DMZ – WIRTSCHAFT ¦ Oliver Stock ¦
Zwei nicht fertiggestellte Kreuzfahrtschiffe, die möglicherweise nur noch Schrottwert haben, eine insolvente Werft - die Lage an der Küste ist für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern nicht gut. Jetzt könnte ein politischer Skandal dazukommen: Die Ministerpräsidentin des Landes Manuela Schwesig hat sich persönlich für Bürgschaften an die Werften eingesetzt, als sich die Pleite bereits abzeichnete. Das Geld der Steuerzahler ist verloren.
„Global Dream One" und „Global Dream Two" heißen die beiden Kreuzfahrtschiffe, die mehr oder weniger fertig gebaut auf den Werften in Wismar und Warnemünde liegen. Sie warten auf Käufer, haben aber möglicherweise nur noch Schrottwert. Ihr Auftraggeber und damit auch die MV-Werft als Bauherr sind pleite. Aus dem weltweiten Traum, wie sich „Global Dream“ übersetzen lässt, ist ein Alptraum für die Beteiligten geworden. Die Kreuzfahrtriesen, die keiner mehr braucht, stehen für einen Gigantismus, der in Zeiten von Nachhaltigkeit, schwer zu verstehen ist. Einen ganz speziellen Alptraum entfalten sie inzwischen auch für die Regierungschefin des Landes Manuela Schwesig (SPD). Denn die Anzeichen verdichten sich, dass Schwesig persönlich Landesbürgschaften für die Werften locker gemacht hat, als sich bereits abzeichnete, dass der Schiffsbauer nicht mehr überlebensfähig sein würde.
Die Kreuzfahrt habe eine Zukunft und somit auch der Bau von Kreuzfahrtschiffen. Die Landesregierung werde die durch die Corona-Pandemie in Not geratenen MV Werften unterstützen. Auch künftig würden in Rostock-Warnemünde, Stralsund und Wismar Kreuzfahrtschiffe gebaut. Diese optimistische Botschaft verbreiteten Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und ihr SPD-Parteifreund Reinhard Meyer, der bis zur Wahl im September Finanz- und seither Wirtschaftsminister ist. Seit die Werft pleite ging und es immer wahrscheinlicher wird, dass für die angefangenen Kreuzfahrtriesen keine Abnehmer gefunden werden, wird diese Einschätzung der Politiker aus dem letzten Jahr brisant.
Passiert ist folgendes: Die MV Werften haben im Januar Insolvenz angemeldet. Wenige Tage danach musste auch der alleinige Gesellschafter der MV Werften, der Glücksspiel- und Kreuzfahrtkonzern Genting aus Hongkong und Malaysia, eingestehen, dass er pleite sei, genauso wie die Kreuzfahrttochter Dream Cruises. Seither drohen dem Bund und dem Land Mecklenburg-Vorpommern, die den Kreuzfahrtschiffbau im Nordosten mit Milliarden-Krediten und Bürgschaften fördern und im Rahmen der Pandemie sogar mit mit Notkrediten unterstützt hatten, ein Nettoverlust, der nach Berechnungen eines Reporterteams des NDR deutlich über einer Milliarde Euro liegen könnte.
Es ist Steuergeld, was da versenkt worden ist und es wäre zu retten gewesen. Allerdings standen Schwesig und ihr Team im vergangenen Jahr im Wahlkampf, und da hätte es nicht gut ausgesehen, den Traditionswerften in Wismar und Warnemünde die Unterstützung zu verweigern. „Wir sind als Land bereit, die MV Werften weiter zu unterstützen," sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig deswegen etwa am 31.5.2021 im Landtag in Schwerin. „Wir erwarten aber im Gegenzug, dass der Eigner zu den drei Standorten und zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht. Das hat Genting zugesagt." Von solch einer Zusage habe er allerdings nichts entdecken können, stellt MV-Insolvenzverwalter Christoph Morgen fest. Er berichtete in einer Pressekonferenz davon, dass die asiatischen Eigentümer schon länger vorgehabt hatten, die Betriebe an der norddeutschen Küste zu schließen. Man hatte eine „solvente Liquidation“ geplant – und damit das Gegenteil von dem, was Schwesig als Bedingung für Bürgschaften gestellt hat.
„Wussten die Ministerpräsidentin und ihre Regierung nichts von dem Schließungskonzept? Oder waren sie informiert und haben der Öffentlichkeit ein Jahr lang die Wahrheit verschwiegen und falsche Hoffnungen geweckt?“, fragen sich die Reporter des NDR. Eine Nachfrage im Schweriner Wirtschaftsministerium blieb unbeantwortet. Unklar ist deswegen auch der genaue Verlust für den Steuerzahler, der sich aus den Bürgschaften für ausfallende Kredite ergibt. Er dürfte auf jeden Fall im dreistelligen Millionenbereich liegen und ist abhängig davon, was der Insolvenzverwalter noch erlöst, wenn er Teile der Werften und der angefangenen Schiffe verkaufen kann.
Klar ist aber, dass Schwesig damit eine weitere politische Hypothek mit sich herumschleppt. Sie steckt bereits halstief im Nord-Stream-2-Skandal. Sie hat sich vom Kreml fremdsteuern lassen, eine millionenschwere Klimastiftung als Scheinfirma und Gazprom-Lobbyinstitution installiert, die Öffentlichkeit getäuscht und sich in allerlei Widersprüche verstrickt. Trotz Rücktrittsforderungen ist sie bisher im Amt geblieben. Die Werftenaffäre belastet sie nun zusätzlich.
Quelle / Herausgeber: Die „Global Dream“ wird für Schwesig zum Alptraum: WirtschaftsKurier - Nachrichten und Kommentare aus Politik und Wirtschaft
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