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Strompreise oder die nächste Runde, es wird doch nichts abgeschöpft – und nun?

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦                                 

KOMMENTAR

 

Die immer noch auf dem doppelten bis dreifachen Niveau befindlichen Strompreise sind ein eklatantes Problem in der ganzen EU. Die wegen des Markt-Designs unheilvolle Kopplung von Gas- und Strompreisen ist multipel kontraproduktiv. Kein Lenkungsinstrument kann so funktionieren, die komplette Energiewende hängt durch. Um die fossilen Brennstoffe zu substituieren, ein inzwischen auch für Industrie und Wirtschaft relevantes Projekt, ist die Elektrifizierung maßgeblich. Wie aber soll die gelingen, wenn die fossilen Preise und damit übrigens auch der CO2-Preis auf den Strompreis durchschlagen.

 

Die EU-Kommission hatte unter maßgeblichen Mitwirkung der führenden Regierungen, auch der deutschen, als das ganz große „Reformkonzept“ die Abschöpfung der Übergewinne an den Strommärkten propagiert. Ein ganz und gar wirres Konzept, die Preise sollten zugelassen und wie auch immer definierte Gewinne abgeschöpft werden, um damit via Subventionen eben jene Preise wieder zu senken.

 

Dieses geniale Konzept ist nun vorerst gescheitert. Da bereits die Definition, ab wann solche Gewinne entstehen, schwierig und mit sehr vielen Nebeneffekten verbunden war, hatte man sehr hohe Referenzpreise gesetzt, ab denen man von solchen Gewinnen ausging. Die von ihren Eskalationshochs rückläufigen Gaspreise haben nun aber ein Niveau beim Strompreis erzeugt, das teilweise unter diesen Referenzwerten liegt. Also kommt bei der Abgabe nicht viel raus und der bürokratische Aufwand lohnt nicht, Habeck hat es in die Tonne getreten.

 

Nun rauscht es im Blätterwald, Julia Löhr von der FAZ, die kürzlich noch meinte, man müsse am Strommarkt das Angebot erhöhen – gemeint war Kernenergie – arbeitet sich nun am Habeck-Konzept ab, das ein EU-Konzept ist und schreibt in Nebensätzen, das besteuere vor allem die billigen Erneuerbaren. Was denn nun? In einem Kommentar setzt sie nach und behauptet, die Preise seien notwendig, um Investitionen in Erneuerbare anzuregen. Weiß sie so ganz genau, was sie sonst so schreibt?

 

Im Handelsblatt fabuliert derweil Daniel Stelter über billige Kernenergie, die das Problem angeblich lösen wird, Frau Löhr hatte ihm kürzlich assistiert. Der durchaus zu schätzende, bei Energiefragen aber irgendwie orientierungslose Ifo-Chef Fuest kritisiert in ordoliberal/ordnungspolitischer Grundsatzrede den geplanten Industriestrompreis.

 

Was für eine Kakofonie, irgendwie dann schon passend zum EU-Konzept. Keine Ahnung und keine Lösung in Sicht, die einen kriegen das Problem nicht in den Griff, die anderen sind nicht mal in der Lage, es korrekt zu beschreiben.

 

Liebe Frau Löhr, es mangelt nicht an Investments in Erneuerbare, man kriegt dafür aber keine Flächen und Genehmigungen, es liegt an der Bürokratie, nicht an den Preisen. Lieber Herr Stelter, liebe Frau Löhr, Kernenergie neu zu bauen oder diese Anlagen wiederzubeleben ist nur eines: Teuer. Einen Effekt für die Strompreise hat das: Keinen. Lieber Herr Fuest, der Industriestrompreis ist ein weiteres hilfloses Konzept, das stimmt. Aber ihr Institut könnte mal die analytische Anämie in diesem Land auflösen und wenigstens die Ursachen für diese Preise korrekt benennen. Dann könnte auch über eine Lösung gesprochen werden und man müsste sich nicht beschränken auf die Kritik an solchen, die nichts taugen.

 

Spaßfaktor am Rande: Wenn die TTF-Gasbörse wegen irgendeiner Zecke, die irgendwo in der Logistik gefunden wird, mal über mehrere Wochen wieder den Preis eskaliert, wäre das jetzt beerdigte Instrument übrigens die einzige Krücke, die wir überhaupt hätten.

So haben wir nun das, was diese ganze jämmerliche Debatte inhaltlich bestens abbildet: Gar nichts!

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