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CH: Neue Indikatoren offenbaren unterschiedliche Verläufe im System der sozialen Sicherheit

DMZ –  POLITIK / MM ¦ AA ¦                                   

 

Analyse der Wechselwirkungen und Übergänge zwischen Arbeitslosenversicherung, Invalidenversicherung und Sozialhilfe ermöglicht detaillierten Einblick

 

Aktuelle Längsschnittindikatoren liefern neue Erkenntnisse über die Entwicklung im System der sozialen Sicherheit im Jahr 2021. Eine leichte Abnahme (-0,3%) der Personen, die Leistungen wie Taggelder der Arbeitslosenversicherung, Renten der Invalidenversicherung oder Sozialhilfe bezogen, wurde festgestellt. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Personen, die innerhalb eines Jahres mehrere Leistungen in Anspruch nahmen, um 3,9% an. Eine genauere Betrachtung der Leistungsbeziehenden ergab, dass Personen mit sogenanntem "Drehtüreffekt" lediglich 2,3% ausmachen und somit in der Minderheit sind.

 

Die neu entwickelten Indikatoren dienen dazu, die Wechselbeziehungen und Übergänge zwischen den drei Leistungssystemen der sozialen Sicherheit, nämlich der Arbeitslosenversicherung (ALV), der Invalidenversicherung (IV) und der Sozialhilfe (SH), besser zu analysieren. Sie ermöglichen eine genaue Bestimmung der Anzahl der Leistungsbeziehenden in einem bestimmten Jahr sowie deren Entwicklung im Zeitverlauf. Zudem können typische Verläufe analysiert werden, ebenso wie Eintritte, Austritte und Übergänge zwischen den verschiedenen Personengruppen untersucht werden können. Durch diese Indikatoren erhalten wir ein präziseres Bild der Verläufe im System der sozialen Sicherheit und können Fragen zu den Zusammenhängen zwischen diesen wichtigen Sozialleistungssystemen beantworten.

 

Im Jahr 2021 bezogen insgesamt rund 713.700 Personen Sozialleistungen, was einer leichten Abnahme von 0,3% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Von den Leistungsbeziehenden nahmen 43,7% ALV-Taggelder, 30,7% IV-Renten, 21,1% Sozialhilfeleistungen und 4,5% kombinierte Leistungen aus mindestens zwei dieser drei Systeme in Anspruch. Der Anteil der Monate, in denen gleichzeitig ein Erwerbseinkommen und Leistungen bezogen wurden, lag bei ALV-Taggeldbeziehenden bei 32,5%, bei IV-Rentenbeziehenden bei 26,5% und bei Sozialhilfebeziehenden bei 24,8%.

 

Die Zugangs- und Abgangsdynamik zeigt deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Leistungssystemen. In der Arbeitslosenversicherung sind die Eintritts- und Austrittsanteile vergleichsweise hoch (2020: 59,6% bzw. 42,5%), was auf eine hohe Fluktuation innerhalb dieses Systems hinweist. Bei der Invalidenversicherung fallen diese Anteile deutlich niedriger aus (durchschnittlich 7,4% bzw. 7,6%), was auf stabilere Ein- und Austrittsströme hinweist. Die Sozialhilfe liegt mit einem Eintrittsanteil von 25,1% und einem Austrittsanteil von 25,7% zwischen diesen beiden Systemen. Diese Dynamiken sind auch im Verbleib im Leistungssystem erkennbar.

 

Ein Jahr nach Eintritt verbleiben 40,1% der Personen in der Arbeitslosenversicherung, 59,4% in der Sozialhilfe und 91,2% in der Invalidenversicherung. Die Rückkehrquote in das Leistungssystem unterscheidet sich ebenfalls je nach System. In der Arbeitslosenversicherung beträgt der Anteil der Personen, die innerhalb von zwölf Monaten nach dem Austritt erneut Leistungen beziehen, 25,1%, während es in der Sozialhilfe 14,6% sind. In der Invalidenversicherung ist die Rückkehr äußerst selten (2,0%).

Die neuen Indikatoren liefern auch Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Leistungsbezug, Erwerbsarbeit und anderen Situationen. In den sechs Monaten vor dem Eintritt in die Arbeitslosenversicherung, die Invalidenversicherung oder die Sozialhilfe bezog die Mehrheit der Personen keine Leistungen aus den beiden anderen Leistungssystemen. Bei Personen, die 2020 in die Arbeitslosenversicherung eintraten, waren 88,3% zuvor erwerbstätig. Bei der Invalidenversicherung kamen 25,3% der Zugänge aus der Sozialhilfe, 29,7% aus dem Erwerbsprozess und 32,6% hatten vorher weder Leistungen noch ein Einkommen bezogen. Dies spiegelt die Situation während des Zeitraums wider, der zwischen der Anmeldung bei der Invalidenversicherung und der Gewährung einer IV-Rente liegen kann. Häufig ist es so, dass Betroffene vor Erhalt der ersten IV-Rente nicht arbeiten können.

 

Von den Personen, die in die Sozialhilfe eintraten, waren 35,5% zuvor erwerbstätig, 34,8% bezogen weder Leistungen noch ein Einkommen und 11,2% erhielten Leistungen kombiniert mit einem Erwerbseinkommen. Nach dem Verlassen des Leistungssystems kehren die meisten Personen, die die Arbeitslosenversicherung verlassen, in den Arbeitsmarkt zurück (79,5%). Bei der Sozialhilfe sind es mit 45,9% deutlich weniger. Bei der Invalidenversicherung erfolgen knapp zwei Drittel der Austritte (67,2%) als Übergang in die AHV.

 

Es wurde eine Typologie entwickelt, um die Verlaufsprofile der Personen, die in das SHIVALV-Leistungssystem eingetreten sind, zu klassifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass fast drei Viertel der Personen (72,0%), die 2019 in dieses System eintraten, während der zwei Jahre nach ihrem Eintritt Leistungen aus nur einem einzigen Sozialsystem in einer einzigen Bezugsperiode bezogen. Bei 20,6% der Personen wurden ebenfalls nur Leistungen aus einem Sozialsystem in Anspruch genommen, jedoch mit mindestens zwei Bezugsperioden und einem zwischenzeitlichen Aus- und Wiedereintritt.

 

Die Verlaufsprofile der Personen, die Leistungen aus mehreren Sozialsystemen bezogen, können in zwei Kategorien unterteilt werden. Bei 5,1% der Profile liegt ein stetiger mehrfacher Leistungsbezug vor, bei dem jedes Sozialsystem nur in einer Bezugsperiode genutzt wird. Bei 2,3% der Profile liegt ein mehrfacher Leistungsbezug vom Typ "Drehtüreffekt" vor, bei dem mindestens zwei Bezugsperioden in mindestens einem Leistungssystem auftreten. Personen, die den Drehtüreffekt in mehreren Leistungssystemen aufweisen, sind in den drei untersuchten Sozialleistungssystemen deutlich in der Minderheit.

 

 

 

Herausgeber

Bundesamt für Statistik

http://www.statistik.admin.ch 

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