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Arbeitszeiterfassung in der Schweiz: Das ist die aktuelle Lage

DMZ –  TIPPS ¦ Maya West ¦                                                        

 

Nach Aussage einiger Nachrichtenagenturen in Ländern der Europäischen Union soll es in Zukunft in diesen Ländern eine Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit geben, die in Deutschland erst vor kurzem erlassen wurde. Das legt vermehrt auch in der Schweiz einen neuen Fokus auf das Thema. Wie sieht die gesetzliche Lage in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung in der Schweiz aktuell aus und was sollte man dabei beachten?

 

Arbeitszeiterfassung in der Schweiz: Pflicht mit Ausnahmen

Das neu aufkommende Thema der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitgeber in unseren Nachbarländern kann für Verunsicherung sorgen, wie die Lage in der Schweiz gestaltet ist. Auch wenn sich das Schweizer Recht nicht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs richten muss, gibt es die von ihnen angeregte Pflicht der Arbeitszeiterfassung hier schon länger.

 

Die Pflicht der Arbeitszeiterfassung ist in dem Arbeitsgesetz (ArG) festgehalten. Dort werden die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhe- und Arbeitszeiten vorgegeben, an die sich die Grosszahl an Schweizer Betrieben halten muss.

 

Darunter gibt es nur wenige, die von der Pflicht ausgeschlossen sind. Sie sind in den Artikeln 1 bis 5 im ArG niedergeschrieben. Zu ihnen gehören:

  • Arbeitnehmer in der Landwirtschaft
  • Arbeitnehmer im Luftverkehr
  • Handelsreisende
  • Künstler
  • Geistliche
  • Höhere leitende Angestellte („Top-Manager“)

Eine weitere Ausnahme sind Gutverdiener, wenn die folgenden Faktoren kumulativ zutreffen:

  • mehr als CHF 120.000,- brutto Einnahmen im Jahr
  • mindestens 50 % selbstständige Gestaltung der Arbeitszeit
  • Gesamtarbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft als Rechtsgrundlage
  • individuelle Verzichtserklärung des betroffenen Arbeitnehmers

Welche Vorgaben gibt es in Bezug auf die Arbeitszeit?

Zum Arbeitnehmerschutz ist die maximale Arbeitszeit begrenzt, um uns vor Ausbeutung zu schützen. Im Umkehrschluss ist auch vorgegeben, wie lange wir während und zwischen zwei Schichten Ruhepausen einlegen müssen.

 

Betriebe müssen Zeiterfassung und Arbeitszeitkonten führen, um einen Überblick über die bereits geleisteten Stunden von Angestellten zu erhalten.

Für die meisten Betriebe gilt eine Höchstarbeitszeit von 45 Stunden, beispielsweise für industrielle Betriebe, Büros, technische Angestellte und Verkaufspersonal. Hier sind zudem 170 Stunden Überzeit erlaubt.

 

Für andere Berufsgruppen, wie die der Gesundheitsbranche, gibt es leicht angepasste Arbeitszeitgesetze, mit einer Höchstarbeitszeit von 50 Stunden. Die Überzeit ist hier auf 140 Stunden begrenzt.

  • Überzeit darf nur geleistet werden, wenn sie notwendig und zumutbar ist.

Zwischen zwei Arbeitstagen muss eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden liegen.

 

Einmal pro Woche darf die Ruhezeit auf 8 Stunden verkürzt werden. Dennoch müssen 11 Stunden als Durchschnitt innerhalb von zwei Wochen eingehalten werden.

  • Verkürzt der Arbeitgeber die Ruhepause an einem Tag, muss er sie anderweitig ausgleichen.

Um die Mitte eines Arbeitstags herum muss eine Pause von mindestens einer halben Stunde liegen. Dauert sie länger als eine halbe Stunde an, kann die Pause in mehrere Auszeiten aufgeteilt werden.

Was gilt als Arbeitszeit?

Mit modernen Arbeitsmodellen gibt es spezifische Definitionen über das, was als Arbeitszeit gilt:

  • Egal, ob remote oder im Büro, heute wird die Arbeitszeit als Zeitspanne definiert, in der sich ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber und die betrieblichen Aufgaben zur Verfügung halten muss.

Dazu gehört nicht nur die Zeit, in der wir aktiv an Aufgaben arbeiten. Müssen wir uns im Betrieb umziehen, wird auch diese Dauer bereits zur Arbeitszeit gezählt.

 

Wenn wir betriebsfremde Einsatzorte aufsuchen müssen, gilt die dafür verwendete Mehrzeit ebenfalls als Arbeitszeit. Das Gleiche gilt aber nicht für den regulären Arbeitsweg von und zum Büro.

 

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Was wird verlangt?

Bei der gesetzlich vorgeschriebenen Erfassung der Arbeitszeiten müssen die verpflichteten Arbeitgeber die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der Arbeitnehmer komplett dokumentieren. Dazu halten sie die folgenden Dinge fest:

  • Beginn & Ende einer Arbeitsphase
  • Dauer und Lage einer Ruhepause von über 30 Minuten
  • Ruhe und Ersatzruhetage

Durch diese Erfassung müssen Dokumente entstehen, bei denen eindeutig ableitbar ist, was die genaue tägliche, wöchentliche und monatliche Arbeitszeit individueller Angestellter war. Auch Überzeit und Ausgleichszeit müssen erkenntlich gemacht werden.

  • Zur Kontrolle muss das Unternehmen die Unterlagen der letzten fünf Jahre aufbewahren und vorlegen können.

Die Zeiterfassung kann an den Arbeitnehmer abgetreten werden. Bei jeglichen Ungereimtheiten mit dem Gesetz ist dennoch der Betrieb für Fehler verantwortlich.

 

Es gibt keine spezifische Vorgabe für die Art der Erfassung. Um Probleme zu vermeiden, lohnt es sich aber von modernen digitalen Werkzeugen wie Zeiterfassungssoftware Gebrauch zu machen, die die Fehler manueller Zeiterfassung reduzieren.

 

Besondere Ausnahme: Vereinfachte Arbeitszeiterfassung

Arbeitnehmer, die mindestens 25 % ihrer Arbeitszeit selbständig gestalten, können von einer vereinfachten Arbeitszeiterfassung Gebrauch machen. Das bedeutet, dass sie nur die Dauer der täglichen Arbeitszeit erfassen müssen.

 

In diesem Fall ist es notwendig, dass eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und der Arbeitnehmervertretung bzw. der Mehrheit der Arbeitnehmer getroffen wurde.

Bei Unternehmen mit weniger als 50 Angestellten ist auch die individuelle Absprache mit einzelnen Mitarbeitern möglich.

 

Fazit

Die Pflicht der Arbeitszeiterfassung ist ein Schutz gegen Ausbeutung und zu geringe Stundenlöhne. Im Arbeitsgesetz ist vorgegeben, wie lange Angestellte maximal arbeiten dürfen und wie lange Ruhepausen sein müssen. Damit sich die Arbeitgeber aufgrund möglicher Kontrollen daran halten müssen, gibt es die grundlegende Pflicht der Arbeitszeiterfassung.

 

So entstehen Arbeitszeitkonten, die übersichtlich die tatsächlich geleistete Arbeitszeit erkenntlich machen, und gute Vorlagen, um korrekte Löhne zu berechnen. Für die Umsetzung der rechtssicheren Arbeitszeiterfassung eignet sich moderne digitale Zeiterfassungssoftware. Sie ist flexibel, intuitiv und nutzt Analysen und Algorithmen, um menschliche Fehler zu vermeiden.

 

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