· 

Angehörige von Krebsbetroffenen in der Schweiz benötigen Unterstützung

Angebote wie der mobile palliative Dienst der Krebsliga Schaffhausen entlasten auch betreuende Angehörige. (Foto: krebsliga.ch)
Angebote wie der mobile palliative Dienst der Krebsliga Schaffhausen entlasten auch betreuende Angehörige. (Foto: krebsliga.ch)

DMZ – GESUNDHEIT / WISSEN ¦ David Aebischer ¦  Angebote wie der mobile palliative Dienst der Krebsliga Schaffhausen entlasten auch betreuende Angehörige. (Foto: krebsliga.ch)

 

Gemäß einer offiziellen Medienmitteilung übernehmen Angehörige in der Schweiz einen bedeutenden Teil der Betreuungsarbeit von Krebspatienten. Der Spagat zwischen der Pflege von krebskranken Familienmitgliedern, dem Berufsleben, der Kinderbetreuung und den eigenen Bedürfnissen ist äußerst anspruchsvoll. Dieser Artikel beleuchtet die Herausforderungen, mit denen Angehörige von Krebspatienten konfrontiert sind, und die Maßnahmen, die ergriffen werden, um ihre Situation zu verbessern.

 

Herausforderungen für Angehörige von Krebspatienten

Angehörige wie Karel, 47 Jahre alt, die selbst nicht an Krebs erkrankt sind, fühlen sich oft emotional und körperlich erschöpft. Sie tragen Schuldgefühle, da sie gesund sind, während ihre geliebten Menschen leiden. Der Balanceakt zwischen der Pflege von Krebspatienten und der eigenen Gesundheit ist äußerst anspruchsvoll.

 

Die Rolle der ständerätlichen Kommission SGK-S

Im Oktober reagierte die ständerätliche Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-S) auf eine Motion von Ständerätin Marianne Maret und erkannte die Notwendigkeit, die Situation der betreuenden Angehörigen zu verbessern. SGK-S wird nun Lösungen erarbeiten, darunter die Möglichkeit, eine nationale Strategie zur Unterstützung betreuender Angehöriger zu entwickeln und eine einheitliche Definition für die Angehörigenbetreuung festzulegen. Dies könnte die unterschiedlichen Leistungen je nach Kanton vereinheitlichen.

 

Unterstützung und Beratung für betreuende Angehörige

Die Krebsliga bietet Angehörigen Unterstützung und Beratung, wenn sie Schwierigkeiten haben, den Alltag zu bewältigen. Sie können sich an die 18 regionalen und kantonalen Ligen wenden. Zudem steht ihnen das Beratungsteam des Krebstelefons via Telefon, E-Mail oder Chat anonym und kostenlos zur Verfügung. Auf der Plattform www.krebsforum.ch können sie sich mit anderen Angehörigen austauschen, und über die Peerplattform www.krebsliga.ch/peerplattform erhalten Angehörige Unterstützung von Gleichgesinnten, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

 

Um mehr Einblick in dieses Thema zu erhalten und die Herausforderungen der betreuenden Angehörigen aus erster Hand zu verstehen, haben wir Stefanie de Borba, Medienverantwortliche der Krebsliga Schweiz, noch einige Fragen gestellt. In unserem Interview diskutieren wir die Fragen, die viele betreuende Angehörige bewegen, und erfahren von Stefanie de Borba, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um ihre Situation zu verbessern.

 

DMZ: Wie wirkt sich die Betreuung von Krebspatienten auf das psychische und physische Wohlbefinden der Angehörigen aus?

 

Die meisten pflegenden Angehörigen neigen dazu, ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse über einen längeren Zeitraum zurückzustellen. Wenn Sie sich aber nicht um sich selbst kümmern, können Sie sich auch nicht um andere kümmern. Viele pflegende Angehörige machen schwere Zeiten durch und fühlen sich in ihrer Situation sehr allein.

 

DMZ: Welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen stehen für betreuende Angehörige in der Schweiz zur Verfügung, und wie effektiv sind sie?

 

Während die Betroffenen – zumindest in der akuten Phase der Erkrankung – in der Schweiz auf eine hochstehenden medizinischen Versorgung zählen können, sind die Angebote für Angehörige oft beschränkt. In die Lücke springen oft spendenfinanzierte Organisationen wie die Krebsliga. Sie versuchen, die Angehörigen auf ihrem Weg zu begleiten. Doch viele von ihnen wissen gar nicht, wo sie Unterstützung bekommen oder sie haben Mühe damit, Hilfe anzunehmen.

 

Arbeit und Betreuung unter einen Hut zu bringen, stellt insbesondere an Angehörige von Krebskranken hohe Anforderungen. Eine offene Kommunikation im Arbeitsumfeld über die eigenen Bedürfnisse und das Klären der Möglichkeiten am Arbeitsplatz helfen, ein Gleichgewicht zwischen beruflichem und persönlichem Alltag zu finden. Auch hier bietet die Krebsliga konkrete Angebote – sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgeber.

 

DMZ: Welche Fortschritte wurden bereits erzielt, um die Situation der betreuenden Angehörigen zu verbessern, und welche weiteren Schritte sind geplant?

 

Nachdem 2021 das Gesetz zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung in zwei Etappen in Kraft getreten ist, könnte der Eindruck entstehen, dass die Frage der betreuenden Angehörigen nun umfassend auf Bundesebene geregelt ist. Erwerbstätige können seither kurzzeitig am Arbeitsplatz fehlen und erhalten von ihren Arbeitgebenden trotzdem ihren Lohn, wenn sie sich um ein Familienmitglied kümmern. Im gleichen Jahr wurde auch der Langzeiturlaub von höchstens 14 Wochen für Eltern mit schwer kranken oder verunfallten Kindern Realität. Während dieses neuen Urlaubs werden 80% des Lohns entrichtet, und zwar über die Erwerbsersatzordnung (EO).

 

Doch das Problem ist damit nicht gelöst, denn nicht alle betreuenden Angehörigen sind erwerbstätig. Es fehlen zudem nach wie vor wichtige Maßnahmen, insbesondere die Anerkennung unentgeltlicher Arbeit durch die Sozialversicherungen, da diese Arbeit häufig auf Kosten der Altersvorsorge der betreuenden Angehörigen geht sowie ein Langzeiturlaub für betreuende Angehörige, die sich um erwachsene Personen kümmern.

 

DMZ: Gibt es Unterschiede in der Unterstützung von betreuenden Angehörigen zwischen den verschiedenen Kantonen in der Schweiz, und wie könnte eine einheitlichere Lösung aussehen?

 

Ja, je nach Alter, Beschäftigung und persönlicher Situation ist die Situation für betreuende Angehörige je nach Kanton, in dem sie wohnen, unterschiedlich. Es bräuchte einen klar definierten Status für betreuende Angehörige, wie er beispielsweise in Belgien existiert, der Anspruch auf bestimmte Leistungen gibt (Entlastungsangebote, Sozialleistungen usw.).

 

DMZ: Welche politischen Maßnahmen oder Gesetzesänderungen könnten ergriffen werden, um die Situation betreuender Angehöriger weiter zu verbessern?

 

Eine Motion von Pierre-Yves Maillard, die derzeit im Parlament behandelt wird, fordert, den 30. Oktober zum "nationalen Tag der betreuenden Angehörigen" zu erklären. Das wäre zwar ein erster Schritt, um besser auf die Situation der betreuenden Angehörigen aufmerksam zu machen. Doch konkret ändert ein solcher Tag für die Angehörigen, die nicht selten 365 Tage im Jahr im Einsatz sind, wenig. Deshalb braucht es weitere Maßnahmen, wie die oben erwähnten (vgl. Frage 3).

 

Fazit

Die Betreuung von Krebspatienten ist nicht nur eine medizinische Angelegenheit, sondern erfordert ein gemeinschaftliches Engagement, bei dem Angehörige eine bedeutende Rolle spielen. Die Anerkennung der Herausforderungen, vor denen sie stehen, und die Bereitstellung von Unterstützung sind wichtige Schritte zur Verbesserung ihrer Situation. Die Schweizer Gesellschaft zeigt zunehmend Verständnis für die Bedürfnisse der betreuenden Angehörigen, die einen unschätzbaren Beitrag zur Pflege von Krebspatienten leisten, doch auf politischer Ebene ist der Handlungsbedarf nach wie vor groß.

 

 .....

 

Die Krebsliga berät, unterstützt und informiert Menschen mit Krebs und deren Angehörige. Sie setzt sich gezielt für Prävention und Früherkennung ein und fördert die unabhängige Krebsforschung. Als nationaler Verband besteht sie aus 18 kantonalen und regionalen Krebsligen sowie der Dachorganisation, der Krebsliga Schweiz. Sie ist vorwiegend durch Spenden finanziert. www.krebsliga.ch  


Ausflugstipps

In unregelmässigen Abständen präsentieren die Macherinnen und Macher der DMZ ihre ganz persönlichen Auflugsstipps. 

Unterstützung

Damit wir unabhängig bleiben, Partei für Vergessene ergreifen und für soziale Gerechtigkeit kämpfen können, brauchen wir Sie.

Rezepte

Wir präsentieren wichtige Tipps und tolle Rezepte. Lassen Sie sich von unseren leckeren Rezepten zum Nachkochen inspirieren.

Persönlich - Interviews

"Persönlich - die anderen Fragen" so heisst die Rubrik mit den spannendsten Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern.

Kommentare: 0