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Fast täglich neue Meldungen über Nachweise und Verdachtsfälle von Affenpocken

DMZ –  GESUNDHEIT / WISSEN ¦ Sarah Koller ¦    

 

Die WHO warnt wegen Affenpocken und empfiehlt rigorose Kontaktverfolgung.

In Spanien, Portugal und weiteren Ländern sind Fälle von Affenpocken beim Menschen aufgetreten. Am 13. Mai 2022 wurden der WHO zwei im Labor bestätigte Fälle und ein wahrscheinlicher Fall von Affenpocken aus demselben Haushalt im Vereinigten Königreich gemeldet. Am 15. Mai wurden vier weitere laborbestätigte Fälle bei Teilnehmern der Sexual Health Services mit einer vesikulären Hautausschlagerkrankung und bei schwulen, bisexuellen und anderen Männern, die Sex mit Männern haben (GBMSM), gemeldet. Ein wohl aus Nigeria eingeschleppter Fall in Großbritannien, nun fast täglich neue Meldungen über Nachweise und Verdachtsfälle von Affenpocken, auch in Europa. Auch das RKI mahnt Ärzte in Deutschland zu erhöhter Wachsamkeit.

 

Nach dem Auftauchen von Affenpocken bei Menschen in Europa und den USA hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu einer rigorosen Verfolgung aller Kontakte der Betroffenen aufgerufen. Kliniken und Bevölkerung müssten dafür sensibilisiert werden, einen ungewöhnlichen Hautausschlag von Fachpersonal begutachten zu lassen, teilte die WHO am Mittwochabend mit.

 

Der Erreger ist das Affenpockenvirus (offiziell Monkeypox virus, MPV, veraltet Orthopoxvirus simiae) aus der Gattung Orthopoxvirus in der Unterfamilie Chordopoxvirinae der Pockenviren.

Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich, wenngleich selten.[2] Hierbei ist ein enger Kontakt nötig. Darüber hinaus kann eine Übertragung bei Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Schorf der Affenpocken-Infizierten stattfinden (wahrscheinlich auch im Rahmen von sexuellen Handlungen).[2]

Affen sind vermutlich nur Fehlwirte dieses Virus. Das eigentliche Reservoir stellen vermutlich Hörnchen sowie Ratten und andere Nagetiere dar. Die Infektion des Menschen wird durch Bisse von diesen Tieren oder von Affen ausgelöst, durch Kontakt mit Sekreten, als Tröpfcheninfektion oder Verzehr von Affenfleisch, die Ansteckungsgefahr ist allerdings nur gering.

Das Affenpockenvirus gehört als Orthopoxvirus zu den Pockenviren, bei denen es sich wiederum um Doppelstrang-DNA-Viren handelt. Seit der Ausrottung der Echten Pocken (Variola major) in den 1970ern beobachtet man in West- und Zentralafrika sporadische Epidemien dieser Zoonose.

  

Erhärte sich der Verdacht auf Affenpocken, sollten Patienten isoliert werden. Gesundheitspersonal solle sich mit den üblichen Vorkehrungen bei Infektionen, die sich über Kontakt oder Tröpfchen ausbreiten können, schützen.

 

Die WHO betont, dass die in der Corona-Pandemie für viele Menschen zur Selbstverständlichkeit gewordene Handhygiene gegen das Risiko einer Übertragung helfe. Dazu gehören gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife sowie Desinfektionsmittel. Reise- oder Handelsbeschränkungen mit Großbritannien hält die WHO „nach vorliegenden Informationen zur Zeit“ für unnötig.

 

Die weiteren aus Großbritannien gemeldeten Patienten hätten sich nach bisherigen Informationen in Großbritannien selbst angesteckt. „Das Ausmaß der lokalen Ansteckung ist zur Zeit noch unklar und es ist möglich, dass weitere Fälle identifiziert werden“, teilte die WHO mit. Auf die Fälle in anderen westlichen Ländern geht sie nicht ein.

 

Zu den Symptomen zählen: plötzlich einsetzendes Fieber, starke Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Halsschmerzen, Husten, häufig auch Lymphknotenschwellungen. Typisch ist zudem ein vom Gesicht auf den Körper übergreifender, pockentypischer Ausschlag. Selten treten Erblindung und entstellende Narben als Dauerschäden auf.

Behandelt werden die Symptome sowie mögliche bakterielle Sekundärinfektionen, eine spezielle Therapie gibt es nicht.

 

Gibt es eine schützende Impfung?

Eine zugelassene Impfung speziell gegen Affenpocken gibt es nicht. Historischen Daten zufolge schützt aber eine Pockenimpfung gut vor Affenpocken. Die Pocken gelten nach Impfkampagnen seit 1980 als ausgerottet und sind ein Virus aus der gleichen Gruppe.

 

Rund ein Dutzend Fälle in Kanada

In Kanada untersuchen Gesundheitsbehörden laut örtlichen Medien rund ein Dutzend Verdachtsfälle. Ergebnisse würden in den kommenden Tagen erwartet. Über einen bestätigten Fall in der Provinz Quebec seien die Behörden informiert worden, berichtete der kanadische Rundfunksender CBC am Mittwochabend (Ortszeit) unter Berufung auf das dortige Gesundheitsministerium. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.

 

Insgesamt gewinnen Affenpocken laut Forschern an globaler Bedeutung. Ein möglicher Grund für die Ausbreitung könne ein nachlassender Immunschutz nach dem Stopp der Pockenimpfungen 1980 sein. Auch Abholzung sei eine mögliche Ursache oder könne als Verstärker fungieren.

 

Allgemeine Informationen des RKI zu Affenpocken

Affenpocken sind eine seltene, von Tieren, vermutlich vor allem Nagetieren, auf Menschen übertragbare Viruserkrankung. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind selten, aber möglich, vor allem bei engem Kontakt. Affenpockenviren (Monkeypox virus, Genus Orthopoxvirus) sind in West- und Zentralafrika bei Nagetieren (Affen sind Fehlwirte) verbreitet - vermutlich beschreibt dies das Endemiegebiet der Krankheit beim Menschen. Affenpocken beim Menschen wurden erstmals 1970 in der Demokratischen Republik Kongo bei einem 9 Monate alten Jungen identifiziert. Seitdem wurden humane Fälle von Affenpocken insbesondere in west- und zentralafrikanischen Ländern gemeldet: in Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo, der Republik Kongo, in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik, an der Elfenbeinküste, in Liberia, Sierra Leone, Gabun und im Südsudan. Zentralafrikanische Virusvarianten sind dabei deutlich virulenter als die westafrikanischen Virusvarianten. Ob Fälle diagnostiziert werden, hängt erheblich von der Verfügbarkeit von Labordiagnostik ab. Auch außerhalb des afrikanischen Kontinents wurden in der Vergangenheit einzelne insbesondere aus Nigeria importierte Fälle von Affenpocken nachgewiesen, nach Informationen der WHO zuletzt beispielsweise in Großbritannien (2022 und 2018), in den USA (2021), Singapur (2019) und Israel (2018). Darüber hinaus wurden im Mai 2022 in verschiedenen Ländern außerhalb Afrikas einige Fälle ohne Reiseanamnese in Endemiegebiete registriert (siehe Epid Bull 20/2022).

Im Frühjahr 2003 kam es zum ersten Nachweis von Affenpocken außerhalb des afrikanischen Kontinents.

 

Als Ursache wurde der Import von Nagetieren aus Ghana in die USA identifiziert, die Übertragung der Erkrankung erfolgte über infizierte Präriehunde auf Tierhändler und -besitzer (siehe Epid Bull 31/2003). Es gab weder Mensch-zu-Mensch-Übertragungen noch Todesfälle, vermutlich weil es sich um eine niedriger virulente westafrikanische Virusvariante handelte.

 

Infektionswege

Menschen können sich vor allem durch Kontakt mit den Hauteffloreszenzen, Blut, Gewebe oder Ausscheidungen infizierter Tiere (in erster Linie verschiedener Nagetiere) und beim Umgang mit dem Fleisch erkrankter Tiere infizieren. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist selten und nur bei engem Kontakt möglich, kann aber durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Schorf der Affenpocken-Infizierten auftreten, vermutlich auch im Rahmen von sexuellen Handlungen. Eine Übertragung bereits in der Prodromalphase ist bei Face-to-Face-Kontakt durch ausgeschiedene Atemwegssekrete möglich. Die bislang längste dokumentierte Infektionskette betrug 6 Personen.

 

Situation in Deutschland

Bislang ist noch kein Fall von Affenpocken in Deutschland nachgewiesen worden. Ein Import nach Deutschland durch Reiserückkehrer aus Endemiegebieten (West- und Zentralafrika) ist möglich, das Risiko wird jedoch als gering eingeschätzt. Das Risiko eines Imports über eingeführte Säugetiere erscheint ebenfalls sehr gering. Aufgrund der im Mai 2022 aus verschiedenen Ländern berichteten Affenpockenfälle ohne Reiseanamnese sollten Affenpocken auch bei Personen ohne bekannte Reiseanamnese in Endemiegebiete mit unklaren pockenähnlichen Effloreszenzen (in Abgrenzung von Windpocken etc.) oder Läsionen in die erweiterten differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden.

 

Schutz vor Übertragung

Vermeiden von engen Kontakten zu und Verzehr von potenziell infizierten Tieren (verschiedene Nagetiere, Affen) in Endemiegebieten, Hygienemaßnahmen beim Umgang mit Erkrankten. Aufgrund der Ähnlichkeit der Viren schützen Impfstoffe, die zum Schutz vor den echten Pocken (Variola) entwickelt wurden, auch vor Affenpocken. In der EU ist ein Pocken-Impfstoff zugelassen, der modifiziertes Vacciniavirus Ankara (MVA) beinhaltet. In den USA und Kanada erstreckt sich die Zulassung dieses Impfstoffs auch auf die Impfung gegen Affenpocken.

 

Klinischer Verlauf und Therapie

Die Inkubationszeit für Affenpocken beträgt zwischen 7 und 21 Tagen. Erste Symptome der Krankheit sind Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen und geschwollene Lymphknoten. Einige Tage nach dem Auftreten von Fieber entwickeln sich Hauteffloreszenzen, welche simultan die Stadien Macula, Papula, Vesikula und Pustula durchlaufen und letztlich verkrusten und abfallen. Die Hauteffloreszenzen beginnen häufig im Gesicht und breiten sich dann auf andere Körperteile aus. Insbesondere bei einigen aktuell (Mai 2022) gemeldeten Fällen wurde auch ein Beginn der Effloreszenzen im Urogenital-Bereich berichtet.

Im Gegensatz zu den seit 1980 ausgerotteten Menschenpocken verlaufen Affenpocken jedoch in der Regel deutlich milder; die meisten Menschen erholen sich innerhalb von mehreren Wochen. Insgesamt ist die Prognose daher als günstig zu bewerten, allerdings können bei einigen Betroffenen auch schwere Verläufe auftreten. Bei Kindern unter 16 Jahren, die mit der zentralafrikanischen Virusvariante infiziert sind, beobachtet man eine Letalität von bis zu 11%.

 

Die Therapie ist in erster Linie symptomatisch und supportiv, wichtig ist das Verhindern bakterieller Superinfektionen. Ein zur Behandlung von Orthopockenvirus-Infektionen entwickeltes Arzneimittel wurde kürzlich in der EU auch zur Behandlung der Affenpocken zugelassen (Tecovirimat).

 

Diagnostik

Die Labordiagnostik ist indiziert bei Verdacht auf eine Infektion durch zoonotische Pockenviren aufgrund einer entsprechenden Symptomatik in Verbindung mit Tierkontakten bzw. einem Aufenthalt in Endemiegebieten oder engem Kontakt zu nachweislich mit Affenpocken infizierten Menschen. Aufgrund der im Mai 2022 aus verschiedenen Ländern berichteten Affenpockenfälle ohne Reiseanamnese, u.a. bei Männern, die Sex mit Männern angaben (MSM), sollten Affenpocken auch bei Personen ohne bekannte Reiseanamnese in Endemiegebiete mit unklaren pockenähnlichen Effloreszenzen (in Abgrenzung von Windpocken etc.) oder Läsionen in die erweiterten differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden.

 

Weitere Differentialdiagnosen beinhalten im exanthematischen Stadium Windpocken, Zoster, Scharlach, Herpes Simplex und andere Pockenvirus-Infektionen, im präeruptiven Stadium Influenza, Malaria, Typhus abdominalis, Syphilis, Leptospirose und viral-hämorraghische Fieber.

 

Das Affenpockenvirus gehört in Deutschland zur Risikogruppe 3; Umgang mit vermehrungsfähigem Virus ist nur in Laboren ab der Biologischen Schutzstufe 3 möglich, z.B. im Konsiliarlabor für Pockenviren des RKI . Der Virusnachweis erfolgt aus Exsudat, Bläschenflüssigkeit, Pustelinhalt, Krusten oder auch Tupfern von Hautläsionen und anderem klinischen Material während der akuten Krankheitsphase mittels PCR (Differenzierung auf Speziesebene). Die Virusanzucht oder der Nachweis von Viruspartikeln und Einschlusskörperchen ist elektronenmikroskopisch bzw. histologisch möglich (RKI, ZBS 4). Ein Nachweis von Affenpockenvirus-spezifischen Antikörpern ist nicht ohne weiteres möglich, da die humanpathogenen Orthopockenviren immunologisch stark kreuzreaktiv sind. Der serologische Befund kann jedoch bei fehlendem Direktnachweis hilfreich sein.

 

 

Meldepflicht

Um mögliche Affenpocken-Erkrankungen zu erfassen und deren Weiterverbreitung zu verhindern, sollten diagnostizierte Fälle von Erkrankungen durch Affenpocken systematisch erfasst werden. Daher weist das RKI auf die Arzt-Meldepflicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 IfSG und die Labor-Meldepflicht gemäß § 7.2 IfSG hin.

 

Weitere Informationen - www.rki.de/affenpocken

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