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Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Covid-19-Pandemie: Verbesserungsbedarf laut Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates
Was Expertinnen und Experten, sowie unserer Leserschaft seit Monaten klar ist, stellt nun letztlich auch endlich die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates in einem Bericht fest, dass die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Bundesbehörden während der Covid-19-Pandemie nur teilweise angemessen war und viele Fehler passiert sind, die nicht passieren dürfen.
Basierend auf einer Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle und Untersuchungen der Kommission selbst wurden verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert. Der Bericht wurde auf einer Sitzung am 30. Juni 2023 verabschiedet und enthält acht Empfehlungen an den Bundesrat.
Die Covid-19-Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig wissenschaftliche Erkenntnisse bei der Bewältigung von Krisen großen Ausmaßes sind. Allerdings wurden während der Pandemie die Art und Weise, wie die zuständigen Bundesbehörden, insbesondere das Bundesamt für Gesundheit (BAG), diese Erkenntnisse genutzt haben, kritisiert. Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) sieht daher Handlungsbedarf und hat konkrete Empfehlungen ausgesprochen.
Eine kritische Bilanz zieht die Kommission hinsichtlich der Beschaffung und Verarbeitung der wissenschaftlichen Informationen durch das BAG. Es wurde festgestellt, dass das BAG sein wissenschaftliches Netzwerk zu spät und ohne klare Strategie aufgebaut hat. In der Anfangsphase der Krise war der Austausch mit den wissenschaftlichen Kreisen von Unklarheiten und Misstrauen geprägt. Die GPK-N betont die Notwendigkeit, dass das BAG klare Grundsätze für den Aufbau und die Nutzung seines Netzwerks sowie für die Verarbeitung wissenschaftlicher Informationen während einer Pandemie festlegt. Der Bundesrat wird aufgefordert, den Vorschlag für die Einrichtung von wissenschaftlichen Ad-hoc-Beratungsgremien auf Basis eines interdisziplinären Netzwerks rasch zu konkretisieren. Zudem soll die Rolle der Eidgenössischen Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP) eingehend geprüft werden.
Ein weiterer Aspekt, der verbessert werden muss, betrifft die Transparenz bei den Entscheidungsgrundlagen und der Kommunikation. Die GPK-N empfiehlt dem Bundesrat, sicherzustellen, dass in den Entscheidungsgrundlagen künftig die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Ansichten, aber auch die Unsicherheiten und unterschiedlichen Meinungen transparent und zusammenfassend dargestellt werden. Insbesondere in Bezug auf das Tragen von Masken wurde festgestellt, dass dies während der Pandemie nicht immer ausreichend geschah. Auch in der öffentlichen Kommunikation der Bundesbehörden, insbesondere des BAG, wurde nur relativ wenig Bezug auf wissenschaftliche Erkenntnisse genommen. Die Verteilung der Kommunikationsaufgaben zwischen der Bundesverwaltung und der Swiss National Covid-19 Science Taskforce (SN-STF) wurde von der Kommission als verbesserungswürdig betrachtet.
Insgesamt unterstreicht die GPK-N die Bedeutung einer angemessenen Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Krisenbewältigung. Der Bericht und die Empfehlungen dienen als Grundlage für den Bundesrat, um die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Experten zu stärken und die Transparenz in der Entscheidungsfindung und Kommunikation zu verbessern. Die Nutzung aktueller und breit gefächerter wissenschaftlicher Erkenntnisse ist von zentraler Bedeutung, um angemessene Maßnahmen zur Bekämpfung von Krisen wie der Covid-19-Pandemie zu treffen.
Das Fazit des Berichts der Geschäftsprüfungskommission ist ernüchternd
Die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Bundesbehörden während der Covid-19-Pandemie war unzureichend. Der Aufbau des wissenschaftlichen Netzwerks des Bundesamtes für Gesundheit und die öffentliche Kommunikation zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen wiesen klaren Verbesserungsbedarf auf. Es fehlte an Transparenz und klaren Grundsätzen. Der Bundesrat muss dringend Konsequenzen ziehen und die Empfehlungen der Kommission umsetzen, um das Vertrauen der Bevölkerung wiederherzustellen und zukünftige Krisen besser bewältigen zu können. Es ist Zeit für eine kritische Überprüfung und eine effektive Verbesserung der Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Krisenbewältigung.