ideologischen Entscheidungen neigende Wallstreet regelmäßig Daten auf. Die sollte man auch als nicht linksgrün versiffter lesen.

 

Demnach wachsen (Chart1) Investments in „Clean Energy“ seit 2018 zweistellig. Corona war nur eine kurze Wachstumspause. Den Grund hatte ich hier oft genug als „Game Changer“ genannt: Die Erzeugungskosten Erneuerbarer sind nach mehrfachen Halbierungen ca. 2014/2015 unter alle anderen gefallen und hatten sich ca. 2017 endgültig nach unten abgekoppelt. Investments in fossile Energien erodieren, die haben sich von Corona nicht erholt und werden das auch nicht tun. Das ist angesichts der Preiseskalation in 2022 durchaus beachtenswert.

Chart2 zeigt diese Tendenzen etwas feiner aufgelöst. Hier ist das besonders starke Wachstum bei der Erneuerbaren Erzeugung und vermutlich erst beginnend der Elektrifizierung sehr gut sichtbar. Fans der These, die Welt setze auf Kernenergie dürfen deren Investments gerne mit der Lupe suchen, um herauszufinden, ob es doch 7% der Erneuerbaren sind oder vielleicht auch nur 5%. Und nein, diese Investments sind nicht deshalb so gering, weil Kernkraftwerke so fürchterlich billig sind. Das darf man gerne umgekehrt zur Kenntnis nehmen und daher erkennen: Bei der Energiemenge wird diese Schere noch viel weiter aufgehen.

Chart3 ist sehr bemerkenswert, denn es zeigt, dass Shell&Co ebenfalls nicht mehr investieren, sogar historisch de-investieren und die eskalierten Preise nutzen, um die Zitrone auszupressen: Die stark gewachsenen Erlöse gehen in Dividenden. Zu beachten ist, dass hier Quoten ausgewiesen werden, absolut ist das noch viel eindrucksvoller, weil wir in 2022 und 2023 Rekorde bei den Einnahmen sehen. Da wird schlicht Kasse gemacht, was natürlich – aus deren Sicht – einfach nur klug ist.

Chart4 zeigt als Nebenbemerkung, dass die Gastgeber des aktuellen Klimagipfels die einzigen sind, die sich anders verhalten. Hier wird weiter in das fossile Geschäft investiert. Mit den Erlösen werden übrigens bevorzugt Unternehmen aus den westlichen Industriestaaten gekauft, aber das nur als Nebenbemerkung zur Nebenbemerkung, jedoch als Hinweis, so langsam etwas zu merken?

Chart5 zeigt die Preisentwicklung für verschiedene Speichertechnologien. Darüber könnte man ein ganzes Buch schreiben, leider ist hier schon wieder zu viel Text zusammengekommen. Auch hier sehen wir Halbierungsphasen, die sich übrigens fortsetzen werden. Die günstigsten Speicher sind eigentlich die teuersten, weil besonders leistungsfähigen und kompliziert herzustellenden in E-Autos. Der Grund für deren Preisvorteil ist die industriell skalierte Herstellung. Insbesondere bei den Netzspeichern fängt das gerade erst an. Zudem wird hier an einem ganz anderen Rohstoffmix gearbeitet, weshalb diese Speicher mittelfristig deutlich unter die der E-Autos fallen werden.

Kleine Rechenhilfe: Diese Preise muss man durch die Anzahl der Ladezyklen dividieren, um die Stromspeicherkosten pro KWh zu errechnen. Das sind heute 5.000 bis 7.000 Zyklen. Die Entwicklung geht aber insbesondere bei den Netzspeichern in Richtung >10.000 Zyklen – und durch Recycling übrigens zu einem Restwert des Speichers danach. Will heißen: Wir reden heute schon von Stromspeicherkosten unter 5 Cent pro KWh und das wird rapide sinken, die Halbierungen werden wir eher in Rhythmen von fünf als zehn Jahren sehen. Wer das alles für Fantasie hält: Das ist vergleichbar mit der Chip-Industrie, bei der letztlich die Rohstoffe nicht die Rolle spielen, sondern die Konzeption der Produkte und die industriell skalierte Produktion. Hier sehen wir seit Jahrzehnten weiter stabil Halbierungen der Leistungspreise. Das wird bei Speichern irgendwann enden, weil die Rohstoffmengen und deren Logistik eine höhere Barriere als bei Chips darstellen – aber da sind wir noch lange nicht!

 

Wenn man nun zur Kenntnis nimmt, dass bei einer guten Planung von Erzeugung, Netzen sowie Flexibilisierung der Lastkurve je nach Standort 60% bis 80% der Energie sofort Erneuerbar herstellbar und konsumierbar sind sowie diese Pufferspeicher 80% des Speicherbedarfs darstellen, kann man sich ausrechnen, dass bereits heute ein >80% Erneuerbares Energiesystem – ich rede von Gesamtenergie inklusive Mobilität, Wärme, Industrie – preislich um Faktoren überlegen ist.

 

Genau so handelt „der Rest der Welt“ und das begründet diese Zahlen. Wir werden exponentiell wachsende Quoten der Erneuerbaren sehen und die kennen vorerst auch keine Grenze. Wie die letzten 10 bis 20% produziert werden, führt in Deutschland gerne zu Grundsatzdebatten, die vor allem verhindern, endlich vorwärts zu gehen. Das wird „der Rest der Welt“ sich anschauen, wenn man da angekommen ist.

 

Dazu „fordern“ in Deutschland viele aus sehr unterschiedlichen Interessen den Aufbau von Kraftwerksreserven. Die einen wollen Kernkraftwerke, die anderen Gaskraftwerke, wieder andere wollen die Kohlekraftwerke stehen lassen, die nächsten sehen ganz fürchterlich viel Wasserstoff als „unverzichtbar“. Argumente sind immer wieder „volatile“ Erzeuger, „Dunkelflauten“, „saisonale Speicher“, „Versorgungssicherheit“. Immerhin behauptet nur noch ein kleiner Rest an Gestrigen, man könne die Energiemengen nicht produzieren. Bei der Performance von Speichertechnologien und Speicherkosten ist sehr klar erkennbar: Es gibt einen munteren Wettbewerb zwischen Speichern und Kraftwerken – den gilt es schlicht einige Jahre mit größter Gelassenheit zuzulassen, da darf gerne „der Markt“ mal herausfinden, wie viele Kraftwerke welcher Art auch immer wir wirklich in fernerer Zukunft brauchen.

 

Wie alle „Forderungen“ geht es um ganz andere Interessen. Wer sich von fossilen Fürsten etwas einreden lässt, sollte mal ganz genau hinschauen, dass die sich das Geld inzwischen in die eigene Tasche stecken und nicht mal in ihr Geschäft, das wir alle weiter finanzieren. Dasselbe gilt für Unternehmen mit fossilen Endprodukten, in die ebenfalls keiner mehr investiert. Hier sollen wir als Kunden noch ein paar Jahre kaufen. Bei Politikern, die uns mit Fragen benebeln, was nach 80% der Energiewende kommen soll oder kann, gar heute schon muss, sollte man ganz schnell abschalten. Die haben meist keine Ahnung von Energie, aber sehr wohl von Stimmungen, mit denen man Menschen erfolgreich benebeln oder „verstrahlen“ kann.

 

 

Zusammengefasst ist das ganze Gerede über fossile Wirtschaft und Produkte, über Preise, Sicherheiten und seriöse Pläne, über Wohlstand, Zukunft und Industriestandort vor allem eines: Betrug an Konsumenten und Wählern. Der „Rest der Welt“ macht einfach und genau das ist das Gebot der Stunde: Umsetzen. Punkt.

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