Schuldenbremse, Politik und Finanzen – das Verfassungsgericht hat vielleicht mehr davon erkannt, als die Öffentlichkeit

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Unsere Verfassung und das Verfassungsgericht zum Gegenstand von Desinformation zu machen, passt genau in den medialen Zeitgeist.

 

Das Gericht hat sich zur Klimapolitik gar nicht geäußert. Es hat im Gegenteil dem Bundestag bestätigt, dass der weiten Spielraum hat, die Schuldenbremse für bestimmte Zwecke auszusetzen. Die Regierung hat diese dann aber einzuhalten und die Mittel nicht anders zu nutzen. Das Gericht hat also zu irgendeinem Zweck der Mittel gar nichts gesagt. Das ist Aufgabe der Politik.

Leider.

 

Das Gericht hat auch nichts dazu gesagt, dass beispielsweise so ein Vehikel wie der „Klimatransformationsfonds“ aus allen möglichen Quellen gespeist wird, mit irgendeinem Zweck benannt ist und für alles mögliche verwendet wird. Zu so einem Missbrauch des „Zwecks“ hat das Gericht sich nicht geäußert. Die Union hat nämlich dagegen gar nicht geklagt.

 

Leider. Aber normal.

 

Die Union macht das wie alle Parteien und Regierungen nämlich genauso. Dieser Fonds ist aber tatsächlich von einer neuen Dimension. Gut 250-300 Milliarden sollen darüber laufen, dagegen ist das Bundeswehr-„Sonder“-„Vermögen“ Kleingeld. Ein Topf mehr, auf dem Scholz und Lindner sitzen. Ein Macht- und Disziplinierungsmittel für die eigene Regierung. Kaum Einfluss des Bundestags, keine sauberen Etats, die parlamentarisch geprüft werden, die zu genehmigen sind, bei denen Soll/Ist-Vergleiche stattfinden. Spielgeld. Aber viel.

 

Dagegen klagt niemand.

 

Aber von soliden Haushalten reden, von der wunderbaren Funktion der Schuldenbremse. Auch dazu hat das Gericht eher sogar das Gegenteil gesagt: Es kann durchaus im Interesse des Landes sein, die anzuheben. Dann aber begründen und den Grund einhalten. Saubere Bücher führen, Zweck nennen, verantwortlich damit umgehen.

 

Davon redet aber niemand.

 

Die Schuldenbremse ist eine veraltete Krücke, das Eingeständnis, Politik und Geld, weil chronisch dysfunktional, mit irgendeiner Grenze zu versehen. Quasi die Erkenntnis, dass es immer irgendwie schief läuft und dann soll es wenigstens begrenzt schief laufen. Kann man so lassen, aber ein moderner Staat wird daraus nicht.

 

Wer sich von Politikern etwas über solides Haushalten erzählen lässt, in einem Land, dessen Brücken marode sind, dessen Bahn zur Karikatur eines „Verkehrsmittels“ verkommt, dessen Mobilnetz einen Zentralafrikaner schockieren würde, dessen Gründungsgeneration von Migranten gegen Mindestlöhne gepflegt wird, dessen Finanzverwaltung keine direkten Hilfen auszahlen kann, weil man keine Kontoverbindungen hat und so viele Transaktionen gar nicht ausführen kann, dessen Aufzählungen damit nur anfangen, das schlicht an seiner Zukunft so spart, dass es sich die zunehmend erspart, ja, der kann sich diese bunte Knete von Politikern auch als gesundes Abendessen vorstellen.

 

Wir brauchen einen Staatsfonds, der alle staatlichen Investitionen verantwortet und von Profis mit klar in der Verfassung verankerten Zielen geführt wird. Den zu finanzieren, ist gerade für Deutschland noch kein Problem. Es ist seit Schäuble und selbst noch Scholz leider viel teurer geworden, aber es ist noch möglich.

Die Norweger haben es schon lange erkannt. Die Iren kommen jetzt auch auf den Gedanken. In Deutschland wird – auch – darüber nicht mal nachgedacht. Unser Denken wird immer mehr unser Kernproblem.

Es reicht nicht, der Politik das Geld zu begrenzen. Wir müssen der Politik große Teile des Geldes komplett wegnehmen – und dann viel mehr davon in die Hand nehmen.

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